Montag, 18. Mai 2015

Wichsen und Wühlmäuse









18. Mai 2015


Heute habe ich mir sage und schreibe fünfmal einen runtergeholt. Vielleicht kommt mein Sexualtrieb ja wieder zurück. Vielleicht war er ja auch nie weg. Nur schockgefrostet. Hängt die an Liebeskummer leidende Präriewühlmaus an den Füßen auf und sie wird sich nicht wehren. Aber ab heute 5:45 wird zurückgewichst.








Sonntag, 17. Mai 2015



17.05.15





Hier sehen Sie, was meine Frau auf all meine SMS, Anrufe, Brief, E-Mails und andere exotischere Kontaktversuche bis heute geantwortet hat:



















































NO



































Wenn ich damals vor 17 Jahren in Ecuador genauso redselig gewesen wäre, bei unserer standesamtlichen Trauung in Ecuador, dann hätte aber jemand anders ganz schön doof aus der Wäsche geguckt.

...und wäre irgendwann über den Umweg über Spanien doch noch nach Deutschland gekommen...

...und hätte mich vielleicht genauso kennengelernt, in irgendeiner Latino-Disko.

...nur um mich Jahre später genauso eiskalt zu verlassen.




(Und nein, bevor sie das denken: Sie ist keine von diesen Katalog-Frauen aus dem Ausland. Ich hab sie in Deutschland kennen- und lieben gelernt habe und unsere Vorgeschichte mindestens genauso kompliziert wie unsere Trennung, glauben Sie mir das. Aber dazu vielleicht später mehr!)

Keep calm and fuck you!









Alle sagen mir, ich soll ruhig bleiben. Mein Vater, meine Mutter, meine Schwester, Herr Baden, alle. Wenn alle das sagen, denke ich, muss doch da was dran sein.

Ich finde diese Haltung beneidenswert. Immer die Ruhe zu bewahren.

Wirklich.

Wie ihr alle so ruhig seid, so cool bleibt, immer und überall, in allen Lagen und Situationen, das ist wahrlich beneidenswert.

Wirklich.

Angesichts eines Lebens, das unweigerlich im Tod endet und dir Stück für Stück alles nimmt, was du jemals lieb gewonnen hast, würde ich auch gerne ruhig bleiben, cool bleiben.

Genau wie ihr.


Oder seid ihr es in echt gar nicht? Oder tut ihr nur so, weil ihr euch daran labt, dass es mir schlechter geht und ihr euch so als stoische deutsche Buddhas präsentieren könnt, die immer ruhig bleiben, komme was wolle.

come hell or high water

Das frage ich mich, während um mich herum die Welt, die ich vor ein paar Monaten noch für selbstverständlich gehalten habe, zusammenbricht.

Und so bin ich auch in gewisser Weise ruhig. Fühlt ihr euch jetzt besser dadurch? Seid ihr ruhiger? Oder quält euch, wenn ihr meine Probleme nicht mehr habt, die Tatsache, dass man immer nur scheinbar ruhig bleiben kann, angesichts eines Lebens, das unweigerlich im Tod endet und in dem man am Ende alles verliert, was man irgendwann einmal geliebt hat.

Da lob ich mir Johnny Cash, der ganz einfach nur singt: Everyone I know goes away, in the end. Mit ganz ruhiger Stimme.

Keep calm and fuck you!







Liebeskummer









Wenn ich nachts aus der Spielhalle, in der ich als Aushilfe arbeite, nach Hause komme, fühle ich mich wie die mexikanische Prärie-Wühlmaus aus dem Liebeskummer-Experiment, wie sie abends in ihren leeren Bau zurückkehrt und das Weibchen nicht mehr da ist. Das ist jedes Mal das Gleiche. Das bedrückt mich so, dass ich, wenn ich ins Schlafzimmer komme, nachdem ich mich, nach einer langen Busfahrt, zehn Minuten mühsam den Berg hochgequält habe, nicht ihre beiden Füße unter der Decke hervorragen sehe. Liebeskummer ist das Schlimmste, was es gibt. Könnte man dieses Gefühl gezielt anwenden, dann wäre das bestimmt eine der bevorzugten Foltermethoden auf Guantanamo.

Ich will nicht nach Hause, ich kann nicht nach Hause. Ich bin so einsam.

Warum muss ich überhaupt noch nach Hause zurück? denke ich während der Bus mich meinem verlassenen Bau immer näher bringt. Denn anders als die Präriewühlmaus, die nach einem langen, abenteuerreichen Tag nichts ahnend in ihre Höhle zurückkehrt, weiß ich bereits im Voraus, was mich erwartet.

Nichts.

Ich will nicht mehr in diesem Bett schlafen. Diesem leeren, kalten Bett. Ich will ein neues Bett. Oder Marías. Obwohl ich weiß, dass das nichts bringen würde. Denn seit sie mich verlassen hat, ist die ganze Wohnung von den Erinnerungen unserer Liebe verseucht. All die Jahre.

Und sie interessiert das alles nichts, wie ich mich fühle. Nichts. Kein bisschen. Kein Stück. Und ich war über 19 Jahre ihr Mann, der Mann an ihrer Seite. Mit dem sie ihr Bett, ihr Leben geteilt hat. Wie kann sie so kalt sein? Wie kann sie nur so kalt sein?

Heute werde ich mich ganz sicher in den Schlaf heulen. Ich heule ja schon fast in der U-Bahn. Wie kann sie mir das antun? Warum? Okay, ich weiß, dass ich viel falsch gemacht habe. Ich kenne meine Fahler. Aber ist das ein Grund, mich so zu behandeln? Mich so abzuservieren? Von einem Tag auf den anderen?

Kann man denn wirklich nichts machen?

Kann man denn wirklich nichts mehr machen?

Außer die Kontaktsperre konsequent einzuhalten?

Zu beten?

Gibt es nichts, was ich tun kann? Wenn die Wohnung weg ist, bin ich auch weg.

Wer mir sowas antut, den lohnt es nicht zurückzugewinnen.

Und wieder kommt mir der Gedanke an Selbstmord. Das ist etwas, was ich nie tun werde, aber es tut so weh; nach Hause zu kommen und da ist niemand mehr. Niemand.

Ich will nicht mehr. So will ich nicht weiterleben. Das ist jetzt schon 2 1/2 Monate her. Und es wird und wird nicht einfacher. 2 1/2 Monate jeden Tag Schmerzen. Tränen. Stellen Sie sich das mal vor. Ich leide wie ein Hund.


Der Bus kurvt durch die dunkle Stadt und du sitzt da wie betäubt. Als hätte der irgendein Insekt jeglichen Lebenswillen ausgesaugt. Du erinnerst dich an dieses Facebook-Foto, was sie dir nicht gezeigt hat und wo sie an Karneval als Insekt verkleidet war.

Du kannst dich nicht töten, wegen einer Frau. Aber das Leben macht auch keinen Sinn mehr. Du liebst sie so sehr. Hast sie immer geliebt. Vielleicht war das dein Fehler.

Warum kann Gott mich nicht einfach sterben lassen? Oder die Tabletten, die ich nicht mehr nehme. Was hat er – wenn es ihn überhaupt gibt – noch mit mir vor, mit dieser leeren Hülle von Mensch, mit diesem leeren Fleischbehältnis?

Was soll das noch?

Es bringt doch nichts mehr.

Sie ist weg. Und was auch immer du tust oder lässt, sie wird nicht zurückkommen.

War das alles?

Aber ich hatte auch gute Zeiten mit ihr. Die Zeit ist so schnell vergangen und jetzt stehe ich kurz vor 40 auf einmal allein da. Von heute auf morgen. Ohne Erklärung.

Wie viele gute Jahre bleiben mir noch? Und wie viele von ihnen werde ich mit Trauerarbeit verbringen? Im Moment ist mein Leben vorbei. Ende. Aus. Der Nikolaus.

So einfach, und wie lange noch?

Bei mir dauert so etwas lange; ich weiß das. Weil ich in meiner Kindheit keine Liebe hatte.

Und dann bin ich irgendwann 50 und eh schon halb tot.

Warum nicht gleich? Das kann ich auch schneller haben.

Da muss ich nicht noch Jahre voller Trauer leben, voller leerer Hoffnungen, die sich nicht erfüllen. Nie erfüllen werden. Nie mehr.

Das macht doch keinen Sinn. Das wollte mir Betty damals erzählen, in Schottland, als sie mir beim Abendessen ohne Vorwarnung mitten ins Gesicht sagte: "Das Leben macht keinen Sinn". Und ich hab das für Quatsch gehalten. Ich kann einen liebgewonnenen Menschen nicht verlieren. Nicht einfach so. Ich verkrafte das nicht.

Es ist so ohne dich...

Damals hab ich das auch Spaß im Urlaub gesungen, immer wieder, obwohl sie da noch da war.

Heute hat das Lied eine ganz andere Bedeutung. Wie Bettys These zum Sinn des Lebens. Heute verstehe ich zum ersten Mal, was die Bedeutung dieser Worte ist, die ich ihr damals im Urlaub so übermütig und glücklich immer wieder ins Ohr gesungen habe.

Jetzt, wo es zu spät.

Es ist so ooooohnne dich...

...ich will das nicht...

...denkst du vielleicht auch mal an mich?

Ich gab dir meine Liebe...

Alles ist zu spät. Nur ein paar Tabletten und es wär Schluss. Ende. Aus. Der Nikolaus. Ein paar mehr als sonst. Nur ein paar. Wie viele? Keine Ahnung. 5-6 Bisos und 5-6 Ramipril...oder beide zusammen...und ich würde so Herzklabaster kriegen, dass Schluss wär. María würde mich in 3 Tagen finden und gut ist.

So in meine trüben Gedanken versunken, merke ich gar nicht, dass ich gerade an meiner Haltestelle vorbeigefahren bin. Das heißt, ich merke es doch, aber ich fahre einfach weiter. Dann fahre ich eben die große Runde. Dann komme ich zwar später nach Hause, muss aber auch weniger laufen.

Oder fahre ich etwa weiter, weil ich nicht nach Hause will?

Fahre in Medinghoven an dem Kindergarten vorbei, in dem María war. So viele Erinnerungen. Überall. Wie Tretminen. Wie oft bist du mit ihr diesen Weg gefahren...

Wir haben so viel miteinander erlebt, so viel zusammen durchgemacht. Ich dachte immer, das schweißt zusammen.

Aber ihre Schwestern waren stärker. Die Liebe zu ihren Schwestern ist stärker als die Liebe zu mir.
So ist das eben. Im Leben.

Sometimes you love someone and sometimes you lose instead...

Dein ständiger Frust war stärker, deine Eifersucht, deine Wut, die du an ihr immer wieder ausgelassen hast, bis sie daran zerbrochen ist. Sie hat dir das bildlich gezeigt.

"Wie bei einem Zweig...", hat sie gesagt und mit ihren Hände eine Bewegung gemacht, als würde sie einen Zweig zerbrechen.

Den dünnen Zweig eurer Liebe. Zu zerbrechlich in dieser harten, kalten Welt. Du hast ihn zerbrochen und er lässt sich nicht mehr kitten. Und selbst wenn, er ist nicht mehr derselbe.

Okay, ich hab sie bedroht, beschimpft

Aber nur, weil sie mich so zur Weißglut getrieben hat, mit ihrem Schweigen, ihrem Heulen, ihren Lügen.

Okay, ich hab meine schlechte Laune an ihr ausgelassen, immer wieder, bis sie an ihr zerbrach...an mir zerbrach.

Wie ein Zweig.

Aber wissen Sie, wisst ihr, wie ich leide???

Ich habe in diesen 2 1/2 Monaten das alles wieder gutgemacht. Mindestens. Oder vielleicht nicht alles, aber...

Vielleicht kann man das aber auch nie wieder gutmachen.


Warum kann Gott mich nicht einfach zu sich holen? Ich habe genug gesehen, genug erlebt. Das reicht mir. Was soll denn noch kommen? Noch mehr Leid, noch mehr Schmerz. 38 ist nicht 24.

Ich habe die Schnauze voll von diesem Leben, wo man Stück für Stück alles verliert, was einem lieb ist.






Life is not so bad










17. Mai 2015 (Fortsetzung)

Ich komme von meinen Eltern, mache extra einen Umweg um den Fußballplatz, wo sonntags immer die ganzen Ecuadorianer spielen. Darauf, die zu sehen, hab ich jetzt echt keinen Bock. Also umlaufe ich den Platz weitläufig, laufe extra oben entlang, fast schon am Waldrand, nur um nicht an diesem roten Ascheplatz am "Haus der Jugend" vorbeizukommen.

Trotz alledem ertappe ich mich in letzter Zeit immer öfter dabei, dass ich denke, dass es mir scheißegal ist, was sie gerade macht. Ich bin zwar noch nicht so weit, eine Wichsfantasie von ihr und einem anderen Mann zu schreiben, aber ich bin auch nicht mehr am Anfang meines langen Leidensweges. Ein Hoch auf die Kontaktsperre. Das ist wirklich so: Entweder sie nimmt Kontakt auf und es kommt zu einem Treffen und vielleicht zur Versöhnung oder man lernt langsam und jeden Tag aufs Neue, ohne den Partner klarzukommen. wie ich so in der Sonne die Straße entlang laufe, weiß ich weiß noch nicht mal mehr, ob ich sie jetzt noch so einfach zurücknehmen würde. Die Zeiten sind vorbei. Es ist vorbei. Irgendwann ist auch mal Schluss mit Jammern. Auch nach 19 Jahren. Vielleicht hat meine Schwester ja Recht und das, was ich im Moment durchlebe sind die letzten Wehen meines Liebeskummers, das letzte Aufbäumen, bevor ich bereit bin, sie zu vergessen. Ihr zu vergeben ist da immer noch eine ganz andere Sache. Auch mein Glück im Spiel geht langsam zu Ende. Nächste Woche ist Salsa-Party und ich werde voll sein wie ein Fass. Garantiert. Vielleicht finde ich ja einen Ersatz für sie oder gar eine bessere, jüngere Version von ihr. Bock hätte ich. Worauf ich keinen Bock mehr habe, ist, den ganzen Rest meines Lebens depressiv zu sein, den ganzen Rest meines Lebens einer Frau hinterherzutrauern, die mich – wie mein Vater das immer nennt – "mutwillig" verlassen hat und die mich nicht mehr zurück will. Das Leben ist zu kurz und ich fühl mich eigentlich ganz gut. Ich gehe jetzt nach Hause und mache mir das Käsebrot, das mir meine Mutter mitgegeben hat, schreibe und hole mir vielleicht sogar einen runter.
Raten Sie mal, an wen ich dabei denken werde. Life is not so bad, if you give it half a ******* chance.

Im Bus sitze ich schräg hinter einer Schwarzen mit Dreadlocks. Das ist interessant, das Haar von denen. Wie das sich kräuselt. Ich denke darüber nach, wie ich ihr Haar aus Spaß berühren würde, um zu sehen, wie es sich anfühlt, wie ich sie berühren würde. Ihren Körper. Das wär schön. Unter ihren Oberteil kann man ein Stück ihrer Schulter und ihres Rückens sehen. Ihre Haut ist so schön, so glatt, so braun, dass ich immer wieder hingucken muss, ob ich will oder nicht. Auch ihre kecke schwarze Stupsnase, die ich im Profil sehe, finde ich schön. Ich stelle mir vor, wie es wäre mit ihr auf der Abschlussfeier meiner Tochter aufzutauchen. Da würde meine EX ganz schön gucken! Das wär schon geil. Wenn ich sie mitnehmen würde...aber ich weiß nicht, ob ich das tun würde, selbst wenn ich mit ihr zusammen wäre. Ich glaube nicht. Das wär einfach noch nicht richtig, das wär eine klare Missachtung meiner Tochter.

Ich hab noch nie eine Schwarze gehabt. Auch keine Chinesin. Ich hab so viele verschiedene Frauen noch nie gehabt. Was hab ich eigentlich in all den Jahren gemacht. Frauen sind dafür da, Spaß zu haben, sagt John Alexander.

Ich werde jede Minute lockerer, entspannter, sehe die Trennung nicht mehr so verbissen. Es geht aufwärts!