Mittwoch, 5. Juli 2017

Dé­jà-vu












Vielleicht wär genau jetzt – jetzt, wo Nadine bei den Irländern auf Abschlussfahrt ist –, vielleicht wär genau jetzt der richtige Moment für Nadine, mich zu besuchen. Einfach hier vorbeizukommen. Mit mir zu reden. Mit mir zu schlafen. Eine Nacht bei mir zu verbringen, von der María nichts mitkriegen würde. Die sie nicht wieder in das Gefühlschaos unserer Trennung/Scheidung stürzen würde, denkt er, als er im Bett wie immer vor dem Laptop liegt und schreibt und denkt und rummacht…



Schon eben, als er die Treppe zu diesem, seinem neuen Zuhause hochgekommen ist, hat er sowas gedacht. Nicht das Gleiche, sondern etwas Ähnliches. Knausgard mit seiner Ungewöhnlichkeit im Gewöhnlichen hat ihn darauf gebracht.

…vermisst sie nicht seine Einzigartigkeit, hat er plötzlich gedacht. Seine Andersartigkeit…wie kann sie die nicht vermissen…
…so wie er ihre Einzigartigkeit, ihre Andersartigkeit vermisst…
…hat sie all das vergessen…
…hat sie sich dazu gezwungen, ja fast schon genötigt, all das von heute auf morgen zu vergessen…



Er stellt sich vor, wie sie plötzlich abends vor ihm steht. Wie Conchita damals. Nachdem sie sich getrennt hatten. Wie er einen Moment zögert und sie dann doch reinlässt. In seine neue Wohnung in Meckenheim. Nicht mehr in Bonn, wo er sie kennengelernt hat. 1996. An Silvester 1996. Als sie ihm ein Frohes Neues Jahr gewünscht hat. Sie sind sich immer noch vertraut, auch nach fast 2 ½ Jahren Trennung noch. Sie wissen es einfach. Und irgendwann berührt er sie. Ihre Hand. Und eins führt zum anderen. Und sie liegen plötzlich im Bett…und er denkt an Kondome, hat aber keine. Und zum Kaufen ist es schon zu spät, es ist nämlich schon dunkel draußen. Schon nach zehn. Und er entkleidet sie, langsam, die Trennung hat ihn vorsichtig gemacht. Erst zieht er ihr das Oberteil aus, sieht ihren BH, umschließt mir seinen kräftigen Armen ihren warmen Körper. Ihren heißen Körper. Das hat sie immer noch nicht verloren, diese Wärme. Zieht ihr den BH aus und sieht ihre Brüste. Wie er sie damals, bei seinen Eltern, in seinem alten Kinderzimmer zum ersten Mal gesehen hat. Berührt sie, nimmt sie in den Mund, küsst sie, jetzt schon ein bisschen gierig. Ihre schönen, langen Nippel. Die er schon damals so geliebt hat, dass er immer an ihnen gezogen, in sie gebissen, an ihnen gelutscht hat, wie ein Baby, wie ein verliebtes Baby (seine Mutter konnte ihn nie stillen, hat ihn nie gestillt). Geht weiter, jetzt will er alles, öffnet den obersten Knopf ihrer Hose, den Reisverschluss, sieht ihre Unterhose darunter und dreht fast durch, wird fast verrückt, fast wahnsinnig vor Liebe, vor Lust, vor Geilheit. Immerhin hat er seit genau diesen, oben genannten, 2 ½ Jahren nicht mehr mit einer Frau geschlafen. Sie ist immer noch die Einzige, wenn man mal von Conchita absieht, mit der er nie richtig geschlafen hat. Nicht wie mit Nadine. Zieht ihr ihre Hose runter, samt Unterhose, sieht ihr schwarzes Schamhaar. Sie ist noch immer nicht rasiert, wie geil… Sie hilft ihm schnell dabei, ihr die Hose abzustreifen, sie ist jetzt auch gierig, lustvoll, voller Geilheit…

Nun zieht er sich selbst aus, entblößt seinen immer noch in seinen Augen viel zu kleinen, aber dafür umso steiferen Schwanz vor ihr, sie sind jetzt beide nackt. Er zögert einen Moment, bevor er in sie eindringt, denkt an AIDS, an Geschlechtskrankheiten, an all die Männer, mit denen sie in seiner Fantasie während der Trennung von ihm geschlafen hat, all die Schwänze, die in dieser Zeit in sie eingedrungen sind. Aber dann kann er nicht mehr. Es ist ihm egal…

Er legt sich auf sie drauf und geht nicht ganz langsam in sie hinein, nicht spielerisch, wie damals auf Slaintés Matratze, in der Küche ihrer alten Wohnung in der Altstadt, sondern schnell, hastig, gierig, spürt diesen Widerstand, als er in sie eindringt, in ihr Loch, ihre Scheide, das Loch ihrer Scheide, dieses schwarze Loch, dass seine Seele während der letzten beiden Jahre so in Beschlag genommen hat, fängt an sich zu bewegen…

…an seinem steifen Penis rumzurubbeln, bis er kommt, wobei er sich auf den Rücken dreht, damit das Bett nicht nass wird, das Bett, die einzelne Matratze, die er noch aus der alten Wohnung mitgeschleppt hat, die vielleicht irgendwann einmal ihre war. Passt beim Gang ins Bad auf, dass nichts auf den Boden spritzt (obwohl María eh nicht da ist), tritt, seinen Schwanz in der Hand ins Bad. Sieht sein Gesicht im Spiegel, die langen Haare, die Augenringe, die traurigen, müden Augen…und wischt sich das Sperma grob von Bauch und Penis, wirft das Papier in die Toilette (Kindsmörder hat er früher in der Grundschule gesagt – oder war es sein Freund?), zieht ab (obwohl María eh nicht da ist, schließt den Klodeckel und geht zurück ins Bett…