Vielleicht wär genau jetzt –
jetzt, wo Nadine bei den Irländern auf
Abschlussfahrt ist –, vielleicht wär genau jetzt der richtige Moment für
Nadine, mich zu besuchen. Einfach hier vorbeizukommen. Mit mir zu reden. Mit
mir zu schlafen. Eine Nacht bei mir zu verbringen, von der María nichts
mitkriegen würde. Die sie nicht wieder in das Gefühlschaos unserer Trennung/Scheidung
stürzen würde, denkt er, als er im Bett wie immer vor dem Laptop liegt und
schreibt und denkt und rummacht…
Schon eben, als er die
Treppe zu diesem, seinem neuen Zuhause hochgekommen ist, hat er sowas gedacht.
Nicht das Gleiche, sondern etwas Ähnliches. Knausgard mit seiner
Ungewöhnlichkeit im Gewöhnlichen hat ihn darauf gebracht.
…vermisst sie nicht seine
Einzigartigkeit, hat er plötzlich gedacht. Seine Andersartigkeit…wie kann sie
die nicht vermissen…
…so wie er ihre Einzigartigkeit,
ihre Andersartigkeit vermisst…
…hat sie all das vergessen…
…hat sie sich dazu
gezwungen, ja fast schon genötigt, all das von heute auf morgen zu vergessen…
Er stellt sich vor, wie sie
plötzlich abends vor ihm steht. Wie Conchita damals. Nachdem sie sich getrennt
hatten. Wie er einen Moment zögert und sie dann doch reinlässt. In seine neue
Wohnung in Meckenheim. Nicht mehr in Bonn, wo er sie kennengelernt hat. 1996.
An Silvester 1996. Als sie ihm ein Frohes
Neues Jahr gewünscht hat. Sie sind sich immer noch vertraut, auch nach fast 2 ½
Jahren Trennung noch. Sie wissen es einfach. Und irgendwann berührt er sie.
Ihre Hand. Und eins führt zum anderen. Und sie liegen plötzlich im Bett…und er
denkt an Kondome, hat aber keine. Und zum Kaufen ist es schon zu spät, es ist
nämlich schon dunkel draußen. Schon nach zehn. Und er entkleidet sie, langsam,
die Trennung hat ihn vorsichtig gemacht. Erst zieht er ihr das Oberteil aus,
sieht ihren BH, umschließt mir seinen kräftigen Armen ihren warmen Körper.
Ihren heißen Körper. Das hat sie immer noch nicht verloren, diese Wärme. Zieht ihr den BH aus und sieht ihre Brüste. Wie
er sie damals, bei seinen Eltern, in seinem alten Kinderzimmer zum ersten Mal
gesehen hat. Berührt sie, nimmt sie in den
Mund, küsst sie, jetzt schon ein bisschen gierig. Ihre schönen, langen Nippel.
Die er schon damals so geliebt hat, dass er immer an ihnen gezogen, in sie
gebissen, an ihnen gelutscht hat, wie ein Baby, wie ein verliebtes Baby (seine
Mutter konnte ihn nie stillen, hat ihn nie gestillt). Geht weiter, jetzt will
er alles, öffnet den obersten Knopf ihrer Hose, den Reisverschluss, sieht ihre
Unterhose darunter und dreht fast durch, wird fast verrückt, fast wahnsinnig
vor Liebe, vor Lust, vor Geilheit. Immerhin hat er seit genau diesen, oben genannten,
2 ½ Jahren nicht mehr mit einer Frau geschlafen. Sie ist immer noch die
Einzige, wenn man mal von Conchita absieht, mit der er nie richtig geschlafen
hat. Nicht wie mit Nadine. Zieht ihr ihre Hose runter, samt Unterhose, sieht
ihr schwarzes Schamhaar. Sie ist noch immer nicht rasiert, wie geil… Sie hilft
ihm schnell dabei, ihr die Hose abzustreifen, sie ist jetzt auch gierig,
lustvoll, voller Geilheit…
Nun zieht er sich selbst
aus, entblößt seinen immer noch in seinen Augen viel zu kleinen, aber dafür
umso steiferen Schwanz vor ihr, sie sind jetzt beide nackt. Er zögert einen
Moment, bevor er in sie eindringt, denkt an AIDS,
an Geschlechtskrankheiten, an all die Männer, mit denen sie in seiner Fantasie
während der Trennung von ihm geschlafen hat, all die Schwänze, die in dieser
Zeit in sie eingedrungen sind. Aber dann kann er nicht mehr. Es ist ihm egal…
Er legt sich auf sie drauf
und geht nicht ganz langsam in sie hinein, nicht spielerisch, wie damals auf Slaintés Matratze, in der Küche ihrer alten Wohnung
in der Altstadt, sondern schnell, hastig, gierig, spürt diesen Widerstand, als
er in sie eindringt, in ihr Loch, ihre Scheide, das Loch ihrer Scheide, dieses
schwarze Loch, dass seine Seele während der letzten beiden Jahre so in Beschlag
genommen hat, fängt an sich zu bewegen…
…an seinem steifen Penis
rumzurubbeln, bis er kommt, wobei er sich auf den Rücken dreht, damit das Bett
nicht nass wird, das Bett, die einzelne Matratze, die er noch aus der alten
Wohnung mitgeschleppt hat, die vielleicht irgendwann einmal ihre war. Passt
beim Gang ins Bad auf, dass nichts auf den Boden spritzt (obwohl María eh nicht
da ist), tritt, seinen Schwanz in der Hand ins Bad. Sieht sein Gesicht im
Spiegel, die langen Haare, die Augenringe, die traurigen, müden Augen…und
wischt sich das Sperma grob von Bauch und Penis, wirft das Papier in die
Toilette (Kindsmörder hat er früher in der Grundschule gesagt – oder war es
sein Freund?), zieht ab (obwohl María eh nicht da ist, schließt den Klodeckel
und geht zurück ins Bett…