Freitag, 9. August 2019

Das andere Deutschland










Das andere Deutschland


"Die Gegenwiklichkeit darzustellen..." Sagen die im Literarischen Quartett, das er auf dem Laptop im Bett liegend guckt. Ok, kann ich:  

Im Wohnzimmer, das keins ist, weil die Wohnung eine Art Loft für Arme ist, steht der Korb mit der dreckigen Wäsche. Mitten im Raum. Vor dem Fenster. Aber das macht nichts. Denn die Jalousien sind unten. Immer.Außer zum Lüften. Dabei muss er sich eigentlich gar nicht schämen, besonders nicht für seine polnischen Nachbarn, die in dieser schönen, sauber eingerichteten Wohnung im Vorderhaus wohnen und für die...letzte Woche die Kripo da war. Kein Witz! Schreibe ich, als würde ich Witze machen?! Die haben morgens geklingelt, er saß auf dem Klo, das heißt, eigentlich (ich liebe dieses Wort, ein ganzes Leben im Eigentlich) hat er sich erst auf Klo gesetzt, nachdem es geklingelt hatte. Um nicht aufmachen zu müssen. Um so zu tun als ob. So tun zu können als ob. Aber die haben nicht locker gelassen. Da wusste er noch gar nicht, dass das die Polizei war. Lief halbnackt durch die Wohnung. So kann ich doch nicht aufmachen, ist bestimmt nur der Postbote. Der Briefträger, oder wie die heute heißen. Aber die ließen nicht locker. Also zog er sich das England-Trikot über und die schwarze Penny-Trainingshose an, die damals sage und schreibe 2 Euro noch was gekostet hatte, und drückte den Türknopf...

Das ist schon komisch: Beim Literarischen Quartett muss er immer an das andere Deutschland denken. Und heute läuft es schon wieder. Nein, nicht das andere Deutschland. Das läuft jeden Tag. Das läuft immer weiter. Dat lööft und lööft und lööft, un hürt jar nitt mi upp. Nein, das Literarische Quartett läuft wieder. Und er findet das eigentlich ganz toll. Eigentlich ist das voll okay. Sogar inspirierend. Dort hat er Knausgard entdeckt. Und 3600 Seiten später wusste er, dass die sogar Recht hatten. Aber irgendwie fehlt, gefällt ihm trotzdem irgendwas nicht am Literarischen Quartett. Nämlich das Menschen wie er sich dort nicht repräsentiert finden. "Menschen wie er". Wie das klingt. So als wär er...

To be continued...














Donnerstag, 14. März 2019

Anziehungskraft - Atracción Fatal


"Con una mujer sólo se pueden hacer tres cosas: amarla, sufrirla o convertirla en literatura


Henry Miller



"Pensando, reflexionando, aprendiendo 
lentamente: Si sólo me fijo en los 
problemas de la otra persona, en
sus defectos, pierdo ese "spass" 
alemán tan existencial, esencial y 
me deprivo de lo que realmente 
quiero en esta vida:
diversión, sexo y amor..."





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Und so fuhr er zum Flughafen, um sie abzuholen. Sie erkannte ihn direkt, lächelte, als sie ihn sah. Ein bisschen schüchtern, ein bisschen verschmitzt. Doch anstatt sie zu umarmen, wie er es ihr tausendmal auf Twitter geschrieben hatte, küsste er sie. Eigentlich sollte es ja nur einer dieser Küsse auf die Wange werden, auf beide Wangen, wie man das in manchen Ländern so macht, aber irgendwie verrutschte er, oder sie, und seine Lippen landeten auf ihren. Am Anfang küssten sie sich nur zaghaft, so als müssten sie erstmal ein Gefühl für den anderen, für die Lippen des anderen finden, doch dann wurde es einer dieser leidenschaftlichen Küsse, von denen sie immer geredet hat, sie immer nur geredet haben...

Doch wie war es dazu gekommen? Das hatte alles letztes Jahr angefangen. Auf Twitter. Mit einem bösen Kommentar von ihm. Irgendwas mit Freud, und dass das Scheiße wäre, was sie schreibt. Dass sie nie mit einem Deutschen diskutieren soll. Aber diesen Tweet habe ich nicht mehr. Ich habe danach gesucht, ihn aber nicht gefunden.