Dienstag, 19. Juli 2016

Ryanair












Beim Einchecken steht eine spanische Familie mit zwei Kindern vor mir. Die eine Tochter, die bestimmt schon 16, 17 ist, klammert sich voll stark an den Vater, der gar nichts von seiner faltigen Frau wissen will. Jesús, sagt sie zu ihm. Jesús. Sie sagt irgendwas, was ich nicht verstehe. Sie drängt sich richtig an ihn mit ihren kleinen Tittchen. Papi. Süß. Ich starre sie voll an. Hoffentlich merkt ihr Vater nichts. Oder ihre Mutter. Du musst dich konzentrieren. Larson. Die liebt ihren Vater voll, küsst ihn auf die Backe.


Im Flugzeug sind die Sitze nicht nummeriert, obwohl auf den Boarding Cards Nummern drauf sind. Also habe ich Reihe 51 komplett umsonst gesucht. Ich dachte auch schon, komisch, Reihe 51? Wo es doch hier nur bis 25 geht. Wir können uns irgendwo hinsetzen. Egal wo, sagt die Stewardess.
„Komm Nadine, schnell! Einen Dreier!“ Einen flotten Dreier, Nadine.
Wir finden drei Sitze ungefähr in der Mitte des Flugzeugs. Direkt an der Tragfläche. Die sieht so dünn aus, keine Ahnung, wie die das Flugzeug in der Luft hält. Egal. Ich setz mich eh nicht ans Fenster.

„María, du kannst dich gerne ans Fenster setzen.“

„Jaaaa!“

Nadine setzt sich in die Mitte. Sie lacht mich an, zeigt ihre Zähne, guckt nervös.
Ich sitze ganz außen, am Gang. Das sieht hier alles schon ziemlich dürftig aus, bei Ryan Air. Keine Zeitungen, keine Netze an der Rückseite der Sitze. Nichts. Und dieses komische Blau der Sitze macht die Dinge auch nicht besser.

„Meinst du, das ist Leder?“ frage ich Nadine.

„Bestimmt.“

Bestimmt nicht.

Das Einzige was da ist, sind die Sicherheitshinweise.

Safety information

Und die sind tatsächlich lesenswert, bei Ryan Air. Beziehungsweise die Bildchen sind sehenswert. Lustig sogar. Denn auf dem Bild mit der Notrutsche ist eine Frau zu sehen, die vom Flugzeug weglaufen soll, aber aussieht, als würde sie gerade Joggen. Mit dieser typischen Armhaltung, die Jogger so haben, wenn sie die Ellbogen vor dem Körper anwinkeln und sich voll und ganz auf das Laufen konzentrieren. Die finde ich immer wieder lustig, diese Frau, jedes Mal, wenn ich mit Ryanair fliege, keine Ahnung warum, wie sie so locker vom gerade abgestürzten oder gewasserten Flugzeug wegjoggt, fast schon an ihm vorbeijoggt. Das ist die richtige Einstellung! Immer cool bleiben. Das hat was!

„Guck mal raus, Papa“, sagt María plötzlich.

„Lieber nicht. Das sieht

hoch aus. Und wacklig. Scheiße, die Tragfläche bewegt sich ja. Scheiße, die Tragfläche brennt ja. Scheiße, das Triebwerk ist gerade abgefallen.

„Ist das eigentlich Glas?“

„Bestimmt. Guck mal, das ist ja ne doppelte Scheibe. Das ist ja‘n Loch drin. Sonst würde ja auch der Druck in der Kabine abfallen…“ Dann würden die Masken runterkommen und ich müsste die mir zuerst aufsetzen. Und wenn ich das dann nicht mehr schaffen würde, würdest du keine bekommen. Bei Nadine würd das nix machen.

„Guck mal, hier spielen auch welche Gameboy!“

„Mmh. Sehe ich.“


In der Luft sage ich irgendwann leicht nervös zu ihr: „Absturz, María, Absturz! Hahaha.“

„Haha, Papa. Haha.“