Donnerstag, 9. November 2017

The time of our lives - Die Zeit unseres Lebens




IV. DEATH BY WATER
 
Phlebas the Phoenician, a fortnight dead,

Forgot the cry of gulls, and the deep seas swell

And the profit and loss.

                          A current under sea
Picked his bones in whispers. As he rose and fell

He passed the stages of his age and youth

Entering the whirlpool.

                          Gentile or Jew

O you who turn the wheel and look to windward,
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Consider Phlebas, who was once handsome and tall as you.


T.S. Eliot, The Waste Land 















Vanity of vanities, says the Preacher,
    vanity of vanities! All is vanity.
What does man gain by all the toil
    at which he toils under the sun?
A generation goes, and a generation comes,
    but the earth remains forever.

Ecclesiastes 1, 1-3
 









Als ich so abends, an diesem dunklen, kalten, nassen Novemberabend, durch Bonn-Duisdorf haste, um meinen Zug nach Meckenheim noch zu bekommen, vorbei an der Videothek an der Haltestelle am Rathaus, vorbei an Domino’s Pizza, vorbei am Ärztehaus (und vor allen Dingen vorbei an unserer alten Wohnung), muss ich plötzlich denken: All diese Zeit, die weg ist, einfach so weg ist. Nicht nur unsere gemeinsame Zeit hier, sondern all Die Zeit. Die Zeit in Großbuchstaben. Kapitälchen, die ihr zusätzliches Gewicht verleihen, das sie gar nicht braucht, so schnell, wie sie verfliegt, wie sie an einem vorbeifliegt, einem durch die Finger rinnt.




All das ist weg. All die Jahre meines Lebens, des Lebens an sich…all die Jahre, Monate, Tage, Stunden, Sekunden, Millisekunden…

…sind weg, vorbei, für immer vorbei, für immer verschwunden in diesem schwarzen Loch, das wir Vergangenheit nennen…

Denn genauso wie sich das Leben wenn wir jung sind auszudehnen scheint, aus Kessenich Bonn wird, aus Bonn Nordrheinwestfalen, aus Nordrheinwestfalen Deutschland, aus Deutschland Europa,  aus Europa die Welt, die Erde, aus der Erde das Universum, aus dem Universum…

…so zieht es sich, je älter man wird, auch wieder zusammen, schrumpft, und aus Jahren oder gar Jahrzehnten werden plötzlich wieder Monate, aus Monaten Tage, aus Tagen Stunden, aus Stunden Minuten, aus Minuten Sekunden, aus Sekunden Millisekunden und aus Millisekunden…

…vielleicht nur noch Nanosekunden, und dann…?!

Aber es hilft nichts: Der Moment, in dem wir leben, den wir durchleben, ist immer gleich wieder vorbei             Und je mehr wir versuchen, ihn zu greifen, zu begreifen, je verzweifelter wir versuchen, ihn festzuhalten, uns an ihm festhalten, nur einen Moment, einen Augenblick lang, das Leben festzuhalten, das bisschen Leben festzuhalten, das wir haben, das uns noch bleibt, den Moment, das Leben zu leben, einen Moment lang, einen kurzen Augenblick lang am Schopf zu packen und in den Arsch zu ficken…

…desto schneller gleitet es uns durch die Finger, entgleitet uns, bis uns nur noch Jahre, Monate, Tage, Sekunden, Millisekunden und vielleicht sogar Nanosekunden (wenn es so etwas überhaupt gibt) bleiben…








…ich hätte sie eh nicht ein Leben lang festhalten können, sie wäre mir eh entwischt, früher oder später, oder ich ihr, wahrscheinlich ich ihr zuerst, weil nichts bleibt…

…deswegen ist es egal und tut trotzdem oder gerade deswegen so unglaublich weh, besonders hier in Duisdorf, an diesem nassen, kalten und dunklen Abend mitten im November…