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Donnerstag, 29. März 2018

Buena muerte









…das war dieses Jahr, wo wir gegenüber von diesem Fitnessstudio gewohnt haben. Wo die mitten in der Nacht immer den Müll abgeholt haben, was Nadine unglaublich störte und was ich lustig fand. Wie oft habe ich damals mit ihr geschlafen?! Ohne es zu schätzen zu wissen. Heute schläfst du mit niemandem mehr. Und deine Eier tun weh. Und damals dachtest du, das würde ewig dauern, das würde nie enden, mit euch. Was ließ dich das denken? Weil sie die Erste war?

Geburtstag. Heute ist ihr Geburtstag. Und ich habe es nicht gemerkt. Habe es noch nicht mal gemerkt. Ich habe ihren Geburtstag vergessen. Wie peinlich ist das denn?! Ist das jetzt gut oder schlecht, dass du ihren Geburtstag vergessen hast? Heute am Gründonnerstag hat sie Geburtstag und du guckst dir das Hotel in Barcelona an, wo ihr vor Jahren, Jahrzehnten wart und merkst es noch nicht mal. Findest es sogar. Wie letztens das Restaurant in Sevilla. Wo ihr wart, abends, in der lauen andalusischen Nacht.

Warum dachtest du, es würde ewig halten?

Das ist mir gar nicht aufgefallen… Heute ist ihr Geburtstag! Und du guckst die Osterprozessionen in Málaga (da wart ihr auch…) und merkst nichts…

…la congregación de la buena muerte…

…ob sie auch an dich denkt…

Hostal Apolo

du wusstest sie nicht zu schätzen, ihre Präsenz in deinem Leben, hast sie als selbstverständlich angesehen und zu spät gemerkt, dass sie es nicht war

de la buena muerte

Deswegen ist María zweimal weg. Jetzt verstehst du das auch, jetzt verstehst du das erst.

Soll sie doch…

ob sie auch an dich denkt, nur einen Augenblick lang, einen Geistesblitz lang













Montag, 5. Februar 2018

Du Pilzkopf, du!














Ich stehe nach dem Duschen vor dem Spiegel und denke: Deine Haare sind auch wieder ziemlich lang. Ist das wirklich schon so lange her, dass ich das letzte Mal beim Friseur war?! Aber egal: Das ist noch okay, das ist noch nicht zu lang. Wenn es zu lang wird, gehe ich schon wieder zum Friseur, keine Angst. Außerdem sieht es so gar nicht mal so schlecht aus, mit den kleinen Wellungen hinterm Ohr, fast schon jugendlich. Was bei einem mittelaltrigen Mann eben so als jugendlich durchgeht (scheiße, ich bin nicht mehr jung, als jung kann ich mich nicht mehr wirklich bezeichnen!). Friseure sind sowieso so eine Art rotes Tuch für mich. Ich bin noch nie gerne zum Friseur gegangen. Für mich grenzte das immer an Körperverletzung. Das fing schon damals an, in Kessenich, als ich zu diesem Salon auf der Ecke gegangen bin und eine Vanilla-Ice-Frisur haben wollte (ja, ich weiß…aber ich war Rap-Fan), die mir aber einen Skinhead verpasst haben. Wo mich dann, am nächsten Tag in der Schule, mein Französisch-Lehrer (der den Krieg bestimmt noch miterlebt hatte) fragte, warum ich denn so eine kurze, radikale Frisur hätte. Radikal sagte er nicht, denn seinem Ausdruck entnahm ich, dass er das durchaus positiv sah, mit meiner Frisur. Obwohl es mir tierisch peinlich war. Und auch die Rap-Tante (die sitzengeblieben war und jetzt unsere Klasse terrorisierte und die beste Freundin meiner Angebeteten aus Peru war – nochmal ja ich weiß…) fand meine (fehlenden) Haare „geil“. Wenn ich so darüber nachdenke, war das das einzige Mal, wo ich Ana (so hieß die Peruanerin, die voll in mein Beuteschema passte) näher als in diesen endlosen Augenblicken, die ich mit ihr austauschte (ich weiß gar nicht mehr, wie ich in der Mittelstufe überhaupt was mitbekam, bei all den Blicken in ihre Richtung, in ihre Augen und vielleicht auch in ihr junges Herz). Aber wo waren wir…

Sonntag, 31. Dezember 2017

...sagt meine Tochter... (Silvester 2017)















Eigentlich wäre ich ja morgen in Urlaub geflogen.“

„Wohin?“

„Weiß nicht. Irgendwo anders hin. Wo es warm ist. Was Billiges. Einfach nur weg.“

„In Spanien ist jetzt auch kalt.“

„Nein, Türkei oder so. Alleine …“, sagt, nein, nicht er, sondern sie. Seine Tochter! An Silvester!


Sonntag, 22. Oktober 2017

Anders als hier...




Quiero que vengas conmigo…
…a cualquier otra parte…
(Dorian)








Weil ich nichts Besseres zu tun habe und eh keine Kunden da sind, höre ich auf der Arbeit Übers Internet spanisches Radio. "Radio Nacional España". Es läuft eine Diskussion um die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien. Eigentlich wollte ich ja Fußball hören, aber das Programm wurde aus aktuellem Anlass unterbrochen. Egal, dann höre ich eben das. Aber irgendwie kommt schon nach kurzer Zeit dieses Gefühl hoch. Das erinnert mich voll daran, wie ich damals immer Radio gehört habe, im Bus in Spanien, auf dem Weg in eine andere Stadt. Das war so geil, dieses Gefühl. Alle waren am Schlafen, Nadine, María und alle anderen Leute um mich herum und ich konnte nicht schlafen (das konnte ich noch nie, weder im Bus noch im Flugzeug noch irgendwo auf Reisen) und hörte fast die ganze Nacht spanisches Radio. Diskussionen. Berichte (da lief fast nie Musik, was im Nachhinein komisch war). Draußen die spanische Nacht. Die Dunkelheit, die Hitze (die man nicht richtig spürte, denn anders als in Deutschland hatten die Busse alle eine Klimaanlage), die  gelben Lichter, wenn wir durch größere Ortschaften durchfuhren, das Land, das war unglaublich, dieses Gefühl…

Montag, 11. September 2017

Hintergrundbilder











Montag-Vormittag, vor dem Computer, fange ich auf einmal wieder an, auf Google Earth Spanien-Bilder für meinen Bildschirm-Hintergrund zu suchen. Keine Ahnung warum, eigentlich habe ich ja schon eine veritable Sammlung in der Dia-Show, die ich mir so eingerichtet habe, dass das Bild alle fünf Minuten wechselt. Im Zufallsmodus.

Obwohl die Bilder eigentlich alle ziemlich ähnlich sind: Das sind alles große, weite Aufnahmen, entweder von spanischen Stränden, vom Meer selbst oder von Straßen in spanischen Städte. Die nicht immer weit sind, aber doch die Weite irgendwie in sich tragen. Unbewusst. Meistens handelt es sich bei den Städten um Cádiz und Barcelona, die wie zwei Pole meiner Seele sind: die eine Stadt überschaubar, winklig, aber mit Europas bestem Wetter und schönsten Sandstränden gesegnet, die andere groß, wuselig und international. Aber auch Madrid, Valencia und sogar Pamplona kommen in meiner Sammlung vor.
 

Donnerstag, 17. August 2017

Sevilla, in einem anderen Leben















In einer anderen Welt, in der ich mich nicht mehr befinde, öffne ich abends um acht auf der Arbeit Google Earth Pro und suche nach diesem Hotel in Sevilla. Davor habe ich eine Stunde Antonio Orozco gehört, aber das – anders als gestern mit María im Nebenzimmer – hat nichts gebracht. (Jetzt, wo ich das sage, fällt mir auf: Hey, Antonio Orozco ist ja auch aus Sevilla! Zufälle gibt’s!)

Mittwoch, 19. Juli 2017

Gewitter
















Wie die Hexe in Hamlet – nein, das war Macbeth, in Hamlet war die Hexe menschlicher und nicht übernatürlicher Natur – liege ich auf der Matratze, fast nackt, bis auf die Unterhose, während draußen der Wind immer stärker wird. Ich bin Wassermann, also eigentlich von Natur aus mit den Elementen Luft und Wasser verbunden. Das Gewitter hat noch nicht begonnen, ist aber vorausgesagt. Ich gehe ans Fenster, beuge mich auf die Fensterbank aus schwarzem Marmor, durchfurcht von weißen Pünktchen und Streifen.

Mittwoch, 26. April 2017

Strand, Mädchen und Latin Lovers















Meine Hose ist immer noch voll nass.

 „Müssen wir noch ein bisschen warten. So kann ich mich ja nicht in den Bus setzen. Mach ich ja alles nass. Nachher muss ich noch den Bus sauber machen. Warum gehen wir eigentlich überhaupt schon.“                         Ich möchte den Strand hinausschieben

Wir sind an diesem Strand in der Nähe von Puerto de Santa María. In der Nähe von Cádiz. Dieser Strand, der ein bisschen abgelegen ist, aber auch nicht zu weit weg von der Zivilisation. Mit dem Bus gut zu erreichen. Es ist heiß, aber hier am Atlantik, an der Atlantikküste Andalusiens, an der Costa de Luz, geht immer ein leichter Wind. Am Himmel ist keine Wolke zu sehen. Schon seit Tagen nicht. Wahnsinn. Im Hintergrund das stete Rauschen der Wellen. Es ist ungefähr drei Uhr nachmittags und Nadine will gehen. Schon lange

Donnerstag, 30. März 2017

Geile Fotos















Das war bestimmt die Sonne, die mir damals zu Kopf gestiegen ist. Bestimmt. Ein blauer Himmel bis zu den Sternen. Keine Wolke. Nur Wind. Viel Wind. Aber ohne jegliche Wolken. Fast magisch. Ein blauer Himmel, der einen bis zu den Sternen hätte hinauf schauen lassen, hätte ich auch nur einen Moment meinen Blick von ihrem Dekolleté lösen können. Auch María regte sich schon auf. War eifersüchtig. Aber ich war einfach nur…glücklich (warum merkt man das eigentlich immer erst hinterher? Warum ist das Leben so kompliziert, so beschissen kompliziert, kostet so viel Arbeit, wenn es auch einfach ginge…[vielleicht, weil wir sterben, weil wir sterben müssen – eine andere Erklärung fällt mir auch nicht ein, aber ich habe ja eh keine Ahnung]). Und fotografierte ahnungslos weiter.

Dienstag, 21. Februar 2017

Roma 2012 III











Ich wusste gar nicht, was ich hier suchte, hier draußen in der lauen römischen Nacht. Ein Hemd an. Auf alle Eventualitäten vorbereitet. Oder doch nicht? Ich weiß es nicht mehr. Vielleicht hatte ich auch einfach nur meine Shorts an – vielleicht sogar meine Strandshorts. Die mit den roten Blümchen. Keine Ahnung, ob ich die damals schon hatte. Oder die weiße mit den roten Streifen. Die war zumindest aus Stoff. Nicht wie die Blümchenshorts, die mehr eine Badehose als eine richtige kurze Hose war. Ja, vielleicht hatte ich die ja damals noch, diese weiße Shorts mit den verschiedenen vertikalen Streifen. Die mich immer ein bisschen an ein Geschirrhandtuch aus der Küche erinnert hatte. Oder hatte ich mir gar vor meinem nächtlichen Gefängnisausbruch eine lange Hose angezogen? Wie hätte ich das vor Nadine rechtfertigen sollen. Wenn sie mich beim Wiederkommen erwischt hätte. Morgens um vier, am Ende meines Freigangs. Als es in Rom schon fast wieder hell wurde. Obwohl: Das lange Hemd hätte ich ihr genauso wenig erklären können. Denn das war eins der eleganteren Sorte. Die ich in Deutschland nicht zur Arbeit anzog. Aber in den Urlaub mitnahm. Keine Ahnung warum. Um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Wie in den 50ern und 60ern, wo die Leute noch elegant, in Anzug und Krawatte geflogen sind. Und nicht wie heute in Stranduniform und Sandalen mit Tennissocken. Keine Ahnung warum. Mein Urlaub war etwas Besonderes. Der Urlaub mit meiner Familie. Diese fast schon magisch anmutenden zwei Wochen im Jahr. Wenn es überhaupt zwei Wochen waren, die ich, die wir uns leisteten. Keine Ahnung. Das war das Hemd mit den verschlungenen Rosen auf schwarzem Stoff, das war richtig elegant. Das, wo man immer aufpassen musste, dass nicht auf einmal der Knopf in der Mitte, in der Mitte des Bauches aufging. Und man auf einmal unfreiwillig bauchfrei spazieren ging. Mit Guckloch. Aus dem bei genauerem Hinsehen schwarzbraune Brust und Bauchhaare quollen. Aber in Italien waren die vielleicht gar nicht so ungewöhnlich… Die platzenden Knöpfe wahrscheinlich aber schon, denn hier im Süden waren die Leute deutlich schlanker als in Mittel- oder Nordeuropa. Nicht so viel Frustessen, mehr Strandtage und eine mediterrane Diät trugen bestimmt zu dieser sprichwörtlichen bella figura der italienischen Männer und Frauen bei. So viel Schwabbel-Wabbel wie bei mir und bei meinen Landsleuten sah man hier auf jeden Fall nicht.

Ich könnte Sie jetzt belügen, lieber Leser. Ich könnte jetzt sagen, dass, kaum war ich aus der Tür getreten, mir eine leicht oder gar mittelschwer angeschwipste Italienerin (eine ragazza bella) in Feierlaune und mit nymphomanischen Neigungen in die Arme lief und sagte: „Wohin des Weges, dicker, aber durchaus gutaussehender Deutscher, ein tedesco bello, also. Und ich ganz verdutzt ihr entgegenstammelte: 

"No sé. Dunno."  

Sie mich mit ihren dünnen, aber energiegeladenen Armen ins Schlepptau nahm und in eine Bar im Zentrum (intra muris) entführte, wo sie mich dann einmal auf der Toilette und später noch zweimal bei sich zu Hause vergewaltigte. Wobei sie zu Hause so viel italienisches  temperamento zeigte, dass ihre beiden nicht minder geilen Freundinnen aufwachten und einfach mitmachten. Mich in Ketten legten und von vorne und von hinten, von unten und von oben und sogar von der Seite traktierten, bis sie Hunger bekamen und sich ein gefülltes Croissant und einen Espresso to go an der Ecke holten, nur um  dann gestärkt mich aufs Neue zu missbrauchen, während meine Frau schon auf der Wache die verschmitzt schmunzelnden carabinieri auf mich hetzte. Und ich dann nach fünf Tagen glücklich freigelassen werde. Mich gegen meine Freilassung mit Händen und Füßen wehre, mir die Handschellen selbst wieder anlege. Aber die mir überdrüssigen Italienerinnen setzten mich einfach so vor die Tür. In die Sonne. Ließen mich nicht mehr rein, egal wie sehr ich von außen gegen die Tür hämmerte. Beendeten jäh meine Fantasie...











Freitag, 17. Februar 2017

Roma 2012 (Teil II)





Just a perfect day
Drink Sangria in the park
And then later
When it gets dark, we go home

Just a perfect day
Feed animals in the zoo
Then later
A movie, too, and then home

(Lou Reed - Perfect Day)






Aber obwohl ich mich daran erinnere, dass ich in diesem Jahr, und vielleicht sogar in diesem Urlaub, angefangen habe, ernsthaft Rammstein zu hören, so war doch das Lied dieses Sommers nicht etwa Mein Teil, Dalai Lama, Los oder Keine Lust – obwohl du diese Lieder und besonders Los oder Keine Lust auch richtig geil fandest, während María mehr auf Amerika stand (bis heute kann sie sogar Du hast mitsingen, keine Ahnung warum…).

Rammstein war zwar cool unter der Sonne Italiens und im Supermarkt beim Pizza-Kaufen, aber das Lied dieses Sommers war eindeutig Tranquilize von den Killers. Das heißt, nicht nur von den Killers, sondern von dem Killers im Duett mit Lou Reed, von dem ich ebenfalls sein komplettes Best-of-Album auf meinem Mp3-Player hatte. Ein paar Jahre beziehungsweise bestimmt schon mehr als ein Jahrzehnt nach Trainspotting wollte ich in diesem Jahr wissen, ob alle Lieder von Lou Reed so geil sind wie Perfect Day, was, wie ich Nadine immer wieder versicherte, eins der vier Lieder war, die ich auf meiner Beerdigung hören wollte. Ok, vielleicht nicht mehr selber hören, sondern gespielt haben wollte.

„Dafür bist du dann zuständig. Zuerst will ich Everybody hurts von R.E.M. hören, dann November Rain von Guns N‘ Roses, dann Nightswimming (ebenfalls R.E.M.) und am Ende Perfect Day. Von Lou Reed, hörst du...?“ Nicht, dass sie Lou Reed oder irgendeine der anderen Gruppen kannte oder meine Begeisterung für Perfect Day jemals teilte, das ich manchmal sogar laut sang.

Aber Tranquilize hörte ich überall. Morgens auf dem Weg zum Strand in der U-Bahn, nachmittags auf dem Rückweg und abends im Dunkeln die lauen Straßen Roms entlang schlendernd. Immer und immer wieder. Manchmal sogar zweimal hintereinander. Keine Ahnung warum. Irgendwas gab mir dieses Lied. Das hatte irgendwas mit meinem Leben zu dem Zeitpunkt zu tun. Mit meiner Rolle als Vater und Ehemann, nicht nur hier in Rom, sondern auch in Deutschland. Das hatte so etwas Abgeklärtes, wie Lou Reed (und das ist hundertprozentig Lou Reed) die letzten Zeilen des Liedes singt):

'Cause I don't care where you been
And I don't care what you seen
We're the ones who still believe
And we're looking for a page
In that lifeless book of hope
Where a dream might help you cope
Where the Bushes and the bombs
Uh huh, tranquilize

Ich hatte diesen Traum auch noch, den Lou Reed da besingt, trotz meiner Erfahrung hatte ich diesen Traum noch. Aber es war ein vager Traum, ein Traum, der mehr ein Gefühl war als ein Ziel. Und natürlich dachte ich immer noch vage an damals, an Aberdeen, an Concha, Conchita, wünschte mir…keine Ahnung was…

Diesen Traum von…

…mehr Leben, mehr Liebe, mehr Geld, Mehrwert…keine Ahnung…

…oder überhaupt von leben. Leben können. Sein können…

…und dieses Lied und besonders seine letzten Zeilen drückten sowohl meine Hoffnungslosigkeit aus, diese Dinge jemals erreichen zu können (in diesem Leben, auf dieser Welt), geschweige denn festhalten zu können. Gleichzeitig drückte das Lied aber auch meine Sehnsucht aus, dass irgendwo, irgendwie, irgendwann ein anderes, möglicherweise besseres Leben möglich wäre…
Das war wie bei Perfect Day. Diese eigentümliche Mischung aus Depression und Sehnsucht, Traum und Wirklichkeit, die Lou Reed, zumindest in diesen beiden Liedern perfekt zum Ausdruck brachte

…und von der ich heute weiß, dass es sie nicht gibt. Depressionen sind nicht sexy und Angst hilft uns nicht, unsere Träume zu verwirklichen

Aber damals hatte ich den Glauben noch nicht verloren

Weil mir Nadine noch Hoffnung gab? Und María?

Aber egal: Ich wollte mehr als ich mit ihr und María hatte. Mehr. Ich wollte mehr. Ich war mit dem bisschen Hoffnung, das sie mir gab, dass sie mir gaben, nicht zufrieden. (Ich weiß, das hört sich scheiße an und ist es vielleicht auch, aber die Wahrheit ist halt oftmals nichts anderes als das: nämlich Scheiße).

Wir sind nie zufrieden mit dem, was wir haben. Und zufrieden war ich in diesem Jahr ganz sicher nicht. Das heißt, zufrieden war ich vielleicht, aber eben nicht glücklich (aber was ist schon Glück?). Zufrieden war ich, doch: Denn ich war nicht in Deutschland, was mich noch unglücklicher machte als ein Urlaub mit Nadine, in dem ich nicht leben konnte, nicht leben durfte, nicht zu leben wusste? Stattdessen Lou Reed hörte. Diese alten Drogenlieder, keine Ahnung aus welchem Jahr, ich glaube sogar fast noch aus den 70ern. Vielleicht sogar noch aus dem Ende der 60er. Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass ich sogar das ganze Album hörte. Ein paar Mal. Nicht oft, denn das war dann doch zu…düster…exotisch…anders…unmodern als ich es von dem Sänger von Perfect Day (dem Schlusslied meiner Beerdigung – wer das dann da auflegt, jetzt, wo Nadine weg ist, ist eine andere Frage) erwartet hatte. Keine Ahnung warum. Ich mochte Drogen-Lieder, ich mochte Trainspotting, aber Lou Reed war schon…anders. Eine andere Generation als Irvine Welsh. Oder Welsh war jung geblieben, keine Ahnung. Auf jeden Fall hörte ich das, wie wir im Zoo waren. Im Zoo von Rom. Im Zoo der ewigen Stadt. Weil wir irgendwie nicht mehr wussten, was wir sonst noch machen sollten (nach Neapel wollte ich nicht und sie wollte nicht mehr an den Strand). Zusammen. Und doch nicht zusammen. Und weil wir was für María machen wollten. Etwas, das auch ihr gefiel. Und Tiere sind immer süß, für Kinder. Obwohl mir Zootiere noch nie gefallen haben: Wie sie in ihren Käfigen dahinvegetieren. Niemals den Duft der Freiheit riechen werden. Der freien Wildnis. Der freien Wildbahn. Mir hatten die immer leidgetan, diese Tiere. Ich hatte mir immer leidgetan. So eingesperrt wie die waren. So eingesperrt wie ich war. Mein inneres Tier. Ohne eine Chance jemals auszubrechen.

Aber komischerweise war das eigentlich ganz schön, an diesem Tag. Nicht nur für María. Auch für mich. Für uns. Für uns? Wir sahen sogar zwei Fütterungen. Erst die der Eisbären. Oder Braunbären? Die waren hinter einer dicken Glasscheibe und wurden mit Fischen gefüttert. Das war geil. Und dann am Ende noch die Fütterung der Robben. Ich mochte die Italiener. Die waren cool. So locker. So relaxed. Wie die alle „ecco!“ zu ihren Kindern sagten, als die Seerobben gefüttert wurden. Das erinnerte mich irgendwie…

…an meinen Schwager aus Ecuador (ja, ihren heimlichen Liebhaber) und sein dauerndes ¡héle! Der hätte sich da bestimmt wohlgefühlt, an der Seite von Nadine.

¡Héle! Meiner ist sogar größer als der der Robbe. Ach, was sage ich, ¡héle!, der des Elefanten…der Giraffe. Ich habe einen längeren als das Giraffenmännchen. Der Giraffenbulle. 






Und Nadine wär bestimmt auch froh über ein bisschen familiäre Unterstützung gewesen…

…sie hatte ja nur mich und María.

Egal: Später – und da hörte ich schon Lou Reed, das Drogenalbum, dieses Lied, wo die Kinder schreien, weil sie von ihrer heroinsüchtigen Mutter vernachlässigt werden –, später gingen wir noch in den Streichelzoo. Wo die Schweine alle faul in der Sonne lagen, die Armen. Auch mit den armen Schweinen hatte ich Mitleid

(schließlich war ich ja auch eins von ihnen, auch ein armes Schwein…nur wusste ich das damals noch nicht so klar wie heute)

Aber María gefiel der Zoobesuch. Wir kauften ihr sogar noch ein Plastiktierchen in dem Zoo-Shop. (Keine Ahnung, wo das heute ist. Ob sie das noch hat?)

Und abends bekam sogar ich Auslauf. Verschaffte mir ein bisschen Auslauf. Ich glaube zumindest, das war schon in diesem Urlaub, wo ich begann sie nachts zu verlassen. Sie im Hotelzimmer im warmen Bett zurückzulassen (bei der Rumänin!). Mich aus dem Zimmer zu schleichen wie ein Dieb, wie ein umgekehrter Einbrecher, ein Ausbrecher, der aus dem Gefängnis seiner Ehe, seiner Vaterschaft ausbricht, um in den dunklen Straßen Roms das Abenteuer zu suchen. Ganz leise. So, dass sie bloß nicht aufwacht. Und fragt: Was machst du da?

Ich brauche nur ein bisschen Luft. Es ist so heiß hier. So stickig. So eng. Ich komme gleich wieder. Aber du musst nicht warten…

Weit kam ich eh nicht, soviel kann ich schon mal vorwegnehmen. Denn schon als ich dir Tür mit meinen zwei Frauen, meinen zwei chicas hinter mir verschlossen hatte, bekam ich einen Anfall schlechten Gewissens, das mich fast daran hinderte, die Treppe zur Straße hinunterzugehen. Aber am Ende war – keine Ahnung was das für Kräfte waren, die sich da in meinem Inneren entfalteten – stärker und ich trat aus der Tür des Hauses, in dem sich die Pension befand. Eigentlich war es ja egal, was ich machte, ich war ja eh gefangen. Das bin ich heute übrigens immer noch, trotz vermeintlicher Freiheit. Obwohl María dieses Woche gesagt hat: „Was macht das schon aus, ob sie einen anderen hat?!“ Und deine Welt noch ein bisschen näher an den Abgrund gebracht hat…

…in den wir eh irgendwann alle blicken müssen


 To be continued...when the time is right...











Mittwoch, 8. Februar 2017

Roma 2012













Wir wohnten damals in so einer „Pension“. Keine Ahnung, wie die genaue Bezeichnung war. Aber ein Hotel war das auf gar keinen Fall. Die hatten wir schon von Deutschland angerufen. Wie wir das immer gemacht haben. Jedes Jahr. Jedes Jahr das Gleiche. Wir suchten uns einen günstigen Flug im Internet (meistens Ryan Air), bezahlten den mit der Kreditkarte von Marías ehemaliger bester Freundin, zu der sie eigentlich schon lange keinen Kontakt mehr hatte, die wir aber immer noch anriefen (immer wenn wir in Urlaub wollten und mit der Kreditkarte bezahlen mussten). Und erst dann, nachdem all das erledigt war, fingen wir an, nach einem günstigen Hotel zu suchen. Nach dem günstigsten, um genau zu sein. Das ging auch immer relativ gut (vorbei waren die Zeiten, wo wir mit María im Kinderwagen in Alicante gelandet waren und erst dann, nach der Ankunft am Flughafen, nach einem Hotel für die Nacht suchten (ich kann mich immer noch an das Gesicht des Taxifahrers erinnern, der wirklich nicht amused war!).

Das war auch in Rom damals so. Das war schon unser zweites Jahr in Rom. Das zweite Jahr hintereinander und ich kann immer noch Nadines Stimme hören, wie sie sagte:

„Immer dasselbe.“


„Können wir nicht mal woanders hin fahren?!“


„Immer Spanien“ (ich weiß, Rom liegt nicht in Spanien, aber davor waren wir schon ein paar Jahre lang immer nur nach Spanien gefahren, immer an einen anderen Ort natürlich, aber ich glaube, das hing ihr trotzdem zum Hals raus).


„Da [und diesmal meinte sie Rom] waren wir doch schon letztes Jahr, in Rom. Können wir nicht mal woanders hinfahren…?!“

„Ok, wohin denn? Wohin willst du denn?“

„Nach Portugal zum Beispiel…“

ach, du Scheiße

Und dann laut: „Ach, du Scheiße! Da, wo die Maddie entführt wurde??!! Portugal ist die europäische Hauptstadt der Perversen. Das ham die damals gesagt, als die entführt wurde…“

nachher entführen die noch María

„…außerdem reden die so komisch. Ich versteh die gar nicht. Zum Beispiel der Freund von der Loreta. Oder Mann. Oder was der auch immer ist. Der ist Portugiese. Und den verstehst du überhaupt nicht…“

alle Portugiesen, die ich bisher kennengelernt hab, waren Arschlöcher, restlos alle

„Oder den Mario damals, auf der Schule. Der war ein Wichser…“

„Du und deine Perversen…"

„Wo willst du denn sonst noch hin?“

„Nach Griechenland.“

ach, du Scheiße, es wird ja immer schlimmer

„Zu den Griechen?! Ne, da fahr ich nicht hin. Nicht als Deutscher. Für dich ist das ja einfach (du bist ja keine Deutsche). Aber für mich. Nicht, dass die mich aufessen…“

„Nur, was du willst. Nur Spanien. Immer nur Spanien.“

„Ne, nach Rom, war doch schön da, oder nicht!? Ich will ja nicht von einem aufgebrachten griechischen Mob gelyncht werden, nur weil ich ein Bayern-Trikot trage. Oder beraubt oder beklaut…“

oder vergewaltigt

aufgegessen

„Näh, Griechenland kannst du vergessen. Und Portugal sowieso.“

„Aber warum wieder Rom?! Warum nicht nach woanders in Italien?!“

„Wohin denn?“

„Nach Neapel.“

oh Gott, das ist ja noch schlimmer

„Nach Neapel?“

haben dir das die Mafia-Ehemänner deiner lateinamerikanischen Freundinnen eingeflüstert, oder was?!
„Da ist ja überall Mafia…und Müll…“

„Du willst aber auch nirgendswo hin, wo ich hin will.“

wenn du nach Neapel willst

„Näh, ich will zur Mafia. Und auch nicht zu den armen Griechen…oder den perversen Portugiesen…außer Spanien gibt es ja auch kein vernünftiges Land in Europa.“

„Da willst du ja nur hin, weil…“

Ich wusste, was jetzt kommen würde. Das war immer das Gleiche. Immer das gleiche Skript. Jedes Jahr, wenn wir in Urlaub fuhren.

Aber am Ende einigten wir uns irgendwie immer auf ein Ziel, mit dem ich auch zufrieden sein konnte. Also weder Portugal, noch Griechenland noch Neapel.

Ich weiß, ich war irgendwie auch nicht besser als sie. Keinen Deut besser, ich weiß.
Aber auch nicht so viel schlimmer: Denn Rom war auch meinerseits ein Kompromiss, war auch nicht mein Traumziel gewesen. Obwohl es mir da gefallen hatte, im Jahr davor, zog es mich – wie jedes Jahr – eher weder nach Spanien. Es gab doch so viele Orte auf der iberischen Halbinsel, die wir noch nicht gesehen hatten. Oder nicht?! Aber das musste wohl warten. Denn dieses Jahr würden wir wieder nach Rom fahren. In die ewige Stadt, die Stadt unserer ewigen Liebe.

Die Pension „bel ami“ befand sich, anders als die letztjährige, an deren Namen ich mich nicht mehr erinnere, ein bisschen außerhalb. Das heißt, die war nicht irgendwo in der Vorstadt, im Ghetto, aber schon extra muris, also außerhalb der Stadtmauern. Aber nur knapp, denn bis zu selbigen waren es nur fünf Minuten zu Fuß. Die war in einem ganz normalen Wohnhaus, die Pension, aber die Eigentümerin machte uns gleich auf und gab uns einen Espresso zur Begrüßung. Natürlich erst nachdem sie uns gebeten hatte – in Vorkasse sozusagen – für unseren gesamten Aufenthalt in ihrem Etablissement zu bezahlen. Nachdem wir also bezahlt hatten, erklärte sie uns, dass sie gar keine Italienerin sei (ich hatte schon so was geahnt), sondern eine  Rumänin (daher die Vorkasse). Wir bezahlten und wurden brav auf unser Zimmer geführt. Ein Dreibettzimmer, wie immer, wenn wir verreisten. Mit einem großen Bett für mich und Nadine und einem kleinen, einer Pritsche für María. Was so viel hieß wie: Keinen Sex im Urlaub.

(Ich weiß immer noch, wie uns Nadine nur ein Jahr später fast dabei erwischt hatte, wie Nadine mir in diesem Bombenhotel in Barcelona einen blies, am Blasen war, als María unerwartet früh aus der Dusche kam. Das war vielleicht peinlich. Oder in Garrucha, wo ich so geilrucha auf meine Frau war, dass ich unbedingt mit ihr schlafen wollte, obwohl María im gleichen Zimmer schlief.)

Aber alles in allem war das zweite Jahr in Rom nicht mehr so spannend wie das erste. Keine Ahnung, woran das lag. Vielleicht hätten wir ja nach Neapel fahren sollen, haha. Uns für einen Tag von Mafia und Müllbergen faszinieren lassen sollen. Vielleicht wär der Urlaub ja dann spannender gewesen. Ich mein, er war jetzt auch nicht schlecht, aber der Brüller? Auch nicht. Wie immer fuhren wir zum Strand (das kann man in Rom für sage und schreibe 1 Euro!!! (daran sollten sich die Stadtwerke Bonn mal ein Beispiel nehmen), ich las auf dem Klo, am Strand und im Bett (kein Sex!) und wir gingen sogar wieder zu diesem Latino, wo wir ein Jahr vorher yuca gegessen hatten. Aber trotzdem…

Irgendwas störte mich. Irgendwas hatte mich all die Jahre gestört. Nadine war wie immer. Wir redeten und lachten viel wie immer. Und María genoss es auch, mit uns im Meer zu planschen. Wie immer.

Wie immer eben.

Aber vielleicht war es genau das. Das es eben wie immer war. Zwar Urlaub, der auf jeden Fall besser als Deutschland war, aber wie immer. Ich aß Pizza (die gibt es in Rom sogar frisch im Supermarkt), Nadine und María gingen shoppen, während ich brav vor jedem Geschäft stehenblieb und Rammstein hörte. War es Rammstein? Ich glaube schon. Diese harten Lieder, wie zum Beispiel Reise, Reise, die so herrlich in den Urlaub passen. Stand in diesen engen Gassen im Zentrum, unter der Sonne Italiens und hörte Rammstein. Und das passt besser zusammen als sie jetzt vielleicht denken mögen. Während Nadine und María von Geschäft zu Geschäft tingelten. Und ich überall diese Scheiß-Inter-Trikots sah. Ja, genau, das war das Jahr, wo Bayern das Champions-League-Finale gegen Inter verloren hatte. 2012. Das muss es gewesen sein. Unser letztes Jahr in Rom. Ein Jahr bevor wir wieder nach Spanien gefahren waren – diesmal zu Nadines Verwandten in Andalusien. Oder nach Pamplona (in dieses Bombenhotel…)? Ich glaube, nach Pamplona. Und Barcelona. Und Cádiz, in das ich mich auf den ersten Blick verliebte. Ja, ich glaube das war es. Die (buckligen) Verwandten kamen erst ein Jahr später. Oder zwei. Nachdem Bayern endlich wieder einmal das Champions-League-Finale gewonnen hatte und ich voller Stolz mein Trikot präsentieren konnte, wo ich mir zuvor nach Häme ohne Ende („ewiger Zweiter“) hatte anhören müssen.