Mittwoch, 5. Oktober 2016

Wechselmodell









„Ich wusste nicht, ob du kommst…“

„Heute ist doch Montag…“

Stimmt. Heute ist Montag. Definitiv.

„Ne, weil heute Feiertag ist. Ich dachte, da bleibst du bei Mama…“

Jetzt redest du dich wieder um Kopf und Kragen.

Sie sagt erst nichts, dann:

„Ich komme heute Abend, ok?!“

„Ok.“

Schön. Gut. Perfekt. Wunderbar. Eine Oase in der Wüste. Licht am Ende des Tunnels. Hey, das Wechselmodell funktioniert wirklich wie ein Uhrwerk. Das Wechselmodell funktioniert




(Montagabend)


Sie sitzt auf dem Stuhl vor dir, an eurem alten Esstisch, und lernt für Mathe, während der Fernseher läuft.



Du willst ihr sagen, dass du ihre Mutter noch liebst, trotz allem, was sie dir angetan hat, was ihr euch angetan habt. Dass du sie noch immer liebst, sie immer lieben wirst, bis an dein Lebensende. Aber was würde das ändern, wenn du ihr das sagen würdest?! Nichts.

Nadita, murmelst du immer wieder, so leise, dass sie es nicht hören kann. Aber laut genug, dass es für dich hörbar ist.

Es würde nichts bringen, ihr das zu sagen. Es würde nichts ändern. Gar nichts. Also schwiegst du.

Wie ihre Mutter, die ebenfalls schweigt. Wie sie selbst, die genauso gut schweigen kann wie du. Viel besser als du, wenn du ehrlich bist.

Und so sagt niemand, was er denkt und alle leben so weiter, nebeneinander her, schweigend, nichts sagend.

„Du musst nur was sagen, wenn du das wirklich nicht kannst. Dann organisiere ich eine Nachhilfe für dich.“

„Mmh.“

„Aber du kannst das ein bisschen, ne?!“

„Mmh.“

Wie gerne wärst du jetzt mit ihrer Mutter zusammen. In eurem alten Bett. Aber wer will schon alte Ehebetten?!