Sonntag, 15. Mai 2016

When one door opens another one closes...








Ich stand immer in der Tür. Immer, wenn wir Streit hatten.

Und sie wollte immer gehen. Immer, wenn wir Streit hatten.

Und blieb dann doch am Ende.

Aber nur, weil ich in der Tür stand.

Sonst wär sie damals schon für immer weg gewesen. Hundertprozentig. Das weiß ich heute.

Ein paar Mal wollte sie sogar über den Balkon abhauen (ok, wir wohnten damals auch nur im Erdgeschoss – aber trotzdem).

Einmal, wo unsere Ehe schon dem Ende zuging, wollte sogar María vor unserem Streit flüchten. Das war an Karneval. Unser letzter Karneval. Und wer hat sie zurückgehalten?! Ich, wer sonst?!

Jedes Mal stellte ich mich in die Tür und sie schwieg zwar tage- oder am Ende sogar wochenlang, blieb am Ende aber doch.

Ich weiß noch, einmal legte ich sogar meine Matratze in den Türbereich und schlief dort, damit sie nicht gehen konnte.

Sie hätte natürlich auch da locker vom Balkon in ihre Freiheit springen können.

Oder am nächsten Tag einfach wegbleiben können. Bei ihren Schwestern bleiben können. Aber erst als Rafael und Mandy aus Spanien zurückkamen waren, hat sie wirklich ernst gemacht, hat sie es wirklich getan.

Vielleicht auch, weil ihre Schwestern ihr sagten, sie sei unglücklich in ihrer Ehe.

Oder weil sie es war? Unglücklich.

Einmal, nur ein einziges beschissenes Mal stellte ich mich nicht in die Tür, und sie war…

…weg. Für immer weg.

Hätte ich es doch bloß früher getan.

Oder hätte ich es dieses eine Mal noch mal getan.

Wie nennt das Christina Zimmermann? In ihrem Buch Die Liebe und der Psychopath. Angst vorm Verlassenwerden. Ich hatte Angst vorm Verlassenwerden. Und das wusste Nadine ganz genau. Und hat es eiskalt ausgenutzt?

Aber vielleicht bin ich ja auch der Psychopath in unserer Beziehung gewesen. Oder wir beide. Oder keiner von uns beiden.

Angst vorm Verlassenwerden.

Das ist wie damals, ganz am Anfang unserer Beziehung, als die Liebe noch frisch war. wo ihre Noch nicht abgelaufen wie heute. Weggelaufen. Damals, wo ihre Schwester ihr gesagt hat, dass ich nicht gut für sie sei. Dass ich nicht der Richtige für sie bin. Und sie sich daraufhin fast von mir getrennt hätte. Am Telefon, das weiß ich noch. Sie rief mich an und ich saß in meinem Zimmer und versuchte, unsere Beziehung zu retten. Sie sagte, sie würde meine Sachen vor die Tür stellen. Damals konnte ich sie noch geradeso vom Gegenteil überzeugen

Ich weiß noch, wie sie mit ihren Leggings mir in die Arme sprang. Mit ihren dünnen Beinchen. Ihrem warmen Körper. Von diesem Sprung an waren wir wieder zusammen

Bis heute.

Ihre Schwester hatte gut reden! Ihre Schwester…die eine Frau geheiratet hatte, um in Deutschland zu bleiben. Um nicht mehr illegal zu sein. Ihre Schwester…die, wenn sie nicht Frauen heiratete immer nur mit irgendwelchen Spackos zusammen war. Wie diesem Rudi, diesem Pädo. Der sie immer nur kritisierte wie ein kleines Kind, das kein Deutsch kann, das keine Ahnung hat, das sowieso nichts kann. Der sowieso lieber mit kleinen Kindern spielte als mit ihr – laut Aussage meiner Mutter, die ihn einmal dabei gestört hatte, seinen sehr ausgeprägten Spieltrieb auszuleben, während die anderen Erwachsenen draußen grillten. Ihre Schwester, die jetzt wieder mit einem Mann verheiratet ist, der Portugiesisch kann und Portugal mag und aussieht wie ein…

Die hat angeblich gesagt, ich sei nicht gut für ihre Schwester, nicht der Richtige, nicht dies oder das für sie. Weil sie das ja bestimmen konnte als große Schwester. „Du hättest dir lieber gleich einen Rudi suchen sollen!“

Und sie hat ohne zu murren auf sie gehört. Wie jetzt wieder, bei ihrer anderen großen Schwester. Deren Mann bei ihr, bei uns, ein und ausging. Mit seinem Spruch, dass er den Größten hat. Große Männer, kleiner…kleine Männer, großer…

Ihre Schwester?

Oder sie?


Trennungsangst. Verlustangst meiner Kindheit. So nennt das Zimmermann. Die Angst, die Eltern vollends zu verlieren, die mich nie geliebt haben. Klingt logisch. Vielleicht zu logisch. Aber was weiß ich denn schon?! Ich hab ja eh keine Ahnung von Tuten und Blasen.