Ich hatte tierisch Angst
davor, sie aus irgendeinem Grund zu verlieren. Aus irgendeinem nichtigen Grund.
Keine Ahnung warum. Dass sie mir sagen würde, ich will nicht mehr. Was weiß
ich, warum. Dass ich irgendetwas falsch machen würde oder sie einfach keinen
Bock mehr hätte und ich sie einfach so wieder verlieren würde
Das beschäftigte mich schon,
auf dem Weg zu ihr auf dem Fahrrad, mit Oasis auf dem Ohr.
I
don’t believe that anybody
feels
the way I do about you now
Also benahm ich mich
vorbildhaft, versuchte immer krampfhaft extra nett zu ihr zu sein. Nichts
falsch zu machen.
Die Angst kam glaub ich aus
meinem Glauben, dass ich es nicht wert war, dass ich sie nicht verdient hatte.
Dass Gott einen Fehler gemacht hatte.
So war ich froh, wenn ich
nach einem weiteren glücklichen Tag mit ihr, bei ihr, in ihr nach Hause
zurückkehrte. In mein lieb- und freudloses Zuhause in Bonn-Kessenich. In der
Nähe vom Haribo-Werk.
(Achtung:
alles natürlich rein fiktiv!)
Damals dachte ich: Endlich
hat mir jemand die Liebe gegeben, nach der ich mich so gesehnt habe, all die
Jahre. All die sterilen, einsamen, traurigen Jahre meiner Jugend, allein in
meinem Zimmer, Videos am Gucken, mir einen runterholend.
Zum ersten Mal gab mir eine
Frau ihre Liebe.
Die Liebe, die ihm weder
seine Schwester noch seine Mutter hatte geben können. Die Zuneigung, die er von
niemandem in seiner Familie – oder außerhalb dieser erhalten hatte (außer
vielleicht von Alexander, aber der war ein Typ, das war was anderes)
Es war alles so neu mit
Nadine, machte so viel Spaß, war so voller neuer Eindrücke
und brachte ihm die
Anerkennung, die er nie gehabt hatte, weder als Kind noch als Jugendlicher
in der Wüste seiner Kindheit
und Jugend
jetzt war er wer, hatte eine
Freundin, eine echte Freundin (egal, ob sie fünf Jahre älter war)
er war ihr dankbar, liebte
sie
weil sie ihn von seiner Last
befreit hatte, einer Last unter der er Jahre gelitten hatte, nämlich die, noch
Jungfrau zu sein. Jungmann. Da konnte ich mich doch wenigstens dafür
erkenntlich zeigen und sie heiraten.
ist das verständlich?
Naiver geht wohl nicht,
denkt er heute (und der Blick seiner Scheidungsanwältin sprach auch Bände).
Aber zu seiner Schande sind das genau die Gedanken, die er damals hatte.