Dienstag, 11. Oktober 2016

Alltäglicher Horror









Er steht an der Haltestelle und denkt darüber nach, dass diese ganzen behinderten Twitter-Sprüche wirklich niemandem helfen. Weil Sprüche allein nicht helfen gegen wirkliche Probleme, echte Probleme, in der wirklichen Welt, nicht in der virtuellen Welt. Da helfen nur Taten, nicht irgendwelche warmen oder oft nur halb aufgewärmten Worte und Zitate. Also, warum posten die das dann? Und wo kommen die ganzen Follower und Likes her, die die haben? Teilweise mehrere Zehntausend pro Tweet. Alle gekauft. Die machen das bestimmt nur, um berühmt zu werden…

Plötzlich hört er eine dieser Horrorstimmen, dieser Außerirdischen-Stimmen, wie von dem Dalek oder wie der heißt. Keine Ahnung. Sie sagt:

„Jedes Mal die gleiche Scheiße!“

Er denkt: Scheiße, wo kommt das denn jetzt her? Er guckt an den Häusern hinter sich nach oben. Das kommt nicht aus der Wohnung über dem griechischen Imbiss, da sind alle Fenster zu. Dann sieht er, dass daneben, in dem gepflegten, grauen Haus daneben ein Fenster im ersten Stock einen spaltbreit geöffnet ist. Sein Blick fällt auf die Hausnummer, 133, dann wieder nach oben. Das Zimmer hinter dem Fenster ist komplett dunkel. Fast schon zu dunkel, unnatürlich dunkel. Da kommt das her. Hundertprozentig. Er guckt auf die Klingel. Da wohnt sogar ein Professor. Und ein Doktor. Keine Ahnung, ob die im ersten Stock wohnen, aber…

Dann hört er die Stimme wieder. Die jetzt fast schon schreit, unterdrückt schriet, so als würde sie sich selbst anschreien.

„Jedes Mal…“

Scheiße, Mann. Es folgen sogar ein paar dieser Krächz- und Ächzlaute, die man immer in Horrorfilmen hört. Dann wieder:

„Jedes Mal…“

Einen Moment lang, wie er so nach oben guckt, aber nicht richtig was sehen kann, weil er direkt im Türeingang des Hauses steht, meint er sogar, dass etwas von oben herunterfällt. Heruntergeworfen wird. Krass

Aber vielleicht bildet er sich das auch nur ein. Sonst würde er ja weggehen, denn er steht genau unter dem offenen Fenster. Lauscht fasziniert und ein bisschen ängstlich der Stimme, die

„Jedes Mal…“ sagt.

Ja, ich weiß, jedes Mal…


…der gleiche Scheiß…