Quiero que vengas conmigo…
…a cualquier otra parte…
(Dorian)
Weil
ich nichts Besseres zu tun habe und eh keine Kunden da sind, höre ich auf der
Arbeit Übers Internet spanisches Radio. "Radio Nacional España". Es
läuft eine Diskussion um die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien. Eigentlich
wollte ich ja Fußball hören, aber das Programm wurde aus aktuellem Anlass
unterbrochen. Egal, dann höre ich eben das. Aber irgendwie kommt schon nach
kurzer Zeit dieses Gefühl hoch. Das erinnert mich voll daran, wie ich damals
immer Radio gehört habe, im Bus in Spanien, auf dem Weg in eine andere Stadt.
Das war so geil, dieses Gefühl. Alle waren am Schlafen, Nadine, María und alle
anderen Leute um mich herum und ich konnte nicht schlafen (das konnte ich noch
nie, weder im Bus noch im Flugzeug noch irgendwo auf Reisen) und hörte fast die
ganze Nacht spanisches Radio. Diskussionen. Berichte (da lief fast nie Musik,
was im Nachhinein komisch war). Draußen die spanische Nacht. Die Dunkelheit,
die Hitze (die man nicht richtig spürte, denn anders als in Deutschland hatten
die Busse alle eine Klimaanlage), die gelben Lichter, wenn wir durch
größere Ortschaften durchfuhren, das Land, das war unglaublich, dieses Gefühl…
…dass das Leben auch so sein
kann…
…auch anders sein kann…
…anders als hier.
Hier funktioniert das nicht,
funktioniert diese Magie nicht. Dieser duende.
…wie ich letztens zu meinem
Kollegen gesagt habe, nachts auf dem Heimweg, an der U-Bahn-Haltestelle: „…mein
Traum ist es, irgendwo in Südspanien mit einer Gruppe Zigeuner am Straßenrand
für Touristen Flamenco-Musik zu machen…“
…und er gesagt hat: „Warum
machst du es dann nicht?“
…und du geantwortet hast:
„…das ist nicht so einfach...“ Und dann: „Und du lebst alle deine Träume?!“ …indem
du in Bonn arbeitslos bist und schwarz Krankenhäuser putzt??
Der ist bekloppt…als ob hier
alle ihre Träume verwirklichen würden und das hier ihr Traum wäre…
Das hier! Ihr „Leben“ hier!
In der Spielhalle hinter der
Theke, bei Lidl oder bei Aldi (ich habe gehört die zahlen besser) an der Kasse,
als Kfz-Mechaniker hier jeden Tag schuften, ein ganzes Leben lang…und die
schwarze Scheiße an den Fingern geht einfach nicht mehr ab…
Das war sein Traum
Und dann denkt er: Ich bin
noch nie jemand begegnet, der seinen Traum gelebt hat…alle „lebten“ sie nur
irgendwie vor sich hin, wenn wir sie sonntags besuchten oder sie zu uns kamen, geradeso,
nicht genug zum richtigen Leben, aber zu viel zum Sterben
Wir
wurden durch das Fernsehen in
dem Glauben aufgezogen, dass wir alle mal Millionäre werden, Filmgötter,
Rockstars. Werden wir aber nicht, und das wird uns langsam klar!