Donnerstag, 19. Mai 2016

Arschhaare und Atomkrieg








Eigentlich machst du das ja ganz gut, denkt er, als er die Rolltreppe am Juridicum, der Juristischen Fakultät der Uni Bonn, hochfährt. Sein komischerweise ohnehin schon breites Grinsen wird zu einem Lachen. Ok, keinem netten, freundlichen, fröhlichen Lachen, aber einem Lachen. Laughter in the dark. Er steht hier alleine auf dieser grauen, dreckigen Rolltreppe in dieser grauen, langweiligen Stadt und lacht mit sich selbst. Lacht sich selbst kaputt. Lacht sich selbst aus. Er redet mit sich selbst und lacht mit sich selbst. Wenn sonst keiner mit ihm lacht! Dieser Gedanke bringt ihn noch mehr zum Lachen. Das ist bestimmt das erste Anzeichen von Wahnsinn, wenn man auf einmal ohne ersichtlichen Grund zu lachen anfängt. Aber egal. Wie sagt das Anton Chigurh in No country for old men noch mal? “If the rule you followed brought you to this, of what use was the rule?” Seine Laune ist heute aber echt erstaunlich gut, sein Galgenhumor frisch geschliffen. Keine Ahnung warum. Aber wer fragt schon nach einem Warum, wenn er sich an den restlichen 320 Tagen im Jahr beschissen fühlt?! Wie gerne würde er jetzt Nadine per Telekinese seine Fröhlichkeit mitteilen. So wie in Carry von Stephen King. Die würde sich im Grab umdrehen. In dem Sarg, in dem sie tagsüber mit ihrem Schwager und wer weiß wem sonst noch verschwindet. Wegen Überfüllung geschlossen.

Das Einzige, was ihm zu seinem Glück jetzt noch fehlt…

…denkt er, als er langsam wieder aus dem U-Bahn-Schacht ans gefahren Tageslicht kommt…

…ist ein Arsch. Oder eine Muschi. Aber heute wär es glaub ich echt der Arsch.

Just for the fun of it.

Das mit dem Arsch denkt er nicht ganz grundlos, nicht nur aus irgendeiner kranken Fantasie heraus, sondern weil eben dieser (Arsch) gerade an ihm vorbeimarschiert. Ein junger Arsch mit Pferdeschwanz, so halb blond, halb brünett (aber wen interessiert schon die Haarfarbe – die der Scham- oder Arschhaare vielleicht schon eher). Jung, bestimmt eine Studentin.

Wenn ich mit der fertig wäre, würde die Psychologie studieren. So viel ist sicher. Wenn sie es nicht schon jetzt tut. Heil mich, Baby, von meinen Komplexen, meinen Problemen, meinen Neurosen, meinen Störungen!

Sie trägt eine hautenge Jeans, die aber genau am Arsch noch ein bisschen Luft aufweist. Ein paar Fältchen Luft. Boah, wie ich diese Fältchen liebe. Da passt gerade so noch ein Furz durch. Bestimmt trägt die einen Tanga. Hundertprozentig. Einen roten oder gelben oder was auch immer. Der den Arschbacken ihre Freiheit lässt. Frei rauszuquellen an der Seite.

Boah, wie geil!

Du oder sie?

Hoffentlich ihr beiden!

Heute würde ich sogar  den Atomkrieg überleben.

Vielleicht studiert die ja echt Psychologie. Vielleicht sind ja Psychos wie ich sogar ihr Spezialgebiet. Wer weiß.

Gerade genug Luft, dass man die Arschwangen noch sehen kann, denkst du während dir die Sonne auf den Pelz scheint und du hinter ihr herhechelst.

Und dann ist sie auf einmal weg, viel zu schnell für ihn. Egal, Ärsche gibt’s genug.

Mal sehen, was seine Anwältin heute Nachmittag sagt. Hey, eine Frage hat er noch vergessen in seinem langen Fragenkatalog:

„Wie viele Jahre kriege ich für Mord im Affekt?“

„Und wie viele für Totschlag?“

Dass muss er unbedingt noch fragen…