Du weißt noch, einmal in
Ecuador, in ihrem Heimatdorf in der Nähe von Ambato auf 3000 Meter Höhe, kurz
bevor du den größten Fehler deines Lebens gemacht hast und sie geheiratet hast,
obwohl du dir nicht sicher warst, obwohl du dir jeden Tag die gleiche Frage gestellt
hast: „Soll ich oder soll ich nicht?!“
Im Nachhinein doch wohl eher nicht.
Du weißt noch, wie du mit
ihr da oben geschlafen, da oben im ersten Stock ihres Hauses. Oder war es das
ihrer Eltern? Wer weiß, du wirst es bestimmt nie erfahren.
Auf jeden Fall hast du mit
ihr geschlafen, unter einer dieser dicken Decken, die die in Ecuador haben,
weil sie trotz 3000 Meter Höhe keine Heizung haben – und eigentlich auch nicht
brauchen, weil Ecuador ja, wie der Name schon sagt, genau am Äquator liegt. Sie
war wie immer oben (du hast sie viel zu oft die obere, dominantere Position
einnehmen lassen – heute weißt du das, heute, wo es zu spät ist) und alles lief
ganz gut (tat es das wirklich?). Bis du auf einmal ein komisches Gefühl
hattest. Dass da irgendwas nicht stimmte. Mit deinem Penis. Mit ihrer Vagina.
Und als du nach unten fasstest, und dir den Finger zu allem Überdruss noch vors
Gesicht und fast unter die Nase hieltest, wusstest du, was es war. Denn an
deinem Finger war Kacke. Scheiße! Nein, keine Scheiße, obwohl eigentlich doch.
Wo kam die denn her, so
plötzlich?!
Von dir konnte sie nicht
sein.
Sie guckte mich an, so als
wollte sie sagen: „Was ist?“
Und du zeigtest ihr deinen
Finger. Mit den kleinen, braunen Kackebrocken. Hieltest ihr den Finger fast
unter die Nase. Sie hörte sofort auf zu stoßen und guckte sich die Kacke an.
Packte sich an ihren Arsch. Und bemerkte, dass sie von ihr stammte, dass sie
sich ihren Hintern wahrscheinlich nicht ganz so gründlich (wie er immer)
abgewischt hatte…
Heute muss er immer wieder
an diesen Moment denken. Diesen Moment kurz bevor er sie im Standesamt von
Ambato ehelichte, am vorletzten Tag seiner Ecuador-Reise. Irgendwie ist dieser
Moment ihm im Gedächtnis kleben geblieben. Im wahrsten Sinnes des Wortes. Bis
er irgendwann nach der Trennung von seinem Gehirn wieder aus der Versenkung
geholt wurde, aus irgendeinem obskuren oder nicht ganz so obskuren Grund. Die
Wege des Gehirns sind unergründlich. Oder nicht ganz so unergründlich. Heute
sieht er das Ganze irgendwie symbolisch. Von wegen er hat damals irgendwie voll
in die Scheiße gegriffen und nichts gemerkt. Kann ja mal passieren. Sollte aber
nicht. Hätte aber nicht sollen.
Voll in die Scheiße
gegriffen. Das war wie eine Warnung, eine Warnung, die er in seinem
jugendlichen Leichtsinn (er war ja auch gerade erst 20 geworden!) nicht
beachtet hat.
Und das hat er jetzt davon…
Von seinem Griff ins Klo
Aber was hätte er auch tun
sollen? Hätte er sie nur wegen ein bisschen Kacke nicht heiraten sollen?! Weil
sie ein bisschen Dreck am Stecken hatte? Er hätte sich viel Ärger erspart, viel
Langeweile, viel Gefühlskälte, viel Trauer nach der Trennung…
…aber wär sein Leben
tatsächlich besser geworden, ohne sie, ohne María, die dann nie geboren worden
wäre…
…und die das einzig Gute,
das einzig Positive zu sein scheint, was aus dieser ungleichen Beziehung
hervorgegangen ist…
Auf diese Frage gibt es
keine Antwort, wie auf so viele nicht nur in letzter Zeit