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Sonntag, 28. Januar 2018

Atomkrieg, Bob Dylan und Selbstmord














Nachts fährt mich mein Kollege Sascha zum Bahnhof. Ich mag Sascha und Sascha mich glaub ich auch. Wir unterhalten uns, wie immer:

„Hast du das von Hawaii gehört. Mit den falschen Alarmmeldungen… Wo die dachten, die werden mit Atomwaffen angegriffen…“

„Ja, krass, ne?!“

„Nur weil da einer aus Versehen auf den Knopf gekommen ist… Dass so was überhaupt möglich ist… Dass so was überhaupt von nur einer Person ausgelöst werden kann… Boah, ich wär so ausgetickt…“

Freitag, 7. Juli 2017

Schwarzer Blog (Kaffee, bitte!)













Eines Abends, alleine auf der Arbeit, fasst er einen unglaublichen Plan... Vielleicht ist es ja die späte Stunde oder seine in letzter Zeit fast schon chronische Übermüdung, die in dazu bringen. Vielleicht ist es aber auch seine Einsamkeit, abends alleine hier in der “Halle“, draußen ist es schon dunkel und im Fernsehen läuft die Berichterstattung über die linken Ausschreitungen des „schwarzen Blocks“ in Hamburg.“Welcome to hell“ lautet das Motto der teilweise vermummten Demonstranten und „Krawallmacher“, wie der Reporter sie nennt. Und anders als die meisten Kommentare auf Twitter steht er den Aktionen dieser „Chaoten“, „Zecken“ und „Autonomen“ nicht ganz s feindselig gegenüber. Extra twittert er selbst nichts: Denn so würde er sich nur den Zorn der rechtschaffenen, selbstgerechten und natürlich völlig gewaltfreien Gutmenschen zuziehen, die mal wieder auf den Gutmenschen-Zug aufspringen, obwohl dies ja eigentlich im Widerspruch zu ihrer linken Ideologie stehen sollte. Das ist schon komisch: Er selbst, der politisch eher nicht so weit links zu verorten ist, hat Verständnis für die Proteste. Man muss was gegen die Ungerechtigkeiten auf der Welt und in Deutschland tun… Und wer hat sich jemals von friedlichen Protesten umstimmen lassen…? Wir befinden uns hier alle viel zu sehr in einer riesigen nationalen Komfortzone. Endlich mal jemand, der zeigt, dass das deutsche Feuer noch nicht erloschen ist, dass wir nicht alle Teil dieses heuchlerischen Weltgewissens sind, zu dem Deutschland ideologisch verkommen zu sein scheint.

Es gibt noch Protest!

Es gibt wieder Protest…

…und das ist gut so!

Wir sind noch nicht alle eingeschläfert worden.

Wenn er jetzt in Hamburg wäre…
(…er würde sich irgendwo verkriechen, wo er sicher vor Polizei und Bekloppten ist…)
Protest gegen diese reichen Arschlöcher, die anderen alles wegnehmen…


Dann fällt ihm plötzlich etwas auf. Heute sitzt Yasir nicht dort, wo er sonst immer den ganzen Abend sitzt. An der kleinen Sitzgruppe am Eingang. Der geht ihm so auf die Eier, der Typ. Den ganzen Abend sitzt der da, spielt nicht (oder nur auf seinem Handy, was laut eigener Aussage 1000€ gekostet haben soll – ich bin begeistert!), starrt auf sein Handy, telefoniert auf Arabisch und setzt bei manchen Gesprächen ein so schmieriges, so ekelhaftes (das ist sein Lieblingswort auf Deutsch, „ekelhaft“) Lächeln auf, dass man gar nicht wissen will, was er da gerade sagt. Nein, nicht die Automaten beziehungsweise die Tatsache, dass sie dir nicht genug „geben“ sind „ekelhaft“, wie du es immer so falsch sagst, nein, DU bist es! Das geht mir so auf die Eier, dass ich jetzt jedes Mal, wenn der wieder in diesem unnachahmlichen harten und lauten arabischen Tonfall einen KAFFEE haben will, bis 30 zähle, bevor ich überhaupt aufstehe, um ihm einen zu machen. Was für ein Schmierer! Als Gott – oder in dem seinen Fall Allah – die Schmierigkeit, die Aalglattheit verteilt hat, hat Yasir bestimmt laut hier gerufen und Gott (oder Allah) war so erschrocken, dass er ihm gleichen den ganzen Kübel gegeben hat. Aber das reicht noch nicht: Diese kleinen passiv-aggressiven Boykott-Aktionen (ihn mit dem Kaffee warten lassen, ihm nicht Hallo oder Tschüss zu sagen, in seiner Anwesenheit fast permanent die Augen zu rollen) reichen ihm noch lange nicht. Besonders nach dem, was der letztens wieder vom Stapel gelassen hat, als er ihn gefragt hat, ob er Slainté kennt. Und dann denkt er daran, dass vielleicht genau dieser Kaffee, den Yasir so gerne so gebieterisch bei ihm ordert die Lösung seines Problems sein könnte. Denn die Leute hinter der Bar haben auch Macht, auch wenn die für den der letzte Dreck sein mögen. Die kann man auch nicht einfach so verarschen. Ungestraft.

Wie diese schottische Kellnerin aus Trainspotting, von Irvine Welsh, seinem Lieblingsschriftsteller. Die den zudringlichen englischen Jungs aus gutem Hause, die sie plump anmachen und sich an ihrer vermeintlichen Ohnmacht ergötzen, am Ende mehr von ihrem Körper zuführt als sie jemals zu hoffen gewagt hätten. Nämlich indem sie auf Toilette geht und ihren Tampon in die Suppe tunkt, die sie bestellt haben. Ihren Wein mit Pipi versetzt. Ganz zu schweigen von der brown sauce… Lecker, ne?! Ja, Leute wie du, die den ganzen Tag irgendwelche Arschlöcher bedienen, die ihnen nicht mal genug Trinkgeld dafür geben, haben auch Macht. Man muss sie sich nur nehmen. Macht kommt von machen. Wenn der das nächste Mal „Einen Kaffee, bitte…“ sagt, in einem Ton, der das „bitte“ komplett unnötig macht, dann…Ja dann…

Was dann? Was könntest du ihm denn da rein tun? Was könntest du denn da Schönes rein tun? Keine Ahnung…

…aber es ist ja noch eine halbe Woche, bis zu deinem nächsten Dienst…

…viel Zeit zum Nachdenken…

…der Fantasie freien Lauf zu lassen…

…damit es nicht nur bei Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen bleibt…

Immerhin ist das hier nicht Trainspotting…

sondern die REALITÄT, die harte deutsche Realität










Freitag, 28. Oktober 2016

Markus Lanz und die Wut auf das Establishment










  
Das Vertrauen ist weg, sagt der Typ im Fernsehen. In dieser Reportage über die aktuelle Lage im Amerika vor der Wahl.

Und das stimmt. Privat wie gesellschaftlich. Gesellschaftlich wie privat.



Fasziniert  hört er Lanz zu, wie er Amerika beschreibt. Lanz! Gibt es vielleicht doch noch eine Chance für die Ehrlichkeit? Eine neue Ehrlichkeit? Im Fernsehen, in der Gesellschaft. Er wartet sogar extra noch damit, die Automaten in der Spielhalle zu reinigen, um die Reportage sehen zu können.

Obama hat es geschafft…

…diese Wut unter Kontrolle zu halten…

…trotz aller Frustrationen…

…diese Wut über die herrschende Klasse...

…Zorn und Wut entladen sich auf der Straße…

…dieses Hippie-Leben und all das…

ist lange vorbei

…wenn Sie mit den Menschen sprechen…

…dann merkt man schnell wie viel Angst sie haben…

…sie fühlen sich so, als wäre das gesamte Wirtschaftssystem gegen sie…

…Überleben ist hier die Hauptbeschäftigung…

Viele Amerikaner fühlen sich im Stich gelassen von ihrer eigenen Regierung…


Irgendwann kippt das System, sagt die Börsenexpertin.

…die wissen, dass das gefährlich ist…

…was weg ist, ist das Vertrauen…

Das kannst du laut sagen…

…das Internet hat dazu beigetragen. Wir werden sehen, das Erwachen der Massen…

…sie sind besser informiert, die Masse realisiert diesen Abstand zwischen den
Schichten…

…nun brauchen wir wieder eine Reform…

…in den nächsten 8 bis 10 bis 12 Jahren müssen wir grundlegend etwas ändern…

…erschütterte die gesamt westliche Welt in ihrem Glauben und in ihren Werten…

Ist das noch ihr Amerika?

Ist das noch dein Deutschland?

Die Gründe für das Aufbegehren des Volkes bleiben bestehen…

Trump wächst mir ihrer Wut und ihren Ängsten...

Er denkt: Es ist einfacher, auch und besonders für Lanz, das an Amerika zu sehen als am eigenen Land. Diesen Unmut am Beispiel von Amerika aufzuzeigen als am eigenen Land…

…die machen sich nur die Taschen voll…

…unsere jetzigen Politiker sind nicht viel anders als…Diktatoren…

…aber wir haben zu viele Einwanderer hier in Amerika…

Und dann spielen sie dieses Lied. Das Johnny-Cash-Lied. Das Lied deiner Trennung. I hurt myself today....to see if I still feel…

Das Volk hat sich in Gewinner und Verlierer aufgeteilt…

…einen Hass auf die Profiteure des Systems haben…

…wenn wir die Spannungen ignorieren…

…es gibt Kräfte in der amerikanischen Politik, die sich gegen das Establishment stellen…

Sind sie enttäuscht? fragt Lanz das Rentnerpaar, das von einem Haus in eine Wohnung und von da in einen Wohnwagen ziehen musste…

Viele sind enttäuscht, sagt der Mann.

Ja, es ist hart…, stimmt die Frau ihm zu.


Und er denkt die ganze Zeit nur: Warum machen die das nicht in Deutschland? Warum gehen die nicht in den Osten, nach Dresden, nach Ost-Berlin? Und befragen da die Leute? Anstatt diesen Stellvertreterkrieg zu führen…

Die Amerikaner dürfen die Wahrheit sagen. Warum sie Trump wählen. Wir nicht…


…jegliche Unterstützung brach weg…

…zu nah vor der Haustür…

too close to the bone

…er ist ehrlich. Manchmal auch zu seinem Nachteil…

Kommt mir irgendwie bekannt vor… Woher kenne ich das bloß?!

Es ist alles nicht so abgesichert wie man mal dachte…








Sonntag, 2. Oktober 2016

Weltverbesserer, Wutbürger und das arme Deutschland










Es ist kurz vor neun. An einem Sonntag-Morgen. Draußen scheint die immer noch erstaunlich starke September-Sonne, obwohl die Unberechenbarkeit des Herbsts und die Kälte des Winters schon deutlich zu spüren sind. Besonders nachts. Wenn es dunkel wird…

Im Radio reden sie über Syrien. Wieder einmal. Die Medien sind förmlich besessen von Syrien und dem Nahen Osten (woran das wohl liegt?).

Irgendeinen Scheiß reden die. Wie immer. Ist ja auch egal, was die sagen, es ist ja eh immer das Gleiche. Und er denkt, wie er so in seinem 8,50€-Job sitzt (der streng genommen noch nicht mal begonnen hat – denn es ist ja noch nicht neun!); das heißt, er denkt es nicht nur, er sagt es sogar zu sich selbst (nicht laut, das darf man ja nicht), aber deutlich: Diese ganze Kacke von diesen Weltverbesserer-Arschfickern. Die Gutmenschen. Diesen verfickten Gutmenschen. Immer die gleiche Scheiße. Diese Wichser! Du kannst es nicht mehr hören. Das. Das kannst du nicht mehr hören, echt nicht mehr. Wahrscheinlich glauben die echt noch daran, dass man die Welt verbessern kann, während sie ihren Kaffee trinken, der von kolumbianischen Drogen-Rebellen gefördert wird, ihre Autos fahren, deren Benzin den Krieg in Syrien befeuert, ihren Fisch (wir essen fast nur noch Fisch, kein Fleisch!), wegen dem die Weltmeere überfischt sind… Diese ganze Scheiße, die die labern. Diese Leute. Die Gabriel García Marquez kurz vor dem Original lesen (100 Jahre Einsamkeit natürlich nur bis zum Ende des ersten Kapitels), die im Che Guevara am Samstagabend gepflegt ihren Mojito oder irgendeinen anderen viel zu teuren Cocktail schlürfen, die in ihrem WG-Zimmer ein Poster mit einem fallenden Soldaten und der ebenso simplen und effektiven wie naiven Aufschrift Why? hängen haben (Why? Because we fucking die, that’s why?) und in ihrer Freizeit Haschisch rauchen, das natürlich ganz ohne Ausbeutung, Gewalt und Terror in Pakistan von Biobauern nach europäischen Standards angebaut wurde. Wie dieser Tilo von damals, der bei ihm in der WG in der Altstadt (dem SZENEviertel in Bonn, leckt mich am Arsch!) gewohnt hat. Was für ein Arschloch! Der wollte auch die Welt verbessern, mit seinen langen, filzigen Haaren und seinen Drogen und seinem Scheiß.

Obwohl, angesichts der Leute, die hier rumlaufen, die man tagtäglich in Bus und Bahn sieht, muss man sich natürlich fragen: Gibt es solche Leute überhaupt noch, in Deutschland, oder sind sie eine Erfindung der Medien, der Lügenpresse und existieren gar nicht mehr??

Doch, es gibt sie noch! Spontan fällt ihm Herr Baden ein, von damals. Der war auch einer von denen, obwohl er es noch nicht wusste: „Dir geht es zu gut. Das ist das Problem.“ Sagt der Mann, der ein komplett neues, riesiges Smartphone auf dem Tisch dieser langweiligen, schwulen Weinbar in der teuren, noblen Bonner Südstadt liegen hat, in der er mit mir sitzt, um sich meine Probleme anzuhören. Der finanziell abgesichert ist. Der ein Haus in Oberdollendorf, einen Porsche, eine nette (treue) Ehefrau und nette Töchter hat, die allesamt gute Jobs haben… Der das hier nur als Hobby macht – nicht weil er muss.

Fangt doch erst mal an, die Probleme vor eurer Haustür zu lösen, ihr Arschlöcher! Oder ist das zu nah an euch?! Too close to the bone?! Zu real?! Nicht exotisch genug?!

Hier gibt es Leute, die nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen, jeden Monat wieder aufs Neue. Leute, die sich nicht nur abgehängt fühlen, sondern es auch sind, die zu alt, zu unqualifiziert, zu wenig verdienen, zu viele Abgaben zahlen müssen, zu arm sind, die zu viele (arme) Kinder haben (obwohl eins ja manchmal schon reicht…), zu alleinerziehend sind, die keine „bezahlbare“ Wohnung finden, obwohl sie doch so viele verschiedene Jobs haben (also  quasi multi-employed sind), die zu wenig Rente bekommen (obwohl sie ihr ganzes Leben lang gearbeitet oder Kinder erzogen haben), die kein Auto haben, kein Boot, kein Ferienhaus am Meer (noch nicht mal am beschissenen See!), die jeden Cent dreimal umdrehen, wenn mal wieder der Strom, die Heizkosten, die Krankenversicherung oder gleich alle drei zusammen ansteigen, die sich überlegen müssen, ob sie heute nicht mal auf den Latte verzichten sollten, weil ihr Konto schon wieder überzogen ist, weil sie Angst vor der Zukunft haben, die Schulden haben, die depressiv sind, einsam, verbittert, verknöchert, die keinen Spaß haben…und die vor allem keinen Bock mehr haben, sonntags morgens im Radio zu hören wie schlecht es der Welt geht. Und wie gut uns hier in Deutschland.

Und dann morgens unser Weltverbesserungs-Frühstücksfernsehen gucken und denken: Leck mich am Arsch, die reden mal wieder nur über…

Und sprechen es noch nicht mal laut aus, das was sie viel zu laut denken…obwohl sie alleine sind, ganz alleine, obwohl niemand sie hört, ihnen zuhört an diesem Sonntagmorgen. Weil man so etwas ja nicht sagen darf, in diesem Land. Nur hinter vorgehaltener Hand und in letzter Zeit gefühlt noch nicht mal das mehr. Seit die Öffentlich-Rechtlichen uns täglich sagen, was wir zu denken haben. Aber das russische Staatsfernsehen kritisieren... Donald Trump kritisieren… Die Bedingungen der Wanderarbeiter in China oder Minenarbeiter in Kolumbien kritisieren… Die bösen Ungarn kritisieren… Die Rechtspopulisten kritisieren… Ungesunde, fettige und süße Lebensmittel kritisieren… Dabei haben viele noch nicht mal eine Essstörung. Sie sind einfach nur arm und der Scheiß ist billig und füllt zumindest vorübergehend die Löcher in ihrer Seele.


Wie lange noch?!

Die kriegen ja auch davon nichts mit, die in Berlin, hat er letztens zu seinem Kollegen David aus dem Senegal gesagt. Der Christ ist und sagt, dass Deutschland ein Problem mit den Moslems hat. Dass Deutschland, ja sogar ganz Europa untergeht beziehungsweise sowieso schon so gut wie tot ist. Weil er das darf. Er ist ja schwarz. Da darf man das. Als Deutscher nicht. Also sind wir weiter arm. Weiter wütend. Und tun so als wären sie es nicht. Weil arm darf man nicht sein in diesem Deutschland. Unglücklich auch nicht. Wütend sowieso nicht. Rassistisch. Nein, denn…

Man darf noch nicht mal deutsch sein in diesem Deutschland. Muss sich für seine Nationalität immer noch schämen. Mehr als 70 Jahre nach dem Krieg. Man darf eigentlich gar nichts in Deutschland. Gar nichts sein. Am besten gar nicht erst (da)sein. Sonst kommt einen die Schwesig holen.


Armes Deutschland


Und wie auf Kommando läuft im Radio: Hör auf die Stimme! Hör, was sie sagt! Sie war immer da!

Und wenn du dann auf die Stimme hörst…