Montag, 28. März 2016

Weißt du, woran du merkst, dass du über sie hinweg bist?







Weißt du, woran du merkst, dass du über sie hinweg bist?


Wenn du beim Pinkeln denkst: Geil, morgen ist ihr Geburtstag. Gut, dass ich ihr kein Geschenk mehr kaufen muss. Da hab ich wenigstens Geld spart.





Und schon der nächste Gedanke ist: Geld, dass du bei der Scheidung wieder verlierst…




Ist das Leben nicht wunderbar, so ohne sie.

Sonntag, 27. März 2016

Würstchen, Waxing und Wichsen an einem Ostersonntag










Heute ist sein freier Tag

(kann nicht jemand krank werden oder sterben, auf seiner Arbeit – er will ja arbeiten. Alles ist besser als das!!!)

Er will nicht aufwachen, aber er tut es trotzdem, irgendwann. Irgendwann um 9:24. An einem Sonntagmorgen. Noch schlimmer: An einem Ostersonntagmorgen. An dem sogar Jesus keinen Bock mehr hatte. An dem sogar Jesus gestorben wäre. Kein Witz.

„Spotte nicht!“ würde seine Mutter jetzt sagen. Das war ihr Standardspruch in solchen Situationen. Sie hatte vor nichts Respekt, am wenigsten vor ihrem Mann oder ihren Kindern, aber vor Gott

Konstrukte sind ihr eben heilig; deswegen hat sie ja auch früh einen Versorger (meinen Vater) geheiratet und ist bis heute unglücklich mit ihm verheiratet.

Kein Witz! Das ist wirklich überhaupt nicht lustig

Er will nicht aufstehen, aber er muss. Aber nicht unbedingt gerade jetzt, oder?!

Aber wat muss, dat muss.

Irgendwann stehen wir alle auf. Irgendwann müssen wir alle aufstehen. Und legen uns wieder hin. Direkt danach.

Nur um bald schon wieder aufwachen zu müssen. Scheiße, jetzt kann ich es echt nicht mehr hinauszögern.

Wat muss, dat muss.

Also mache ich, äh, er meine ich natürlich, den Fernseher an.

Zappe von einem Programm zum anderen.

Bleibt am Ende doch bei RTL hängen. Bei diesem Collegefilm.  Zuerst will er ihn gar nicht gucken, dafür ist er wirklich zu alt und weiß Gott zu desillusioniert, schaltet weiter, aber dann schaltet er wieder zurück. Besser als gar nichts. Das Motto seines letzten Lebensjahres! Besser als gar nichts. Weniger als gar nichts.

Der Film ist zuckersüß und überzeugt ihn fast davon, dass er noch immer – trotz Trennung, Betrug und Armut – noch immer ein Romantiker ist, dass er seine Frau noch immer liebt, dass er sie zurückhaben kann, wenn er nur will…

...und jetzt wird’s gefährlich!

Der Film handelt von einem echten dänischen Prinzen, der um der Verantwortung seiner bevorstehenden Thronnachfolge nach Amerika flüchtet, wo er wie ein ganz normaler Student aufs College geht. Sich verliebt, in eine ganz normale Amerikanerin, deren Eltern ehrliche Farmer sind. Ein Mann wird.

Wie sie ihm in der Bibliothek die Hand gibt, heimlich unterm Tisch und ihn dann in der Bibliothek hinters Regal zerrt, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Zu entkleiden.

Das hat mich so an Concha erinnert, wie ich sie damals berührt habe, immer wieder, ihr in der Bibliothek unter den Pullover gegangen bin. Mich nicht auf das Lernen konzentrieren konnte. Damals in Aberdeen.

Während mich das Ende des Films – sie geht mit ihm nach Dänemark, wird fast Königin, verlässt ihn, weil sie dem Druck nicht gewachsen ist, aber er taucht auf ihrer Abschlussfeier an der Uni auf, um sie sich zurückzuholen – wiederum an meine jetzige Situation mit Nadine erinnert. Nämlich daran, dass man immer eine Chance hat. Selbst ich. Selbst, wenn man den Tag eigentlich dafür nutzen wollte, um die Unterlagen für die Scheidung zusammenzusuchen. Und für die ganze andere Papierkramscheiße, die Gott einem in dem Weg gelegt hat, damit das Leben bloß nicht an Würze verliert…Krankenversicherungen, Mitgliedschaften, Rückforderungen…wir wollen ja nicht ins Detail gehen.

Selbst du hast noch eine Chance, denkt er. Selbst du. Wenn nicht bei Nadine, dann vielleicht…

Ach, leck mich doch!

Jetzt erst mal was essen. Um die Leere zu füllen, die nach dem Film entstanden ist.

Er geht in Unterhose in die Küche auf der anderen Seite des Hausflur, wo sich die Küche befindet. Wenn ihn jetzt sein Vermieter erwischt. In durchgewichster Unterhose. Sein Vermieter mit der Sherlock-Mütze. Und den Panda-Augenrändern. Dann hat er ein Problem. Dann drückt er seinen Arsch am besten ganz eng an die Wand (nein, natürlich nicht den seines Vermieters!). Und robbt sich so bis zur Küche durch. Die im Gegensatz zu seinem Schlafzimmer vermietervorzeigbar ist.

Aber nichts passiert. Wie immer.

Er isst 3 Knäckebrotschnitten mit Käse (wie lecker und gesund zugleich). Mit dem Frischkäse, den ihm seine Tochter übrig gelassen hat und über den er sich letzte Woche (hey, Scheiße, es ist noch immer diese Woche) noch so lustig gemacht hat.

„Du isst Frischkäse??!! Was ist das denn??? Frischkäse??? Hab ich auch, aber unter meinen Füßen!“

Aber das reicht ihm nicht. Natürlich nicht. Er will mehr, er will immer mehr.

Also trinkt er die Gemüsebrühe, die er sich gestern gemacht hat. Mit Zwiebeln und Knoblauchstückchen. Muss aber zu seinem Verdruss feststellen, dass die Knoblauchstückchen über Nacht leicht grün geworden sind. Scheiße. Die können doch nicht über Nacht geschimmelt sein?! Aber was ist das dann? Also schüttelt er die Brühe weg.

Zum Glück hat er ja noch Bratwürstchen!

Gesundes kann er schließlich noch essen, wenn er tot ist.

Und während die beiden Rostbratwürstchen vom Aldi in der Pfanne so vor sich hinbraten, in der Pfanne langsam braun werden, versucht er die Wartezeit zu überbrücken, indem er sich einen runterholt. Mit Hilfe von YouTube-Videos! Ein schier unmögliches Unterfangen.

Er guckt YouTube-Videos, weil er Angst vor echten Pornoseiten hat. Obwohl er keine Frau mehr hat, die sich über eine Porno-Abmahnung aufregen könnte.

Aber Geld hat er auch keins.

Und Ärger hat er eh schon genug. Mehr als genug.

Zuerst guckt er dieses Depilationsvideo. Mit dieser leicht osteuropäisch anmutenden Frau, bei der er sich immer fragt, warum sie bei der Depilation ihrer Muschi, Scheide usw. komplett nackt sein muss. Obwohl sie gar nicht so viel Holz vor der Hütte hat. Aber dafür schöne, kleine, wenigstens authentische Titten. Die lässt sich die Muschi – wie gesagt – depilieren… Und das Arschloch. Ihre Muschi sieht depiliert aus wie…

keine Ahnung. Eine Pflanze? Eine Fleischpflanze? Ja, das ist es. Eine Fleischpflanze. Oder noch besser: Ein Gemüse. Ein fleischiges, wulstiges Gemüse, das depiliert wird.

Nicht gerade antörnend. Aber alles, was ich habe. Wenn ich nicht wehklagende Asiatinnen gucken will, bei denen man eh nichts sieht. Und auf YouTube noch weniger. Und obendrein noch verpixelt. Boah, ich liebe die GEMA.

Bah, die hat einen komischen roten Fleck neben der Muschi…

Echt nicht antörnend. Also springe ich nach vorne, zu ihrem Arschloch. Wenigstens ist das geil. Arschlöchig eben. Das sieht nicht aus wie ein Gemüse. Dafür aber wie ein Arschloch. Anziehend. Obwohl: Eigentlich soll es ja ausstoßen. Scheiße. Genau das.

Näh, das ist auch nix.

Am Ende wird er doch noch fündig, findet einen französischen Film (wie sollte es auch anders sein?!), in dem eine halbwegs gut aussehende, halbwegs junge Brünette mit halbwegs großen Titten einem Typen in die Hose geht, seinen kleinen (!) Penis rausholt und ihm einen bläst. Hey, der ist fast noch kleiner als deiner.

Kleiner als deiner…

Aber da er alle paar Minuten nach den Würstchen gucken muss und die Französin auch sonst nicht viel anderes macht, kommt es nicht zum Vollzug.

Zur vollendeten Onanie, haha. Zur formvollendeten Onanie, du Wichser, du!

Scheiße, jetzt ist der Moment vorbei, denkt er und gibt schließlich auf. Und der Kleine begibt sich wieder in seine Höhle. Der kleine Hamster ist wieder in seinen Bau zurückgekrochen… (klingt wie aus einem Tierfilm im Fernsehen – auf YouTube!). Scheiße.

Am Ende sind die Würstchen fertig und er ist immer noch nicht gekommen. Also lässt er die arme Wurst zwischen seinen Beinen einen Moment lang los und isst die Würstchen auf seinem Teller. Während das osteuropäische Video auf dem Laptop weiterläuft. Er isst Würstchen und holt sich einen runter. Die Würstchen sehen auf wie Penisse. Zwei Penisse, die auf dem Teller liegen. Gebraten. Geil, ne?! Was macht das dann aus mir, wenn ich da reinbeiße?

Eigentlich hat er sich heute Morgen ja schon einen runtergeholt. Aber der gilt nicht. Der war irgendwann im Halbschlaf. Er ist noch nicht mal zum Klo gegangen, um sich den Schmodder abzuwischen. Daran sieht man entweder wie im Halbschlaf er noch war…oder wie faul er ist. Suchen Sie sich eins von beidem aus. Mir doch egal. Also doch eher faul? Oder gleichgültig. Egal. Sag ich ja.

Ja, Mann, ich hab mir schon einen runtergeholt. Wobei ich mir vorgestellt habe, wie…ach Scheiße, das sage ich jetzt besser nicht. Das wie schon. Das wer besser nicht. Nur so viel: Sie ist nicht unter 18.

Sondern knapp darüber. Aber wenn ich Ihnen sage, wer es ist, krieg ich nächste Woche die Eier abgeschnitten. Entweder symbolisch oder vielleicht auch in echt.

In Echtzeit.

Auf jeden Fall hab ich mir vage und ein bisschen trüb vorgestellt, wie sie morgens duschen geht – nachdem alle aus dem Haus sind. Sie geht duschen und ich helfe ihr beim Ausziehen. Nein, zu offensichtlich. Würd die nie machen. sie geht duschen und zeigt mir vorher ihre Titten. Oder danach? Keine Ahnung. Würd die glaub ich auch nicht machen, aber ich muss jetzt irgendwann mal kommen. Sie geht Duschen, kommt danach in mein Schlaf-/Wohnzimmer, das sie praktischerweise auf dem Weg ins Bad durchqueren muss. Setzt sich brav auf mein Bett, holt ihre dicken weißen Titten raus…ihre prallen, schneeweißen Titten.

heißer, heißer
(das ist doch kein Topfschlagen hier!)

Du ziehst sie zu dir aufs Bett siehst ihre nackte, rasierte, depilierte, komplett haarfreie Muschi unter dir und dringst in sie ein…

Irgendwie so muss es gewesen sein.

Vor deinem inneren Auge natürlich nur.

Nicht in echt.

In echt hast du damals lediglich ihre Unterhose gesucht und gefunden und dann daran geschnüffelt

die war nicht sexy, aber dafür umso sexyer

das war voll aufregend, deine Frau hätte jede Minute durch die Tür kommen können und dich mit der Unterhose auf deinem Gesicht – oder an noch eindeutigeren Stellen – in eurem Ehebett auffinden können.

„Er hat mich mit einem Slip betrogen! Noch nicht mal mit einer richtigen Frau, der Versager! Der Loser!“

fliederfarben glaub ich

und diese Erinnerungen bringen mich dann am Ende doch dazu im Halbschlaf zu kommen und gleich darauf wieder in den Tiefschlaf zu verfallen.

…till human voices wake us and we drown…

Aber mich weckt ein Collegefilm auf. Wie schon gesagt.

Außer vielleicht, um nicht verletzt zu werden. Von Leute wie uns. Und sie gibt nicht vor, jemand zu ein, der sie nicht ist.

Hollywood macht es sich so einfach.

Oder tut es das wirklich. Oder gibt es doch einen wahren Kern hinter dem ganzen Bombast.

Leck mich am Arsch, ich hab heute frei (obwohl ich es wirklich lieber hätte, wenn ein Kollege krank oder sterben würde – oder beides eben): Bitte keine Philosophie, keine tiefschürfenden Gedanken

Lasst uns lieber YouTube-Pseudoporno-Videos gucken. Mit Asiatinnen, die komisch jammern und klagen und abgeklärten Französinnen, denen langweilig ist und spritzigen, geilen, sexlustigen Italienerinnen.

Aber der Moment ist vorbei. Alles ist vorbei

Auch dieser Post

Also: Guten Morgen, Leser (wenn es dich überhaupt gibt)


warum willst du normal sein. Will ich ja gar nicht. Vielleicht findet jemand einen Weg und rettet uns.


Wir haben einen natürlichen


Du musst im Leben nur einen Menschen finden, der genauso normal ist wie du


Wenn du jemanden liebst, gib ihn frei. Wenn du ihm nachstellen musst, war er wahrscheinlich wirklich nicht für dich bestimmt.


Und jetzt: Leck mich am Arsch! Leckt mich endlich am Arsch! Diesmal endgültig! Für heute zumindest! Lebt euer Leben! Esst Würstchen, die aussehen wie Penisse! Hole euch einen runter! Aber bitte nicht mit Hilfe von Abmahnseiten!






Freitag, 25. März 2016

Fieses Fernsehprogramm










María und ich sitzen gemeinsam vor dem Fernseher. Sie will heute Dirty Dancing gucken. Horror. Titanic hab ich schon erfolgreich abgewürgt. Abwürgen ist hier fast wörtlich zu nehmen.

„Keine Liebesfilme, bitte.“

„Doch, der ist voll schön!“

„Neiiiinnnnn!“

Horror.

„Dann höre ich spanischen Fußball. Hast du eins von diesen Schlafteilen…die man über die Augen zieht. Dann muss ich nicht hingucken.“

„Nein.“

Sie lacht.

„Scheiße.“

Dann muss ich den ja gucken. Zwar ohne Ton, aber trotzdem…

Scheiß.

„Ich hasse Liebesfilme. Du hast auch nicht den Scheidungsfilm mit mir geguckt. Letztens den. Den ich ausgeliehen hatte.“

Sie sagt nichts. Ist auch besser so.

„Ok. Dann gucken wir den. Weißt du eigentlich, dass ich den in deinem Alter auch geguckt hab.“

Und an Sara gedacht. Die Peruanerin mit den dicken…Titten. Die hätte ich mal heiraten. Anstatt deine Mutter. Aber dann gäb es dich nicht. Das wär also auch nicht so toll. Siehst du: Egal, wie ich es drehe und wende, deine Mutter gewinnt immer.

„Vielleicht guck ich den auch nicht.“

„Ja, hoffentlich. Hoffentlich nicht.“

Aber direkt meldet sich mein schlechtes Gewissen wieder. Lass sie doch den Film gucken. Sie tanzt doch auch.

„Ok. Der ist bestimmt voll schön für jemanden, der tanzt.“

„Ja.“

Heute ist Karfreitag. Und auf einmal bin ich voll traurig. So total traurig. Weil Nadine nicht hier ist. Weil ich nicht mit ihr zusammen bin. Nicht mehr mit ihr zusammen bin. Nie mehr. Ich zocke Solitär, höre spanisches Radio und muss echt fast heulen, vor dem Bildschirm. So schlimm ist es. Wie hat das diese Amerikanerin auf Twitter noch mal gesagt? Die, die mich geblockt hat. Die Trauer hat kein Verfallsdatum. Meine sowieso nicht.

„Die hatte auch dickere Titten als deine Mutter.“

„Das wollte ich jetzt auch wissen. Wieso sagst du mir so einen Scheiß?“

Ok, Tschuldigung.

Einen Moment lang halte ich die Klappe. Dann sagt sie:
„Hamme noch Knäckebrot?“

„Ja, aber ich hatte ja darauf spekuliert, dass du mir ein paar Scheiben übrig lässt.“

Sonst muss ich hungern. Ich bin arm, María. Das musst du bedenken. Deine Mutter hat Häuser und Ländereien in Ecuador. Die ihr meine Anwältin noch nicht mal abnehmen kann…so eine Scheiße.

„Machst du mir auch ein Knäckebrot?“

„Nein! Lass es da! Für morgen.“

„Ham wir noch Milch? Boah, Scheiße, ich muss mir eine Kondensmilch auf der Arbeit klauen.“

„Letztens war ich versucht, mir einen Putzlappen auf der Arbeit zu klauen. Meinst du, die hat die abgezählt, die Putzlappen. Die Gisela, die Putzfrau bei mir auf der Arbeit.“

Im Fernsehen läuft auf RTL ein Bericht über Blogger und Twitterer, die berühmt geworden sind. Sylvie van der Vaart zum Beispiel.

„Häh? War die nicht schon vorher berühmt?“

„Ich find die voll schön“, sagt María.

„Boah, die ist so schrecklich. Die sieht voll nicht gut aus. Wenn die nicht diesen Akzent hätte, wär die hundertpro nicht berühmt.“

„Ich find die voll schön.“

„Wenn Rudi Carrell nicht gestorben wär, wär die nie berühmt geworden.“

Die reden über Hashtags.

Ich spreche das Wort Hash extra deutsch aus, sage: „Haha, der Haschtag.“

„Haschtag?“ Sie guckt mich fragend an.

„Wann ist dein Haschtag?“


„Musst du mal die in deiner Klasse fragen.“

„Oh Gott!“

„Was?“

„Da ist Sami Slimani, der Schwule.“

„Ist der schwul?“

„Nein, aber der kommt so rüber. Der ist voll lustig. Die ganze Familie ist so…“

wie, schwul?


„Da ist Bibis Beauty Palace. Die guck ich.“

„Guckst du die regelmäßig.“

„Ja.“



„Sag mal der Oma, wenn du mit dir einkaufen gehst, die sollen mir das Fahrrad vorbeibringen.“


„Gehst du mit denen einkaufen? Gehst du wirklich mit denen einkaufen.“

„Mal gucken…“

„Würd ich nicht machen. Die entführen dich dann. Und sperren dich in den Atombunker-Keller ein.“

Dann bist du…

„Bestimmt!“

„Du musst die erpressen. Du musst sagen: Ich komme nur mit, wenn ihr meinem Papa das Fahrrad vorbeibringt.“

„Richtig erpressen kannst du ja nur mich.“

Sie lächelt.

„Sobald die Schließanlage unten ist, hast du keine Chance mehr. Im Auto.“

„Hast du gefurzt?“

„Nein.“

„Ja, wem ist der denn dann aus dem Arsch gekrochen. Wir sind die Einzigen hier.“

Sie guckt zu mir rüber, guckt mich an.

„Ja, weiß ich nicht. Aber nicht mir.“

Eigentlich kann es ja nur sie sein. Denn außer mir ist hier niemand. Und mir ist der nicht aus dem Arsch gekrochen. Das wüsste ich nämlich… Aber egal.

Auf dem Bildschirm ist eine Frau mit rosafarbenen Haaren zu sehen. Sieht eigentlich gar nicht mal schlecht aus. Ein bisschen so wie eine Latina… Ein schönes Gesicht, leicht braun…

„Die sieht Scheiße aus mit diesen Haaren“, sagt María.

„Nein, die sieht voll sexy aus, mit rosa Haaren.“

Die würde ich auch…äh…bumsen. Vögeln. Schnackseln. In die Büsche ziehen.

„Die hat schon drei Millionen Abonnenten.“

„Ich auch. Fast.“

Haha. Keinen hast du. Aber das sagst du ihr doch nicht.

„Boah, ich freu mich schon auf den Kuchen morgen. Und die Würstchen. Kuchen und Würstchen zum Frühstück.“

„Boah!“

Ja, ich weiß, ich bin depressiv. Ich weiß. Wie Schokolade zum Frühstück. Hey, kriegt die den in dem Film, oder dem Buch, nicht am Ende zurück. Oder kriegt die den zum ersten Mal? Keine Ahnung.

„Boah, ich esse gleich Haferflocken so. So verzweifelt bin ich!“

„Bah!“

„Hol mir mal die Haferflocken.“

„Was willst du denn?! Steh doch selber auf…das ist so Hammer, das Video.“

„Welches Video?“

„Ein Tanzvideo.“

Boah, geil, Tanzen…

Du tanzt so wie du fickst. Ich ficke gar nicht. Natürlich tanze ich auch nicht. Oder ne: Das war andersrum. Du fickst so wie du tanzst. Ach, scheiß doch drauf.


„Warum rede ich dauernd von Essen. Ich hab auch ne Essstörung. Ich bin das Gegenteil von magersüchtig.“

Dann kommen auch noch die Geißens.

„Boah, die nerven so“, sagt Mari.

„Robääärt“, mache ich die alte Geiß nach.

„Gleich kommt Dirty Dancing, freust du dich schon.“

Boah, ey.

„Ich denk, du wolltest nix mehr sagen.“


„Boah, leck mich am Arsch.“

Dirty Dancing…“

„Karsamstag…“

„Jeder Sender sagt was anderes, wie das Wetter wird…“

„Hoffentlich wird’s schlecht. Sobald du hier raus bist. Morgen Nachmittag. Hoffentlich gibt’s dann Hagel, und Regen, und Schnee. Und am schlechtesten soll das Wetter am Dienstag werden. Da wünsch ich mir ein Erdbeben. Genau, das ist es! Ein Erdbeben! Aber nicht in Deutschland. In Ecuador. In Ambato.“ Ich richte mich auf, im Bett, falte die Hände, so als würde ich beten. „Bitte ein Erdbeben. Ein Riesenerdbeben am Dienstag…“

Das verhagelt ihr bestimmt den Geburtstag.

„Ich muss auf Klo.“


„Jetzt fängt’s an.“

Und schon erklingt die Dirty-Dancing-Musik. Scheiße…

„Oh, nein. Scheiße!“



„Den hab ich mit der Mama auch mal geguckt.“

„Boah, ich hasse diesen Film!“

Es war im Sommer 63. Alte nannten mich Baby.
Leck mich am Arsch. Baby, leck mich am Arsch. An meinem fetten, pickeligen, mittelaltrigen Arsch.

„Boah, ich hasse Tanzfilme.“

„Wieso hast du Tanzfilme?“

„Tanzfilme und Liebesfilme.“


„Weil Tanzfilme immer Liebesfilm sind.“


„Gibt’s keine Hardcore-Tanzfilme? Keine Horrortanzfilme…“


„Wo die sich gegenseitig tanzend umbringen…“

„Boah, ich liebe Tanzfilme. Kennst du Honey?“

Honey klingt auch so nach Liebe.“
Nur so ein bisschen. Doch, ich glaub schon…“

Ob ihre Mutter den auch guckt. Mit ihrem neuen Stecher. Der steckt ihr dann in der Mitte des Films einen rein. Eine Latte Macchiato. So wie ich damals. Als wir die Mafia-Filme geguckt haben. Aus Südamerika. Vorne und hinten. Ganz schnell fällt der Slip…

…und er flutscht in sie rein.

Bei dem ist sie auch feucht. Nicht, wie bei dir.

Mehr, mehr

Mehr Scheiß

…das die immer so widerlich angeben müssen…

„Recht hast du! Tänzer sind voll die Angeber!“

Bestimmt, weil die’s im Bett nicht bringen. Deswegen tanzen die die Frau vorher tot. Dann müssen die die nicht mehr fucken, hinterher. Dann ham die eine gute Ausrede. Weil die alle impotent sind. Impotente Wichser…Moment mal…wie können Wichser denn impotent sein? Ist das nicht ein Widerspruch an sich? Ach, scheiß doch drauf.

„…jetzt geht die zur Party.“


„Ich hol mir gleich ein Gyros.“

Schon wieder Essen. Leck mich am Arsch!

„Meinst du, der hat heute auf?“

„Was?“

„Der Gyros-Fritze.“

„Nö, ich glaub nicht.“

„Boah, am Montag hol ich mir so ein Gyros.


 „Wenn ich Trinkgeld kriege…“]

„Die ham versucht, den zu verklagen, den Knausgard. Der Onkel. Und die Frau hatte einen Nervenzusammenbruch…“


„…ich will auch mal einen Nervenzusammenbruch haben…“


„…ist mir nicht vergönnt.“

„Ich brauch ein Kissen.“

„Hol ich dir. Gleich, wenn ich zu Ende gezockt hab…“

Das kann noch dauern…

„Ich muss jetzt eh aufstehen…“

„Bring mir die Haferflocken mit. Und einen Löffel.“

„Die kannst du nicht so essen.“

„Doch. Egal.“

Sie holt sie mir wirklich und sagt: „Haferflocken ham viele Kohlenhydrate.“

„Egal.“

Sie ist so ein gutes Kind. Nur leider geschieden…äh…getrennt.

Auf dem Weg zurück fällt ihr das Glas runter, das sie auf die Bettkante gestellt hat. Das ich auf die Bettkante gestellt habe. Ich bleibe cool. Eiskalt. Das ist mein neues Ich. Eiskalt. Cool. Was soll ich auch sonst machen. Mit ihr schimpfen. Sie hat schließlich die Macht im Scheidungskrimi. Als Zünglein an der Waage. Als Kindlein an der Waage. Da kann ich mich wohl kaum mit ihr anlegen. Bin ja nicht verrückt.

Ich putze sogar den Boden für sie. Spiel den fürsorglichen Vater. Der ich ja auch bin. Und das hab ich davon. Ich wurde entsorgt. No More Mr. Nice Guy!

…für jedes Problem gibt es eine Lösung…

Dein Wort in Gottes Ohr!

Im Film redet Baby mit ihrem Vater über das Geld für die Abtreibung. Er gibt es ihr.

Die hatten noch Werte damals, in der Zeit, in der Dirty Dancing spielt. Da hat die Familie noch was gezählt. Heute ist das doch alles…

Boah, ich hör mich schon an wie…

Ist aber doch auch wahr…

Boah, dieser Film fuckt mich sowas von ab.

Wie Nadine mir damals versucht hat, Tanzen beizubringen. Am Anfang unserer Beziehung. Beziehung kommt von beziehen…Stellung beziehen, im Scheidungskrieg…eine neue Wohnung beziehen…ach, leckt mich doch…beziehen.

„Ich fand die voll sexy früher.“

„Ja?“

„Ja.“

„Die Blonde?“

„Die andere. Nicht die Blonde. Sehe ich so aus, als würde ich auf Blonde stehen?!“

Dann kommt die Werbung. Und die Vorschau für den Gladiator. Geil.

„Geil! Ich liebe diesen Film…“

Der verletzte Ehemann und Vater, dessen Frau ihn zwar nicht verlassen, sondern getötet wurde, aber…

Wie der alleine in die Arena geht und diesem Typen den Kopf abschlägt. Diese Wut. Wie der tötet…

Du willst so töten können. Haha.

„Geil. Den guck ich am Sonntag.“

Alleine. Wenn ich allein bin. Und ich bin wieder allein, allein…

„Zum Glück kommt der nicht heute, haha.“

„Den würdest du auch mögen.“

Sonntag…Scheiße, da bin ich alleine, den ganzen Tag. An einem Feiertag. Ohne Arbeit. Horror. The horror, the horror. Das Grauen, das Grauen.

„Da muss irgendjemand krank werden auf der Arbeit. Sonst sterbe ich, wenn ich Sonntag nicht arbeite…und alleine zu Hause bin…“


Am Ende setze ich mir die Kopfhörer auf und höre spanischen Fußball. Und sie guckt alleine. Neben mir zwar, aber alleine. Das ist nicht gut, das sollte ich nicht tun. Sie braucht auch Anerkennung, genau wie ich. Genau wie alle. In diesem Alter. Besonders in diesem Alter. Ich spiele Cossacks, mein Spiel, das ich schon seit Jahren spiele. Vielleicht ist daran meine Ehe kaputtgegangen. Ich höre nur ein Geräusch wie Nägelkauen. Immer wieder. Oder bilde ich mir das nur ein. Keine Ahnung. Warum sollte sie nervös sein.

Nachdem schon fast der gesamte Film gelaufen ist, nehme ich endlich die Kopfhörer ab und höre auf zu spielen.

Sie sagt: „Jetzt kommt das Finale.“

„Ok, ok.“

Wenn’s sein muss…Das muss ich gucken. Sie will auch, dass ich das gut finde, was sie gut findet. Sie will auch Anerkennung. Genau wie ich. Hoffentlich kriegt wenigstens sie sie. Wenn ich schon keine bekommen habe.

Und das Finale ist wirklich schön. Wie oft habe ich diesen Film gesehen. Tausendmal. Ich habe damals auch auf so ein Ende gehofft. Jetzt bin ich 39, fast geschieden, einsam und mit Billigjob. Ich wollte auch immer die Frauen haben, denen ich unentwegt in die Augen geguckt habe. Und bekam Nadine. Nach 19 Jahren. Meine erste und letzte Frau (wenn man mal von Concha absieht). Ich wollte auch wie Johnny sein. Der ist jetzt tot. Ich wollte auch dazugehören. Tat ich aber nicht. Genau wie Johnny.

„Boah, ich hab den so oft gesehen. Genau wie den Frühstücksclub. Den hab ich noch öfter geguckt. Das ist der Film aller Außenseiter. Also nicht deiner, María, den du bist ja keine Außenseiterin…“, lache ich. „Aber meiner. Mein Film. Ich war ein Außenseiter.“

Der gehofft hat, dass er wie Johnny die große Liebe findet. Oder irgendeine Liebe. Dabei ist dann mit 19 deine Mutter herausgekommen. Jetzt weiß ich, dass sie die große Liebe war. Jetzt, wo es zu spät ist.

Alle sind im Saal versammelt. Den Saal, den Johnny bald mit seinen Freunden stürmen wird. Um sein Recht einzufordern, den letzten Tanz zu haben.

Am Ende wird alles gut. Wie im wahren Leben. Johnny darf tanzen. Mit Baby. Ihr Vater sieht ein, dass er nicht für die Schwangerschaft der Blondine verantwortlich ist, entschuldigt sich bei ihm.

„Und alle sehen ein, dass sie einen Fehler gemacht haben… Wie schön. Wie im wahren Leben.“

María sagt nichts. Sie ist eh müde.

Im Film tanzt der schwarze Kellner mit, die Mutter von Baby sagt: „Das hat sie von mir.“

„Das ist gut…wo die Mutter das sagt. Von wem auch sonst“, sage ich. Wie ein Idiot. Ein imbécil.

Du kannst gar nicht hingucken, denkst nur an Taylor Swift, wie sie Never grow up singt. Aber du bist auch nicht so schnell erwachsen geworden. Das war nicht das Problem. Am Ende werden wir alle erwachsen, ob es mit 25 oder mit 39 passiert, es passiert. Es passiert sowieso. Da kann man nichts machen. Da kann man nichts dran ändern. Egal, wie sehr man sich dagegen wehrt. Am Ende werden wir alle erwachsen.

„Und, freust du dich schon auf deinen Geburtstag morgen? Dann bist du 17“ Schon 17. Fast erwachsen. „In 1 ½ Stunden bist du 17…eigentlich bist du ja um zwölf geboren. Ich weiß das noch. Ich hatte dich als Erster…ich hab dich als Erster auf den Arm genommen, haha.“


„…nachdem die dich gewaschen hatten…ich war voll geschockt… Ich, Vater? Aber es war schön. Du warst schön
bist schön