Dienstag, 28. Juni 2016

Fear death by water








Er geht ins Bad und testet das Wasser mit den Fingern. Das ist eigentlich total absurd. Selbst wenn es zu heiß wär. Auf dem Computer läuft Días no vividos von Love of Lesbian. In einer Endlosschleife. Immer das gleiche Lied. Immer die gleichen Zeilen. Alzo el vaso más vacío que yo. Ich erhebe das Glas, das noch leerer ist als ich. Er weiß immer noch nicht, was Santi Balmes, der Sänger der Band aus Barcelona, damit meint, aber eigentlich ist auch das egal. Er wird es nie herausfinden. Nie mehr. Er holt den Laptop ins Bad, stellt ihn auf die Waschmaschine und zieht sich aus. Erst das T-Shirt und dann die Shorts. Inklusive Unterhose. Das ist das erste Mal, dass er die Badewanne benutzt. Nadine hat immer gebadet. Am Ende ihrer Beziehung. Genau wie sein Vater. Ob man von einer Vorliebe fürs Baden auf eine psychische Grunddisposition der Badenden schließen kann? Der Zettel mit dem T.S. Eliot Zitat liegt auf dem geschlossenen Klodeckel.

IV. DEATH BY WATER

Phlebas the Phoenician, a fortnight dead,

Forgot the cry of gulls, and the deep seas swell

And the profit and loss.

                          A current under sea
Picked his bones in whispers. As he rose and fell

He passed the stages of his age and youth

Entering the whirlpool.

                          Gentile or Jew

O you who turn the wheel and look to windward,
 320
Consider Phlebas, who was once handsome and tall as you.


Das war immer schon irgendwie seine Lieblingsstelle in einem Gedicht voller Lieblingsstellen. Er wollte sich das auch sogar mal auf den Körper tätowieren lassen, aber er war zu ängstlich. Die Geschichte deines Lebens, denkt er, du wolltest eigentlich schon leben, aber du warst zu ängstlich. Aber wer lebt schon in diesem Land? Wer lebt schon wirklich in diesem Land?! Er bald nicht mehr. Schwerfällig hebt er sein Bein über den Rand der Badewanne, teste mit dem Fuß das Wasser. Es ist noch weiß, aber wie soll es sonst sein. Etwa kalt oder was? Er hat nicht mehr viel Zeit. Jetzt oder nie. Also stellt er sich mit beiden Beinen in das Wasser, dreht den Hahn ab. Senkst sein Hinterteil ins Wasser. Zuerst ist das ganz schön heiß, an seinem Rücken. Dann legt er sich hin und entspannt sich. Lauscht der Musik. Santi Balmes. Ein Gott. Alzo el vaso más vacío que yo… Das sind die besten Lieder: Die, die man nicht versteht, nie ganz versteht. Nicht auf Anhieb und nach hundertfachem Hörgenuss immer noch nicht. Das sind die besten. Die Lieder, die von Liebe handeln, vom bevorstehenden Weltuntergang, vom