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Sonntag, 21. Januar 2018

Samstagnachts halb zwei in Deutschland II












Mein Freund war wieder sehr sozial. Der hat den ersten Preis für das Kostüm gewonnen. Das hat er dann einem Mädchen geschenkt, weil die so traurig war. Der ist so süß!“

„Fährt der erst um neun?“

„Ja.“

Dienstag, 9. Januar 2018

Die Wahrheit

"But at the length truth will out"
William Shakespeare

"Wer kann die Wahrheit schon ertragen?"
Marius Müller Westernhagen









Nachts wache ich auf und will die Wahrheit. Ich hab eh kaum geschlafen. Erst lief da die SOKO Leipzig mit so einem spannenden Prostitutionsfall und dann ein ein wenig verwirrender dänischer Film mit einem Typen, der von dem früheren Mafia-Klienten seines Vaters, der wie er Anwalt war, verfolgt wird.

Aber selbst danach kann ich noch nicht schlafen. Und selbst nachdem ich mir mit Mühe und Not einen runtergeholt habe, klappt es nicht. Ich drehe und wende mich, aber die Hüfte oder die Eier tun mir weh und so finde ich keine richtige Position.

Dienstag, 21. November 2017

Sonnenanbeter, die auf das Wassermannzeitalter warten





Zwei Wesen kämpfen in meiner Brust: Eines, das Veränderung, radikale Veränderung haben will, haben muss und eines, das unbeirrt, bis zum bitteren Ende an meinem alten Leben, an dem, was ich habe, festhalten will. Und beide treiben sie mich fast in den Wahnsinn. Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Illusion und Desillusion lösen sich jeden Tag ab, manchmal im Minutentakt.


***








An der Haltestelle in Meckenheim steht die alte Oma von letztens. Die so ein bisschen tüttelig ist, ein bisschen senil, aber die immer noch jede Woche den Bus nach Godesberg nimmt. Nehmen muss?

Kaum hast du die Sachen auf die braune Eisenbank gelegt, da spricht sie dich auch schon an. Mit zittriger, leicht stotternder Stimme:

„Darf ich Sie fragen, was ist denn ihr Fahrtziel?“, sagt sie.

„Godesberg.“



Donnerstag, 9. November 2017

The time of our lives - Die Zeit unseres Lebens




IV. DEATH BY WATER
 
Phlebas the Phoenician, a fortnight dead,

Forgot the cry of gulls, and the deep seas swell

And the profit and loss.

                          A current under sea
Picked his bones in whispers. As he rose and fell

He passed the stages of his age and youth

Entering the whirlpool.

                          Gentile or Jew

O you who turn the wheel and look to windward,
 320
Consider Phlebas, who was once handsome and tall as you.


T.S. Eliot, The Waste Land 















Vanity of vanities, says the Preacher,
    vanity of vanities! All is vanity.
What does man gain by all the toil
    at which he toils under the sun?
A generation goes, and a generation comes,
    but the earth remains forever.

Ecclesiastes 1, 1-3
 









Als ich so abends, an diesem dunklen, kalten, nassen Novemberabend, durch Bonn-Duisdorf haste, um meinen Zug nach Meckenheim noch zu bekommen, vorbei an der Videothek an der Haltestelle am Rathaus, vorbei an Domino’s Pizza, vorbei am Ärztehaus (und vor allen Dingen vorbei an unserer alten Wohnung), muss ich plötzlich denken: All diese Zeit, die weg ist, einfach so weg ist. Nicht nur unsere gemeinsame Zeit hier, sondern all Die Zeit. Die Zeit in Großbuchstaben. Kapitälchen, die ihr zusätzliches Gewicht verleihen, das sie gar nicht braucht, so schnell, wie sie verfliegt, wie sie an einem vorbeifliegt, einem durch die Finger rinnt.


Samstag, 28. Oktober 2017

Visionen

"Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen." Helmut Schmidt






   
Am Maritim steigt eine Frau in die Bahn ein, die von hinten voll aussieht wie Nadine. Wie Nadine früher aussah, als sie noch Locken und einen Pferdeschwanz hatte, vor Jahren…

Hey, nicht dass das Nadine ist!, denkt er.

Freitag, 27. Oktober 2017

Fast-Begegnung der dritten Art II



“Sometimes memory can be real bitch.” 

Lourd Ernest H. de Veyra, The Best of This Is A Crazy Planets

 






In der Bahn von Rheinbach höre ich auf einmal eine spanische Stimme. Zuerst denke ich, das ist eine Spanierin, aber dann muss ich feststellen, dass das definitiv eine südamerikanische Stimme ist. Aus Kolumbien oder so. Sie redet ziemlich laut und ich verstehe alles. Obwohl ich nur mit einem halben Ohr hinhöre und eh nur die eine Hälfte des Gesprächs mitbekomme. Aber es zieht mich immer mehr in den Bann, je weiter wir fahren. 

Montag, 11. September 2017

Hintergrundbilder











Montag-Vormittag, vor dem Computer, fange ich auf einmal wieder an, auf Google Earth Spanien-Bilder für meinen Bildschirm-Hintergrund zu suchen. Keine Ahnung warum, eigentlich habe ich ja schon eine veritable Sammlung in der Dia-Show, die ich mir so eingerichtet habe, dass das Bild alle fünf Minuten wechselt. Im Zufallsmodus.

Obwohl die Bilder eigentlich alle ziemlich ähnlich sind: Das sind alles große, weite Aufnahmen, entweder von spanischen Stränden, vom Meer selbst oder von Straßen in spanischen Städte. Die nicht immer weit sind, aber doch die Weite irgendwie in sich tragen. Unbewusst. Meistens handelt es sich bei den Städten um Cádiz und Barcelona, die wie zwei Pole meiner Seele sind: die eine Stadt überschaubar, winklig, aber mit Europas bestem Wetter und schönsten Sandstränden gesegnet, die andere groß, wuselig und international. Aber auch Madrid, Valencia und sogar Pamplona kommen in meiner Sammlung vor.
 

Sonntag, 10. September 2017

Mordlust im Alltag






"Ya no hay guapos
Luis Martín Santos - Tiempo de silencio






Plötzlich kommt ihm dieser Gedanke: Heute hätte ich echt Bock, jemanden zu töten, denkt er.

Echt!

Natürlich weiß ich nicht wie. Oder wen. Aber irgendwie ist mir, wär mir danach. Keine Ahnung warum. Die Wege des Herrn sind unergründlich… Natürlich werde ich das jetzt nicht in die Tat umsetzen, ist ja klar, aber… Wie denn auch?!

In einem Land ohne Gesetze…

Mittwoch, 5. Juli 2017

Dé­jà-vu












Vielleicht wär genau jetzt – jetzt, wo Nadine bei den Irländern auf Abschlussfahrt ist –, vielleicht wär genau jetzt der richtige Moment für Nadine, mich zu besuchen. Einfach hier vorbeizukommen. Mit mir zu reden. Mit mir zu schlafen. Eine Nacht bei mir zu verbringen, von der María nichts mitkriegen würde. Die sie nicht wieder in das Gefühlschaos unserer Trennung/Scheidung stürzen würde, denkt er, als er im Bett wie immer vor dem Laptop liegt und schreibt und denkt und rummacht…

Dienstag, 16. Mai 2017

Traumdeutung: Kreuzweg











In der ersten Szene des Traumes sind wir im Schlafzimmer. Ich weiß nicht, ob es unser Schlafzimmer ist, aber wir sind da. Auf jeden Fall. Im Schlafzimmer, mit María, die kleiner ist als jetzt (okay, das ist ja kein Wunder, jetzt ist sie ja schließlich schon erwachsen, wie sollte sie denn da nicht kleiner sein). Ich schreie Nadine an, María sagt nichts, wie immer. Ich schreie

Dienstag, 9. Mai 2017

Das arme Deutschland













Larson steht in der Spielhalle hinter der Theke und spült Tassen. Plötzlich kommt dieser Typ in die Halle. Der Künstler... Das sagt eigentlich schon alles. Aber der ist wirklich ein Künstler. Der hat ein Atelier gleich hier in der Nähe, in diesem Hinterhof. Er hat ihn sogar mal dahin eingeladen, hat gesagt, er sei die ganze Nacht wach und er könne kommen, wann er wolle; aber dann, am Ende, ist er doch nicht hingegangen. Obwohl er am Anfang nicht abgeneigt war. Das war kurz nach der Trennung. Wo er noch Redebedarf hatte. Akuten Redebedarf. Hat er den nicht immer noch?! Ja, aber jetzt ist das anderer Redebedarf als damals, direkt nach der Trennung. Damals, wo er sich von dir zwei Euro geliehen hat, die er erst vor kurzem, fast ein Jahr später zurückgezahlt hat.

Samstag, 10. Dezember 2016

Illegal











Ich weiß nicht, warum sie es ihm erzählte. Ich weiß es immer noch nicht, selbst heute noch nicht, wo ich über alles – jedes kleine Detail unserer Beziehung – so lange und erschöpfend nachgedacht habe. Ich weiß noch nicht mal mehr genau, wann das war. Wann sie es ihm erzählte. Ich weiß, dass es draußen war, irgendwo in der Altstadt. Der Bonner Altstadt, wo sie damals noch mit ihren Schwestern wohnte. Auf einer Parkbank vor dem Frankenbad, glaube ich. Er saß und sie stand daneben. Oder er stand und sie saß. Keine Ahnung – das alles ist schon so lange her, mittlerweile. Warum du noch immer in diesen alten Geschichten rumwühlst, weiß ich echt nicht. Lass doch die Vergangenheit endlich ruhen. Lass sie doch ruhen, Mann! Das bringt doch nichts. Das bringt doch niemandem was. Keiner Sau. Wann war das überhaupt noch mal? 1996? Ja, das muss noch 1996 gewesen sein. Anfang 1996, keine Minute nach Mitternacht, hatte er sie kennengelernt. In dieser Disko in der Innenstadt, die es auch nicht mehr gibt. Wie seine Liebe, wie seine Erinnerung, wie sie. Obwohl: Sind nicht diese Zeilen ein Beweis dafür, dass es sie doch noch gibt. Sie sowieso, aber auch seine Liebe noch?! Ihre Liebe? Aber wenn man jemand liebt, dann geht man nicht einfach, in einer Nacht- und Nebelaktion weg, ohne jemals wieder ein Wort mit dem geliebten Partner zu sprechen. Gerade dann

Sie sagt es ihm. Beiläufig. So als wär es nicht wichtig.

So als wär es neben ihrer Liebe nicht wichtig?

Oder so als wär es einfach nicht wichtig?

Sie stand da, in ihren Leggings, die sie damals immer trug (ich weiß, aber das waren die Neunziger und sie hatte gute, dünne Beine, sie konnte das tragen)…

…und sagte:


Ich bin illegal

Illegal in Deutschland


Kein Mensch ist illegal…

…sie aber schon, damals



Und er nahm es so hin. Kommentierte es noch nicht mal. So als wär es das Natürlichste der Welt…


Später, als er mit dem Hauptmann beim Bund sprach, sagte der: Das ist ja wie bei Gute Zeiten, Schlechte Zeiten…

Wie im Fernsehen. Wie in einer schlechten Soap. Aber das war es nicht. Es war sein Leben. Ihr Leben.


Wie naiv er doch war

damals


Sie sagte „Ich bin illegal“ und er hat es aufgenommen, als hätte sie gesagt: Willst du ein Eis?





wollte sie damals etwa schon







Freitag, 21. Oktober 2016

Schöne neue Welt










„Dann geh ich aber vorher schon einkaufen.“

„Was soll ich dir nächste Woche mitbringen.“

„Joghurt…Äpfel…“

„Ok. Und was noch?“

„…äh, was ich sonst immer kaufe…Nüsse…Magerquark, bring mir Magerquark mit…Bananen, Brokkoli…“

„Ok.“

„Du kleine Schlampe!“ sagt sie ins Telefon.

„Wieso sagst du das, wenn das deine Freundin ist?

„Wir nennen uns immer Schlampen.“

„So wie sich die Nigga Nigga nennen.“




…ha mi mi, I like your style…




“Ich kenn einen YouTuber aus Bonn…”

„Echt?! Wie viel Follower hat der? 5 ½?“

„Nein—“

„Der halbe ist die Schwester…“

„412!“

„Echt!“




„Ich hole mir heute meinen Streuseltaler.“

„Ok…“

„Ich wollt eigentlich auf Diät sein…aber egal.“

„Wir sind alle irgendwie auf Diät.“


„Weißt du, was krass ist an Zwiebeln?“

„Ne.“

„Die liegen voll schwer im Magen. Wenn ich das mit Zwiebeln esse, dann liegt das mir immer voll schwer im Magen--“

„Das sind die Nudeln.“

„Nein, das sind die Zwiebeln. Oder der Knoblauch.“

„…dann brauche ich dann ganzen Tag gar nichts zu essen, wenn ich mir das Hackfleisch mit Zwiebeln mache.“




„Weiß du, was ich nächste Woche mache?! Hackfleisch in Blätterteig.“

„Ja, mit Feta-Käse…“

„Blätterteig ist Hammer-einfach. Du musst nur die Füllung rein tun und in den Ofen und fertig…“

„Und saufettig.“




„Boah, da war der so klein, der Justin.“

„Das hört man auch an der Stimme…“

„Da war ich voll der Fan von dem…“

„Da warst du auch im Kino, ne?!“

„Ja. Der Film war echt gut.“




„Wann gehst du arbeiten?“

„Warum?“


„Du musst noch ein bisschen Zeit absitzen…“

„Nein, ich will mich mit der Jacqueline treffen.“

„Ach so…“

„Nein, sag mal.“

„Um halb 3.“

„Ok, dann geh ich dann.“




„Ich muss heut irgendwas machen, um zu feiern.“




„Hast du das von Pietro Lombardi gehört?“

„Ne.“

„Echt nicht?!“

„Ne, was denn?“

„Die haben sich getrennt…“

„…war auch hohl im Kopf.“

„Wer? Er oder sie?“

„Der.“




„Die haben doch ein Kind…zwei oder drei Jahre alt…jetzt geht die Karriere von denen den Berg runter. Von beiden--“

„Welche Karriere?!“ sagt sie trocken wie ein Furz und eiskalt wie…Eis…en Eisbär…“

„Boah, weißt du, was vor 500 Jahren der perfekte Job für dich gewesen wäre?“

„Was?“

„Henker!“




Baby, I can treat you better than he can…

„Woher weiß der, dass der die besser behandeln kann? Kennt der den?“

„Wahrscheinlich, ne?!“

„Glaub ich nicht…woher will der das wissen, dass er besser ist… Das sagt man immer am Anfang (I can treat you better) und dann kann man das eh nicht halten…“