Sonntag, 22. Oktober 2017

Anders als hier...




Quiero que vengas conmigo…
…a cualquier otra parte…
(Dorian)








Weil ich nichts Besseres zu tun habe und eh keine Kunden da sind, höre ich auf der Arbeit Übers Internet spanisches Radio. "Radio Nacional España". Es läuft eine Diskussion um die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien. Eigentlich wollte ich ja Fußball hören, aber das Programm wurde aus aktuellem Anlass unterbrochen. Egal, dann höre ich eben das. Aber irgendwie kommt schon nach kurzer Zeit dieses Gefühl hoch. Das erinnert mich voll daran, wie ich damals immer Radio gehört habe, im Bus in Spanien, auf dem Weg in eine andere Stadt. Das war so geil, dieses Gefühl. Alle waren am Schlafen, Nadine, María und alle anderen Leute um mich herum und ich konnte nicht schlafen (das konnte ich noch nie, weder im Bus noch im Flugzeug noch irgendwo auf Reisen) und hörte fast die ganze Nacht spanisches Radio. Diskussionen. Berichte (da lief fast nie Musik, was im Nachhinein komisch war). Draußen die spanische Nacht. Die Dunkelheit, die Hitze (die man nicht richtig spürte, denn anders als in Deutschland hatten die Busse alle eine Klimaanlage), die  gelben Lichter, wenn wir durch größere Ortschaften durchfuhren, das Land, das war unglaublich, dieses Gefühl…

Donnerstag, 19. Oktober 2017

Traum und Tod, Traum vom Tod















Ich will sterben, denkt er, morgens im Bett liegend. Auf dem Computer läuft das Morgenmagazin und er streckt sich, fühlt sich gut im warmen Bett.

Heute Nacht hatte er einen Traum. Er erinnert sich an fast nichts mehr.  

Samstag, 14. Oktober 2017

Schmutzige Wäsche













Beim Waschen fällt mir ein Handtuch auf. Es ist eigentlich ein ganz normales Handtuch. Es ist weißgrau (diese Farbe, die alle Handtücher nach einer Zeit so annehmen), aus Frottee (das, wie bei allen Handtüchern nicht mehr ganz so flauschig ist wie am Anfang) und hat auch die Standardgröße, die Handtücher in unserer genormten Welt nun mal so haben (nicht groß genug, um deinen ganzen Körper darin einzuhüllen, aber groß genug, um deine Scham zu bedecken, wenn du nicht gerade meinen Bauchumfang hast…). Eigentlich ist es ein ganz normales Handtuch, wie ich sie jede Woche im Wäschekeller aufhänge (na ja, fast jede, denn jede Woche wasche ich gar nicht).

Samstag, 7. Oktober 2017

Traumdeutung: Keine Luft in den Anden











Ich träume davon, dass wir in Ecuador sind. In den Anden. Dort, wo sie herkommt. Sie. In der Nähe von Ambato. Ich sitze neben ihr im Auto und wir fahren eine dieser Passstraßen runter in ein Tal. Sie fährt. Und ich sitze neben ihr, in diesem alten Auto und sehe, wie die Straße ziemlich steil ins Tal hinunterführt, zwischen diesen hohen Bergen auf beiden Seiten… 

Samstag, 23. September 2017

Lust zu...













Wie ich so an diesem halbwegs schönen, halbwegs sonnigen Samstag-Vormittag durch die Stadt schlendere (und heute kann man das Watscheln vielleicht auch mal als Schlendern bezeichnen), denke ich plötzlich: Heute hätte ich echt Lust, mal wieder zu ficken… Ne, echt, heute hätte ich echt Bock drauf. Mal wieder jemanden zu bumsen. So richtig hart, oder auch sanft, oder überhaupt…So langsam…hätte echt (mal) wiederBock drauf. Ein Rohr zu verlegen. Oder auszuputzen. Oder was auch immer. Wie auch immer man das nennen mag: Geschlechtsverkehr, Penetration, Ficken, Bumsen, Blasen…

Sonntag, 17. September 2017

Mädchen in Bahn













In der Bahn setze ich mich in Rheinbach auf diesen Zweier am Ende des Fahrradabteils (wenigstens habe ich hier Beinfreiheit) und fange an zu lesen. Immer noch Knausgards Träumen. Band fünf seiner Min-Kamp-Buchreihe, die ihn weltberühmt gemacht hat und Norwegen auf die Weltkarte der Literatur katapultiert hat.

Montag, 11. September 2017

Hintergrundbilder











Montag-Vormittag, vor dem Computer, fange ich auf einmal wieder an, auf Google Earth Spanien-Bilder für meinen Bildschirm-Hintergrund zu suchen. Keine Ahnung warum, eigentlich habe ich ja schon eine veritable Sammlung in der Dia-Show, die ich mir so eingerichtet habe, dass das Bild alle fünf Minuten wechselt. Im Zufallsmodus.

Obwohl die Bilder eigentlich alle ziemlich ähnlich sind: Das sind alles große, weite Aufnahmen, entweder von spanischen Stränden, vom Meer selbst oder von Straßen in spanischen Städte. Die nicht immer weit sind, aber doch die Weite irgendwie in sich tragen. Unbewusst. Meistens handelt es sich bei den Städten um Cádiz und Barcelona, die wie zwei Pole meiner Seele sind: die eine Stadt überschaubar, winklig, aber mit Europas bestem Wetter und schönsten Sandstränden gesegnet, die andere groß, wuselig und international. Aber auch Madrid, Valencia und sogar Pamplona kommen in meiner Sammlung vor.
 

Sonntag, 10. September 2017

Mordlust im Alltag






"Ya no hay guapos
Luis Martín Santos - Tiempo de silencio






Plötzlich kommt ihm dieser Gedanke: Heute hätte ich echt Bock, jemanden zu töten, denkt er.

Echt!

Natürlich weiß ich nicht wie. Oder wen. Aber irgendwie ist mir, wär mir danach. Keine Ahnung warum. Die Wege des Herrn sind unergründlich… Natürlich werde ich das jetzt nicht in die Tat umsetzen, ist ja klar, aber… Wie denn auch?!

In einem Land ohne Gesetze…

Samstag, 2. September 2017

Zwischen Himmel und Erde









 
Hab dich lieb, Schatzi! Schönes Wochenende!, steht auf dem Blatt Papier, dass ich ihr hinlege, kurz bevor ich schlafen gehe. Mit ihrem Taschengeld. Für Morgen, wo ich wahrscheinlich noch am Schlafen sein werde, wenn sie in die Schule muss.

Donnerstag, 31. August 2017

Mind Games (Das Pubertier II)







The games are always, repeat, always being played. 
But nobody plays the games like me... (Irvine Welsh - Filth)
 










Um vier Uhr wache ich auf und der Kühlschrank läuft schon wieder nicht. Dieser verfickte Kühlschrank! Was für eine Scheiße! Scheiße, habe ich schon wieder vergessen, den wieder einzuschalten… Du bist es ja selber schuld. Wie immer. Verschlafen stolpere ich aus dem Bett auf den Kühlschrank zu (nein, ich falle nicht über irgendwas, heute nicht!), schalte ihn an und stoße mich (ja, seht ihr!) an der verfickten Tür.

Dienstag, 29. August 2017

Traumdeutung: Ein feuchter Traum
















Komm schon!“, sagst du lautlos im Traum zu ihr. 

„Komm schon, ****!“
Sie will nicht, doch dann zieht sie sich das Nachthemd über den Kopf und legt sich nackt vor dir ins Bett. Sie ist fett, ihre Muschi behaart, ihre Titten schwabbelig, aber das hält dich nicht ab. Eher das Gegenteil. „****!“ Du legst dich auf sie und pumpst so lange, bis du kommst

Montag, 28. August 2017

Meine Kleine...














Das Telefon klingelt. Eindeutig: ein Anruf! María! Ich springe aus dem Bett nach oben, stütze mich auf meinem eigenen Oberschenkel ab, nur mit einer Unterhose bekleidet (es ist so scheißheiß hier!), renne zum Esszimmertisch.

Scheiße, wo ist das verdammte Telefon?

Montag und die Tür zu einer anderen Welt














In der Unterführung steht „Ihr Fotzen“ an der Wand. In kleinen, fiesen Buchstaben. Und direkt daneben „Kurdistan“. Der Typ, der aus der Bahn aussteigt trägt ein T-Shirt, auf dem „The Good Die Young“ steht. In silberner  Glitzerschrift! Kaum ist er ausgestiegen, da zündet er sich auch schon eine Zigarette an. So jung ist er ja schließlich auch nicht mehr… Du auch nicht. Und du hast es schließlich auch noch nicht hinter dir, genau wie er. Dieses Leben, diese Hölle, dieser Ritt auf dem…ach, leckt mich doch! Dafür, dass er jung sterben will, verschwindet der aber noch relativ schnell in der Gasse. Mit seinem Lederarmband und seinem Drei-Tage-Bart. Er geht an der Polizei vorbei. Polizeiwache Rheinbach. Ich werd das denen nie verzeihen denkt er. Die sind für mich gestorben. Die Staatsmacht. Seit damals… Was für Arschlöcher. Aber es gibt keinen anderen Weg als an der Wache vorbei. Durch den Raiffeisen-Tunnel hindurch zum Bücherschrank, vor dem ein Buch auf dem Boden liegt. Er hebt es auf, aber keine zehn Sekunden später fällt es fast wieder runter. Was für eine Scheiße!

Sonntag, 27. August 2017

Angst vor dem Tod












Nach der Arbeit, als er an der Bushaltestelle auf den Bus wartet, der ihn nach Hause bringen wird, denkt er plötzlich, wie aus heiterem Himmel: Das ist schon komisch. Seit ich getrennt/geschieden bin, muss ich gar nicht mehr an den Tod denken. Das heißt, ich denke immer noch an den Tod, aber…

…aber ich habe nicht mehr diese Panikattacken, die ich – als ich noch verheiratet war – dauernd hatte. Das ist schon komisch, aber es stimmt. Die habe ich tatsächlich nicht mehr…diese plötzlichen Angstattacken, die ich damals (trotz Nadine) dauernd hatte: beim Laufen, abends allein im Bett neben ihr und auf der Arbeit. Das war schlimm! Plötzlich ergriff mich diese vage, diffuse Angst oder Panik, dass ich irgendwann sterben würde, nicht mehr da sein würde. Einmal nachdem ich nachts nach der Arbeit im Wohnzimmer allein im Wohnzimmer diese Sendung, diesen Bericht über Mumien in den peruanischen Anden geguckt habe. Aber es waren nicht nur die Mumien, sondern auch andere Geschichtsreportagen, die dieses Gefühl hervorriefen. Und ihre schlafende Anwesenheit neben mir im Bett half bei deren Beseitigung. Denn dieses plötzliche Gefühl, diese plötzliche Gewissheit, dass ich irgendwann einmal nicht mehr da sein würde, gar nicht mehr, nie mehr, dass ich für immer tot sein würde, nie wieder zurückkehren würde, dieses Gefühl war stärker als alles andere. Man konnte nur hoffen, schnell einzuschlafen (aber selbst das war zutiefst ironisch) und wenn es einen draußen erwischte (wie einmal beim Walken in der Nähe der Universität), musste man hoffen, schnell auf andere Gedanken zu kommen. Das war ein schlimmes Gefühl. Man fühlte sich irgendwie schwerelos (so als wäre der Körper zu leicht, um auf dieser Erde zu verbleiben) und gleichzeitig wurde der Körper auf einmal so schwer wie ein Gefängnis auf Erden, wie das Gefängnis auf Erden, das er im Endeffekt ja auch war. Fast wurde ihm davon sogar schwindelig und er spürte immer diese Schwere, diesen Druck in der Brust. Das waren zwar wahrscheinlich keine Panikattacken im klassischen Sinn (was auch immer das ist), aber es waren doch im gewissen Sinne Angstattacken, eine Angststörung, diese pure, reine, kondensierte Angst, die man bekommt, wenn man merkt, dass der geliebte und zugleich verhasste Körper, das gelebte Ich irgendwann nicht mehr da sein würde, einfach weg sein würde, dass das Leben, an das man sich so klammerte, nie wieder da sein würde, einfach von einem Moment auf den anderen ausgehen würde, ausgelöscht wurde. Nicht mit einem Knall, sondern still. Dass man nicht mehr da war, nie wieder. Ich weiß, das ist der Lauf der Dinge, ich weiß, aber trotzdem machte ihm das eine Heidenangst. Immer und immer wieder. In regelmäßigen Abständen. Wie aus dem Nichts. Oft versuchte er in diesen Momenten, diesen Augenblicken des Lebens auszurechnen, wie viel Leben ihm wohl noch blieb: Er war jetzt 34, 35, 36, 37… Die Hälfte war also um, so gut wie um, ohne, dass er es gemerkt hätte. Und es würde mit fortschreitendem Alter bestimmt nicht besser werden… Man würde immer mehr Lebensqualität verlieren…Jahr für Jahr…man würde unmerklich älter werden, bis es irgendwann zu spät war…


Und heute, das hat er diese Attacken irgendwie nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Seltsam.

Einen Vorteil muss diese ganze Scheiße ja haben, denkt er. Wenigstens ist die Angst vor dem langsamen, aber sicheren Älterwerden und sterben all den Problemen gewichen, die jetzt sein Leben beherrschen, im Würgegriff haben: den Geldsorgen, den Formularen, den Sorgen um María und last but not least all dem Liebeskummer, dem Schmerz, dem unendlichen Schmerz

Einen Vorteil muss dieser ganze Scheiß, der mir passiert, ja haben! Ich denke nicht mehr (so viel) über das Älterwerden nach

über den Tod


aber ist das überhaupt ein Vorteil? Oder ist das so, weil ich innerlich schon tot bin? Hat sie mich etwa schon getötet, ohne dass ich es bemerkt hätte. Ist mein Leben schon so schlimm, dass selbst der Tod mich nicht mehr schocken kann, dass mir alles egal ist.

Oder ist es so, dass ich jetzt, trotz allem, mich nicht mehr so eingeengt fühle, nicht mehr so eingeengt bin, in einer Ehe mit einer Frau, die ich nie zu hundert Prozent geliebt habe. In einem sozialen Umfeld, in dem es um Dinge ging, die ihm letzten Endes nichts bedeuteten: Häuser, Autos, Möbel

(er weiß noch ganz genau, wie viel Ärger er an diesem Samstag hatte, an dem er mit ihrer Freundin im Auto, dass er und Nadine nicht hatte, nach Köln gefahren war, um sich Sofas anzugucken, die er nicht wollte, die eh zu teuer waren oder nur billige Notlösungen aus grobem Stoff und nicht aus schwarzem Leder wie sie ihm gefielen…als er plötzlich zu Nadine und ihrer Freundin sagte, wie aus heiterem Himmel: „Dann brauch ich mir ja nur noch einen Sarg kaufen, wenn ich das Sofa nehme, dann kann ich mir ja gleich einen Sarg kaufen…“ Was natürlich nicht gut ankam, mal ganz abgesehen, von seinem schlechten Gewissen, dem Sofa gegenüber und den Leuten, die sich Mühe gemacht hatten, es herzustellen…ja, er hatte damals tatsächlich ein schlechtes Gewissen dem Sofa gegenüber…das größer war als sein schlechtes Gewissen seiner Ehefrau oder ihrer besten Freundin gegenüber, die sich extra die Mühe gemacht hatte, sie nach Köln zu fahren


Ach, was weiß ich denn, ich weiß nicht, ob das so besser ist oder nur einfach anders, denkt er, keine Minute bevor der Bus kommt, der ihn in sein neues Zuhause, sein neues Leben zurückbringt… 









Sonntag, 20. August 2017

Kurzes Leben, langer Schwanz















Der brasilianische Koch von nebenan kommt rein. Boah, ich liebe den, der ist echt geil. Immer diese Mischung aus Melancholie und Zweckoptimismus.

„Und, wie geht’s?“, sage ich extra laut, extra provokant.