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Donnerstag, 4. Januar 2018

Ich glotz TV - ein Gehirnsturm













Jeder Tag ist ein Kampf. Das fängt schon kurz nach dem Aufstehen an. Ein Kampf gegen den Hunger (ich liebe Intervallfasten), ein Kampf gegen das Schweigen deiner Tochter, ein Kampf gegen die Scheiße im Fernsehen…

Aber egal: Bring’em on! Bring the motherfuckers on!

Denn: Wer nicht kämpft, der hat schon verloren!

Sie kommt aus ihrem Zimmer, sagt nicht Guten Morgen. Du aber auch nicht. Warum solltest du, wenn sie es auch nicht tut? Also scheiß auf einen guten Morgen. Ist sowieso überschätzt.


Montag, 18. Dezember 2017

Weihnachtsscheiß












Kann diesen ganzen Weihnachtsscheiß einfach nicht mehr hören. Weihnachten hier, Weihnachten da. Aber wenn man seine Tochter nur den halben Tag lang sieht, dann ist der Rest des Heiligabends gelaufen. Am liebsten würde ich einfach abhauen. Nach Holland fahren und kiffen gehen, keine Ahnung. Irgendwas, nur nicht das! Habe ich zu Nadine auch schon gesagt: „An Heiligabend bin ich nicht da! Da fahre ich nach Holland kiffen! Da kannst du bei deiner Mutter bleiben.“ Du kannst ja dann nach Weihnachten kommen und dein Geschenk abholen. Ich weiß nicht mehr, was sie darauf gesagt hat. Wie dieser Typ, von dem du heute gelesen hast. 100 Länder, 100 Frauen. Das klingt geil. Aber das kriegst du mit deiner Bilanz von zwei Frauen in 40 Jahren eh nicht mehr hin. Aber versuchen kann ich es doch wenigstens…

Letztes Jahr war ich stattdessen im Wald. Nachdem sie weg war. Selbst Patchwork hätte ich bevorzugt, an Heiligabend. Ich und Rafael unter dem Baum. Auf der Toilette: Ich drücke seinen Kopf in der Toilette unter Wasser. Wie diese Frau in dem Viva-Suecia-Video. Mit Gewalt und zusammengebissenen Zähnen. Mein Ex-Schwager Rafael fällt die Treppe runter und seine Frau, meine Ex-Schwägerin gleich hinterher… Mari packt ihr Geschenk (wie immer Geld, alles Materialisten!) aus und ich packe ihre Mutter, mein Ex-Frau. Wir gehen ins Schlafzimmer, sie will nicht, aber was interessiert mich das. Heute ist Heiligabend. Ho, ho, ho, guck mal wie groß der Weihnachtsmann auf einmal ist! Auf einmal kommt ihre Schwester Slainté, meine Ex-Schwägerin rein und es kommt zum Showdown. Zum letzten Gefecht sozusagen, bei dem sie sich leider aus dem Fenster verabschiedet. Aber ist ja nur der dritte Stock! Die schafft das, denn wie wir ja alle wissen: Unkraut vergeht nicht! Und dann kann ich endlich, nach all den Jahren, etwas gegen mein schwarzes Weihnachtsloch tun. Nadine wehrt sich auch nicht mehr, hat eingesehen, dass diesmal der Weihnachtsmann stärker ist. Oder ihr doch ach so lang unterdrückter Wunsch, wieder mal mit mir Christkind zu spielen. Ich hole die Rute raus…

…und muss unfreiwillig an vor zwei Jahren denken: Wo Mari in der Kirche plötzlich umgekippt ist. Und danach trotzdem zu Mutter musste, wollte. Das ist so traurig. Oder letztes Jahr, wo du an Heiligabend auf dem Venusberg durch den Wald geirrt bist, um zu vergessen, dass sie weg ist, dass sie nicht mal mehr an Heiligabend da ist, dass alles verloren ist. Wenn dir da jemand begegnet wäre, dann hätte selbst die Gnade Gottes ihm oder ihr nicht geholfen. Warum tue ich mir das alles eigentlich noch an? Um Nadine zu ärgern, die María die Hälfte des Tages nicht sehen kann (was ihr nichts ausmacht, da sie eh mit ihrer Familie und ihrem Schwager und ihrem neuen Stecher beschäftigt ist. Um meine Tochter wenigstens einen halben Tag lang zu sehen (man gewöhnt sich wirklich an alles, aber an das…?), wenigstens einen Menschen an Heiligabend zu haben, der einen sehen will (viele Menschen in Deutschland haben noch nicht mal das, nachdem die 68er das Land mit ihrem unbarmherzigen, nicht, nie, niemals nie zurück blickenden Individualismus und all der Pseudo-Freiheit (die Roten oder die Blauen, mit oder ohne Kohlensäure?) verwüstet hat.

In Volle Kanne läuft das Spiel mit dem Weihnachtsmann. Wo Zuschauer anrufen müssen und sagen müssen, wie oft sie den Weihnachtsmann in der Sendung gesehen haben. „Wie oft war der Weihnachtsmann heute da?“, fragt der Moderator Ingo Nommsen. Einmal…und er hat es nicht überlebt, möchtest du ihm ins Gesicht schreien. Sein Kopf hat die Kloschüssel nicht überlebt. Aber das kannst du ja nicht. Denn an Heiligabend läuft volle Kanne nicht. Weil Nommsen mit seiner Familie feiern muss. Während du im Wald umherläufst und versuchst, ein Wildschwein mit bloßen Händen zu erlegen. Oder dich von einem Wildschwein erlegen zu lassen, was immer auch zuerst passiert. Du weißt noch, wie du die Dartscheibe im Keller gegen die Wand gehauen hast, immer und immer wieder, bis sie ganz verbogen war und du innerlich geweint hast. Du weißt noch, wie Mari letztes Jahr nicht wollte, dass du sie zum Bahnhof begleitest, an Heiligabend, nach der Kirche, keine Ahnung warum. Weil sie nicht wollte, dass du nachher noch mitkommst und es Ärger. Du weißt noch, wie der Pfarrer in der Kirche davor, von der Frau geredet hat, die von ihrem Mann verlassen wurde (was für ein Witz), die nicht mehr ein noch aus wusste, heulend vor ihm saß, während ihr Mann den Weihnachtsmann mordete, die Tanne in kleine Stückchen hackte und marodierend durch den Wald streifte, auf der Suche nach einem Licht, nach einem Stern in dieser dunklen, der ihm den Weg in sein altes Leben zurück wies. Aber da war nichts, nur Dunkelheit, keine Sterne… du weißt noch, wie du extra für María ein Steak gekauft hast, im Edeka, weil sie das wollte, wie du mit ihr gekocht hast, während im Hintergrund die Toten Hosen liefen, mit Weihnachtsmann vom Dach:

Hört mir irgendjemand zu?
Der Weihnachtsmann ist hier bei uns!
Er hängt auf dem Dachboden rum,
Ich glaube er braucht Hilfe und ist in Not

„Frohe Weihnacht, ich hoffe es geht euch gut,
Seid nicht böse über meine Flucht“

Langsam schwingt er hin und her
Als wehte ein leichter Wind,
Im Rhythmus mit dem Kerzenlicht,
Das in der Ecke brennt

Er hat sich direkt unterm Fenster
An einem Balken aufgehängt,
Man kann die Kirchenglocken von hier hören,
Wenn man ganz leise ist

Ein Tagebuch liegt auf dem Tisch,
Der letzte Eintrag ist noch frisch
Nur einen Satz schrieb er groß und breit
„Ich bin hier und Bethlehem ist weit

Frohe Weihnacht, ich hoffe es geht euch gut,
Seid nicht böse über meine Flucht
Ich schau' euch trotzdem von hier oben beim Feiern zu“


Du weißt noch…oder wie Johnny Cash so ominös sagt: „I remember everything…“

Ach, scheiß doch drauf, dieses Weihnachten fahre ich nach Holland und gehe kiffen…












Donnerstag, 30. März 2017

Geile Fotos















Das war bestimmt die Sonne, die mir damals zu Kopf gestiegen ist. Bestimmt. Ein blauer Himmel bis zu den Sternen. Keine Wolke. Nur Wind. Viel Wind. Aber ohne jegliche Wolken. Fast magisch. Ein blauer Himmel, der einen bis zu den Sternen hätte hinauf schauen lassen, hätte ich auch nur einen Moment meinen Blick von ihrem Dekolleté lösen können. Auch María regte sich schon auf. War eifersüchtig. Aber ich war einfach nur…glücklich (warum merkt man das eigentlich immer erst hinterher? Warum ist das Leben so kompliziert, so beschissen kompliziert, kostet so viel Arbeit, wenn es auch einfach ginge…[vielleicht, weil wir sterben, weil wir sterben müssen – eine andere Erklärung fällt mir auch nicht ein, aber ich habe ja eh keine Ahnung]). Und fotografierte ahnungslos weiter.

Donnerstag, 29. September 2016

Garrucha, Andalusien










Ich weiß noch, als wir im Urlaub waren, das letzte Mal zusammen im Urlaub. Bei ihren Verwandten in Andalusien. In der Nähe von Almería. In…wie hieß das noch mal…keine Ahnung...ich weiß es nicht mehr…doch: Garrucha. Jetzt fällt's mir wieder ein. Das war’s, Garrucha! Muss man nicht kennen. Nicht unbedingt. Kein Highlight. Die wohnten da in einem Hochhaus in der Nähe des Strandes und waren sehr „nett“. Fast schon zu „nett“. Scheißfreundlich fast schon. Der Typ war Mechaniker und erinnerte mich irgendwie, so von seiner ganzen Art her, an ihren Schwager. Anders als ihr Schwager war der aber glaub ich nicht mir ihr "Fahrrad fahren". Schließlich war sie ja in Garrucha die ganze Zeit bei mir…

Wie wir da abends rausgegangen sind, kurz vor Sonnenuntergang, kurz bevor es selbst hier, im Süden Spaniens dunkel wurde. Wie wir am Meer spazieren waren, da wo die ganzen Hotels waren, diese ganzen teuren Hotels…

…ich hätte nie gedacht, dass sie mich irgendwann verlassen würde. Nie im Leben hätte ich das gedacht. Dass sie irgendwann gehen würde. Und nie wiederkommen würde.

Streit, ja…okay…aber verlassen? Niemals. Wir waren so…close, so eng, so keine Ahnung. Wie verwachsen. Symbiotisch. Co-dependent. Vielleicht genau deswegen, genau, weil wir so waren, so wie wir waren. Weil wir uns so nah waren. Und doch so weit voneinander weg

Ich dachte immer, dass sei für immer. Für immer und ewig. Obwohl ich natürlich frustriert war. Fast schon chronisch frustriert. Natürlich frustriert. Aber ich hätte sie nie verlassen. Ich hätte sie nie verlassen. Im Leben nicht. Soviel ist sicher. Frustrationen hin oder her. Wir waren wie ein Team. Ich, sie und María. Sie, ich und María. María, sie und ich

So kann man sich täuschen

Ich spürte sie, berührte sie, fast schon ständig, packte ihr an den Arsch, María regte sich auf, wir machten Witze, scherzten und auf einmal ist sie weg. Nie wieder ein Wort, nie wieder ein Witz, ein Lachen             Kein Wort, kein gar nichts. Noch nicht mal durch Zufall habe ich sie seitdem gesehen. Noch nicht mal durch Zufall.

Und frage mich heute immer wieder: Wie viel von all dem war echt? Und denke: Das kann doch nicht alles falsch gewesen sein, pure Einbildung, eine Illusion, ein Schimäre

in der warmen, andalusischen Nacht. María glücklich, ich glücklich…sie glücklich?

Wie viel von dem war echt? Von dem Glück zu dritt? Oder war alles echt und es hat sich einfach so ergeben? Durch einen dummen Zufall

(es gibt keine Zufälle)

damals wollte ich sogar ein zweites Kind von ihr, hab ihr das gesagt. Einen Santiago oder eine Liv. Oder war das nur Spaß? In jeden Scherz steckt immer auch ein ernster Kern? Ich war glücklich mit ihr, ich war doch glücklich mit ihr? Oder verkläre ich die Vergangenheit? In meiner Einsamkeit? Es ist so schwer zu sagen, aber wenn sie heute zurück wollte, ich würde wieder nehmen. Bin ich etwa besessen? Krankhaft fixiert? Liebeswahnsinnig? Würde mit ihr und der dafür fast schon zu alten María in den andalusischen Sonnenuntergang gehen, direkt am Meer, am Wasser, an den Wellen

die alles wegwaschen

Ihre warmer, quirliger Körper neben mir, im Hintergrund die roten Lichter der spanischen Nacht, das Rauschen des Meeres, die sauber gemähten und gesprengten Wiesen, der trockene, staubige Weg, die Wärme

die Nacht

um uns herum

nur Nacht

Nie wieder. Jetzt herrscht nur noch eisige Kälte (trotz des schwülen, deutschen Sommers). Eisige Kälte und Geld. Geld hier und Geld da. Hier ein bisschen, da ein bisschen: Ausgaben, Forderungen, Anwaltskosten, Prozesskosten. Und María ist 3 ½ Tage hier, 3 ½ Tage da. Und uns beiden bricht es hoffentlich das Herz, ihr unter Woche und mir am Wochenende – aber keiner will das zugeben, will sich die Blöße geben, vor dem anderen, dem Antragsgegner.


Wir sind Tiere, die sich Illusionen machen können bis sie platzen


Die Lichter sind aus, die Wärme ist weg (oder so schwül-deutsch, dass sie unerträglich wird), die Sonne scheint bald hoffentlich auch nicht mehr

Dieses satte Rot Andalusiens, das sich sogar in der spanischen Flagge wiederfindet, das Feuer von 35 Grad am Tag und 25 in der Nacht, die roten und weißen Lichter, die uns den Weg ausleuchten, den Weg zum Licht

Die deutsche Flagge ist zwar auch rot, aber dieses Rot steht nicht für das Feuer, die Leidenschaft, sonder für das verflossene Blut. Wofür das Schwarz steht ist ja wohl klar…Und das Gold steht für das Geld. Der Deutschen liebe zum Geld, das sie horten, das sie verstecken, tief unten im Keller, wie ihre Gefühle, fast schon verschüttet, um zu sehen wie es langsam anwächst

Obwohl sie wissen, sie ganz genau wissen

dass nichts bleibt, dass nichts bleibt, dass nichts bleibt


wie es war






wie ich versucht habe, sie in diesem Zimmer, dem Zimmer, das der große Sohn der Familie für uns geräumt hatte, in den Arsch zu ficken

und sie nicht wollte

in der heißen, südspanischen Nacht










Sonntag, 31. Juli 2016

Nächtlicher Horror









Nachts um kurz vor zwei kommt er nach Hause. Als er vor seinem Haus ankommt, merkt er, dass das Tor zum kleinen Hof auf ist. Und das nachts. Nur einen Spalt, einen dunklen Spalt breit, aber…

…das ist schon komisch. Heute ist María wieder in Deutschland und schon ist nachts das Tor einen Spaltbreit auf…

Ob sie hier war…

…hier ist…

Oder hat er heute Nachmittag, beim Gehen, vergessen, das Tor richtig zu schließen. Das klemmt manchmal bei Hitze, dann geht es nicht richtig zu, Kann ja sein, dass es heute Nachmittag tatsächlich geklemmt hat und nicht richtig zuging und dann heute Abend, als es kühler wurde, aufgegangen ist…

Wer weiß…

Trotzdem: Das hat er eigentlich noch nie gehabt, dass das Tor abends einen Spaltbreit aufstand. Wenn er so drüber nachdenkt. Selbst bei der größten Hitze nicht…

Er tritt in den Innenhof. Alles ist dunkel. Wie immer. Der Kleiderständer, der unter dem kleinen Unterstand im hinteren Teil des Hofs steht, hängt auch noch voller Klamotten. Der Klamotten, die er schon vor etlichen Tagen gewaschen hat. Es scheint alles wie immer zu sein…

Er stellt seine Sachen (seinen Rucksack, die Stofftasche mit dem Hobbit und die Computertasche) vor der Haustür ab, aber schließt nicht direkt auf. Stattdessen geht er zum Briefkasten, um zu gucken, ob er Post hat. Keine Ahnung, warum er das macht. Er hat selber keine Ahnung. In letzter Zeit waren da immer nur Briefbomben drinnen. In Form von Formularen, Scheiße von der Krankenkasse, Scheidungspapieren, netten Briefchen der Finanzvergewaltigung, etc. Oder gähnende, nicht gerade beruhigende Leere…denn die nächste Briefbombe kommt bestimmt! Vielleicht ist es sein Sadomasochismus, der ihn im Dunkeln noch mal zum Briefkasten am Tor gehen lässt. Das jetzt ganz sicher zu ist – er hat es mit einem Knall einrasten lassen. Er will  ja nicht, dass hier nachts noch Leute reinkommen… Und seine saubere Unterwäsche klauen. Vielleicht ist es ja gar nicht so sehr sein Masochismus, der ihn noch mal nachts zum Briefkasten gehen, fast schleichen lässt. Sondern das, was Psychologen „Vermeidung“ nennen. Auf Deutsch gesagt: Er geht zum Briefkasten, um noch nicht reingehen zu müssen. Wo vielleicht María auf ihn wartet. Ja, bestimmt, die ist direkt vom Flughafen hier hingekommen, um heute in ihrem Zimmer zu übernachten. Und nicht bei ihrer Mutter in der WG – wo sie natürlich auch ein eigenes Zimmer hat. Klar, klingt absolut logisch. Aber vielleicht brauchte sie ja ein paar ihrer Klamotten…(die du aus Frackigkeit vor ihrem Abflug extra nicht mehr gewaschen hast)…und ist gleich hiergeblieben…(obwohl du ihr gar keinen Schlüssel zu ihrem Zimmer auf der anderen Seite des Flurs, hinter der Küche, dagelassen hast?! Du öffnest die Klappe des Briefkastens. Das metallische und in der Stille der Nacht doch ziemlich laute Geräusch lässt dich aufschrecken. Aber im Briefkasten ist nichts. Nur gähnende Leere. Aber auch keine Briefbombe. Und keine Werbung. Komisch, sonst kommen doch samstags immer diese komischen Postwurfsendungen. Diese Scheiße, die keine Sau braucht und die wahrscheinlich nur nicht als Werbung durchgeht, weil sie eingeschweißt ist und eine 5-blättrige Fernsehzeitung beinhaltet. Also machst du die Klappe wieder zu – ein bisschen lauter als nötig. Wie das Tor eben. Wie hat T.S. Eliot das einst gesagt: Die Welt endet nicht mit einem Knall, sondern mit einem Wimmern… Du gehst also wieder zur Tür zurück…solange das Licht, das du schon von draußen angemacht hast und das sich über der Eingangstür befindet, noch an ist. Wenn das ausgeht und du plötzlich im Dunkeln stehst, dann wird dir immer ganz anders zumute. Also schnell rein! Du schließt die Tür auf und betrittst den kleinen Flur. Auch hier ist alles wie immer. Wie du es heute Nachmittag hinterlassen hast. Keine Schuhe außer denen, die auch schon heue Nachmittag da waren, keine Spuren eines Eindringlings… Links die Schiebetür zur Küche und zu Marías Zimmer und rechts die Tür zu deinem Schlaf- und Wohnzimmer und zum Badezimmer. Dazwischen, halb links, die Tür zum Keller, die auch verschlossen ist. Die ist zwar relativ unscheinbar und neueren Datums, wirkt aber immer ein bisschen unheimlich, besonders, wenn du abends nach Hause kommst. Die führt zu dieser Luke, die in den Keller führt. Zu diesem kleinen, dunklen Raum unter der Treppe. Wo dich nachts keine zehn Pferde reinbringen würden…du beobachtest die Tür aus dem Augenwinkel. Da, wo du letztens diese komische Trainingshose gefunden hast. Vom FC Valencia. Komisch. Die hing da im Dunkeln. Leblos. Wie zwei Beine… Darunter waren diese komischen Stiefel. Wie Arbeiterstiefel, aber kleiner. Die müssen zu einem ziemlich kleinen Mann gehören. Wie Rafael. Du hast die Hose genommen, sie María gezeigt, aber die hat nur genervt gesagt: Häng die doch wieder hin. Vielleicht war die ja von dem Arbeiter, der oben die Wohnung wieder hergerichtet hat. Da wo früher die Schwarzen gewohnt haben. Diese Frau mit ihrem Bruder. Die aber schon lang ausgezogen sind. Seit Weihnachten ungefähr. Seitdem ist da keiner mehr eingezogen. Komisch. Obwohl der Vermieter schon öfter da war, um zu streichen und alles Mögliche da oben zu machen. Der Vermieter der aussieht wie ein Totengräber mit Detektivmütze. So einer von Kangol. Die trägt er immer. In der Mitte wohnt auch keiner. Da wohnt zwar offiziell jemand, aber die Frau kriegt immer nur Post und kommt nie hierhin. Er legt dann die Post in den Flur, auf das kleine Schränkchen und die oder ihr Typ kommt die abholen. In letzter Zeit war aber keiner mehr da, die Briefe von den ganzen Inkasso-Büros und Ämtern abholen. Also bist du ganz alleine. Ganz allein. Wirklich? Manchmal hast du das Gefühl, das du es nicht bist. Dieses komische Gefühl, dass da jemand ist, noch jemand, hinter einer dieser Türen. Jemand von dem du nichts weißt. Dass du beobachtet wirst. Du blickst auf den dunklen Aufgang, wo die Treppe nach oben führt, aber nicht lange… Stellst deine Sachen ab und schließt die Küchentür auf. Öffnest sie. Die Holztür mit Glaseinsatz, die zu Marías Zimmer führt, ist zu. Dahinter ist alles dunkel. Ist aber auch klar, das warst du selbst, heute Nachmittag, als du gegangen bist, hast du die zugemacht. Du gehst zu ihr und machst sie auf. Und wenn jetzt María wirklich da ist, dann weckst du sie auf, mitten in der Nacht, noch müde von der Reise. Egal. Du öffnest die Tür.

Es ist niemand da. Wie du schon gedacht hast. War ja klar. Was machst du dir eigentlich für Illusionen?! Was hast du dir eigentlich für Illusionen gemacht?! In deiner blühenden Fantasie. Dunkle Triebe werfende Fantasie. Dir fällt dieser Satz ein. Aus The Revenant, dem Rückkehrer, der vor kurzem mit Leonardo DiCaprio verfilmt wurde. Wo der Rückkehrer nach langer, beschwerlicher Reise an diesem Fort in der Wildnis Amerikas ankommt, nur um festzustellen, dass das Fort keiner mehr da ist. Dass die zwei Männer, an denen er Rache nehmen will, weil sie ihn einfach so in der Wildnis zurückgelassen haben, nicht mehr da sind. Und er zu sich selbst sagt: You’re chasing a mirage. Du jagst einem Hirngespinst hinterher. Du bist wie der Revenant, der Rückkehrer. Nur du willst nicht Rache, sondern Liebe. Du kommst da an, an dem verlassen Fort mitten in der Wildnis, auf der Suche nach Liebe und stellst fest, dass du die ganze Zeit einer Illusion aufgesessen, hinterhergejagt bist und dass die Liebe, die du suchtest gar nicht (mehr) existiert. Während der Rückkehrer merkt, dass die Rache, die er suchte, nicht mehr real ist. Vielleicht solltet ihr tauschen: Du solltest die Suche nach Liebe aufgeben und endlich Rache nehmen und er sollte den Wunsch nach Rache an den Nagel hängen und nach Liebe, Zuneigung suchen. Vielleicht…Aber vielleicht ist das auch viel zu einfach. Es gibt keine einfachen Antworten in diesem Leben. Und dann wiederum denkt er manchmal: Es gibt nur einfache Antworten in diesem Leben. Alles, was kompliziert ist, ist es nicht wert, dass ihm hinterherrennt. María ist auf jeden Fall nicht da, wie er feststellen muss, als er die Tür zum Wohn-/Schlafzimmer öffnet. Warum sollte sie auch? Du jagst einer Illusion hinterher. Sie kommt erst Montag. Obwohl du gesagt hast, dass, wenn sie schon zwei Wochen mit ihrer Mutter im Urlaub ist, sie wenigsten die ganze darauffolgende Woche bei dir verbringen kann.

„Ok…“, hat sie wenig überzeugend und leicht genervt gesagt. Okay…

Du steckst den Stecker für den Fernseher in die Steckdose und er geht an. Auf „Weltuntergangs-TV“, wie du N-24 immer nennst.  Denn wenn wir dem was da läuft Glauben schenken würde, dann gäb es die Menschheit schon lange nicht mehr. Dann wären wir entweder von einem Asteroiden getroffen worden, durch eine  Insektenplage oder Naturkatastrophe vernichtet worden oder durch die biblische Vorsehung und die Sieben Siegel dem Untergang geweiht worden. Darauf hast du jetzt wirklich keinen Bock. Denn deine kleine, persönliche ist schon lange untergegangen. Und zwar genau an dem Tag, an dem sie dich verlassen hat, um genau zu sein. Und jetzt, das sind nur noch die Nachbeben. Dass María dich nicht angerufen hat, obwohl sie bestimmt schon zurück ist. Dass sie dir nur ein paar knappe, nichtssagende Mails aus dem Urlaub mit ihrer Mutter geschickt hat (was du ja auch nicht anders wolltest, weil was willst du schon hören, wie schön es im Urlaub ohne dich ist, nur um dich noch mehr zu quälen). Dass keine Sau sich dafür zu interessieren scheint, wie beschissen es dir geht.

Du schaltest aufs Erste, aber da läuft nur Scheiß. Irgendein Militärfilm. Ein alter noch dazu, Schrott. Und auf dem Zweiten läuft Columbo. Ach, du Scheiße. Den musst du dir jetzt echt nicht antun, dass der kein Deutscher ist, so langweilig und korrekt er immer rüberkommt, das wundert dich schon lange. Aber vielleicht läuft er genau deswegen immer noch in diesem Land. Zwar im Nachprogramm, aber… Aber auf die Privaten traust du dich erst gar nicht, um die Uhrzeit. Da läuft eh nur Scheiß. Karatefilmchen. Action-Scheiße. Dafür bist du zu alt. Und außerdem geht die Batterie der Fernbedienung nicht mehr richtig. Dann kannst du nachher nicht mehr umschalten. Und musst wieder aufstehen, aus dem Bett. Das ist auch Scheiße. Also der komische Film auf dem Ersten. Dieser Scheiß, der von einem versunkenen U-Boot handelt, dessen Besatzung gerettet werden soll, werden muss…

…wie passend, ey…

Anstatt endgültig den Geist aufzugeben, versuchen die die zu retten, tun alles…

…und am Ende…

…keine Ahnung, was am Ende passiert, denn davor schläfst du schon ein. Nachdem du dich wie immer eine halbe Stunde im Bett hin und her gewälzt hast, dich auf den Rücken gelegt hast, dich bis auf die Unterhose ausgezogen hast, gefühlte zehn Mal wieder aufgestanden und dich wieder hingelegt hast und dir die Eier gekrault hast – was auch nichts gebracht hat…

Genau wie das Kratzen an deinem Penis, an der Eichel deines Penis, an dieser einen Stelle, die schon immer nicht so ganz toll war, wo sich schon immer die Haut ein bisschen abgelöst hat…und du nie der Versuchung wiederstehen konntest, sie abzuziehen, bevor sie wahrscheinlich sowieso von sich aus abgefallen wäre, oder an dieser Stelle genau zwischen Eichel und Schaft, die beim Mann sowieso zu den empfindlichsten, erregbarsten am ganzen Körper gehört, gekratzt und geschabt hast, bis du Blut gesehen hast – vorher konntest du fast nie aufhören. Ritzen mit erotischem Nebeneffekt für Arme. So könnte man das vielleicht psychologisch nennen. Das ist aber auch geil, an dieser Stelle, wo dieses Bändchen ist, sie wissen schon. Einen Moment lang versuchst dir sogar, dir einen runterzuholen, um endlich einschlafen zu können, aber das geht auch nicht, das bringt auch nichts, egal an wen du denkst, es klappt nicht, du bist einfach zu müde, zu geschafft… Du stellst dir zwar ein halbwegs williges, halbwegs junges Opfer (haha) vor, aber das turnt dich irgendwie auch nicht an…

…wie sie aus der Dusche kommt, sich mit dem nassen Handtuch auf die Kante des Bettes setzt, in dem du liegst, ihre nassen, roten Haare auf ihrem Rücken, ihre frisch rasierte Muschi unter dem Handtuch…

Scheiße…er will einfach nicht stehen…hat keinen Bock mehr…


Und schon bald kommt das einzige Kribbeln von deinen Beinen, an denen du immer rumkratzt, weil du denkst, dass ein Insekt über sie drüberläuft. Kann ja auch sein, obwohl du gestern geputzt hast. Hier oben in der Nähe des Waldes ist das immer eine Möglichkeit. Wenn du auch den ganzen Tag das Fenster auf Kipp hast… Eine Fliege ist definitiv drinnen…hier irgendwo. Das weißt du ganz genau. Eine fette, glänzende Fliege…

Und das Ausziehen bringt auf Dauer auch nichts. Denn schon bald musst du Nießen, weil es zu kalt wird. Das ist eben die Scheiße an Deutschland. Hier kann man noch nicht mal im Sommer nackt schlafen, weil man dann morgens mit einer Erkältung aufwacht. Aber mit Klamotten geht auch nicht, weil das zu heiß ist…

Es bringt alles nichts.

Du jagst einer Illusion hinterher. Wie man es dreht und wendet

Du kratzt einer Illusion hinterher

Holst dir nur einen blutigen Penis


Und dann nachts – als du endlich eingeschlafen bist – hast du sogar noch einen Alptraum