Mittwoch, 27. Juli 2016

E-Mail von ihm









Überwältigt von der unerwarteten E-Mail seiner Tochter aus dem Urlaub, antwortet er natürlich direkt. Keine zwei Tage später (ich hab die nicht gesehen, die E-Mail, wirklich, ich war so mit dem Terror beschäftigt…außerdem hatte ich Angst, das Postfach zu öffnen und feststellen zu müssen, dass sie mir gar nicht (buhuuu!!!) geschrieben hat, dass sie mich einfach vergessen hat…). Also macht er sich direkt daran, eine Antwort zu verfassen.

Fehler!

Großer Fehler!

Viel zu schnell!

So weiß sie direkt, dass er verzweifelt ist…wie verzweifelt er ist…dass er kein eigenes Leben hat.

Hat er ja auch nicht.

Dass er Angst hat, sie zu verlieren, sie auch noch zu verlieren, nachdem schon ihre Mutter gegangen ist...

Hat er ja auch.

Aber das musst du, äh, er ihr ja auch nicht auf die Nase binden, oder?!

Er schreibt: Wann genau bist du denn wieder zurück? Schon am Freitag? Oder erst - wie ich befürchte - am 30.? Habe dich vermisst - beim Einkaufen besonders!

Natürlich will er – nachdem sie zwei ganze Wochen weg war direkt Zeit mit ihr verbringen. Und nicht  erst am Montag. Obwohl er genau weiß, dass er am Wochenende arbeitet.

Aber am Sonntag nicht.

Man muss das Wechselmodell ja nicht so bierernst nehmen, oder?! So am Wochenende mit ihr Laufen gehen, das wär doch nicht schlecht (obwohl die dich tötet, beim Laufen!). Außerdem hab ich ja auch nichts gesagt, als ihre Mutter sie für zwei Wochen nach Griechenland entführt hat. Zu den Griechen und ihren komischen Vorlieben. Den alten Knabenführern (boah, klingt das faschistisch, „Knabenführer“!), Erfindern der Päd…agogik. Ihre Mutter hat sie ja jetzt zwei Wochen gesehen. Da kann sie ja die nächsten vier Werktage (wie regulär!) + das Wochenende bei mir sein. Schließlich hab ich sie ja geschlagene zwei Wochen nicht gesehen…

(Wahrscheinlich hat sie auf keinen von beiden mehr Bock, aber das kann sie sich halt nicht aussuchen, da muss sie jetzt durch – nur zur Erinnerung: ihre Mutter wollte die Trennung/Scheidung, nicht ich!)

Ist das „wie ich befürchte“ nicht süß. Ein bisschen gestelzt, aber doch süß.

Oder doch ein weiterer Marker seiner Unlockerheit, Uncoolheit, seiner…Verzweiflung…seiner Angststörung…haha?!

Genauso süß wie das „hab dich vermisst“. Da hast du dich mal wieder selbst übertroffen! Ich bin begeistert!

Aber findet eine 17-Jährige das cool, so was von ihrem Vater zu hören?!

Aber er hat ja direkt ein cooles, nonchalantes, lockeres, witziges, fast schon hippes „besonders beim Einkaufen“ angefügt.

Wie soll sie denn das verstehen, dass er sie besonders beim Einkaufen vermisst hat? Sonst nicht?! Sonst etwa nicht?! Und überhaupt: Warum besonders beim Einkaufen. Sowas sagt man doch einem Teenager nicht


Ach, scheiß doch drauf