Der Koch von drüben steht am
Geldwechsler. Er grüßt ihn im Runtergehen. Unten hat jemand auf den Automaten
gerotzt. Jetzt muss er das wegmachen. Toll.
„Hallo“, sagt er ein
bisschen stockend. Eigentlich wollte er ihn nicht grüßen, aber das kann er auch
nicht machen. Nicht mehr. Denn der brasilianische Koch ist „nett“. Nicht nett wie seine Tochter das Wort benutzen würde,
sondern wirklich nett. Un tesoro.
Er dreht sich um und
erwidert den Gruß. Er geht zu ihm hin und sagt: „Alles klar?“
Der Koch antwortet, indem er
ihn anguckt und sagt: „Findest du das Leben schön oder Scheiße?“ Einfach so, aus
wortwörtlich heiterem Himmel (der geht ihm schon den ganzen Tag auf die Eier,
dieser scheiß heitere Himmel!). Die Frage überrascht ihn. Und auch wieder
nicht. Ich sage ja, der Koch ist ein tesoro,
ein Schatz.
Er überlegt einen Moment,
dann sagt er: „Im Moment eher…“ Sein Daumen geht nach unten.
Der Koch sagt: „Menschen
sind das, die das Leben scheiße machen. Menschen!“
ok
„Menschen…“ sagt der Koch im
Hinausgehen, „…eine Vogel oder eine Hund findet das Leben nicht Scheiße…“
Stimmt. Da hat er recht.
„Stimmt…aber wir sind keine
Hunde. Oder Vögel. Wir sind Menschen.“
„Ja, aber warum können wir
nicht einfach wie Tiere leben? Einfach fliegen oder laufen.“
Recht hat er.
„Weil wir keine Tiere sind.
Weil wir zu viel denken.“
„Aber warum?“
„Das weißt du ganz genau,
warum!“
Er guckt ihn an. In seinem
Gesicht sieht er, dass er das ganz genau weiß, warum. Und auch der Koch sieht
bestimmt in seinem Gesicht das Gleiche. Wie in einem Spiegel.
„Das muss ich dir doch nicht
sagen, warum. Das weißt du selbst…“
Weil wir an den Tod denken.
„Ja, ich weiß…“
„Weil wir zu viel denken…“
Weil wir anders als Tiere
fähig sind, uns unseren eigenen Tod auszumalen. Wie das sein wird…
„Menschen machen alles
Scheiße.“
Stimmt, aber wir sind nun
mal Menschen. Wir haben nicht die Wahl. Die Tiere auch nicht.