Montag, 4. April 2016

Man sieht sich immer zweimal im Leben...








„Man sieht sich immer zweimal im Leben“, sagt der Kontrolleur in der Bahn zu diesem Typen, der ihm wahrhaftig erzählen will, dass er nur einen Hunderter hatte und deshalb kein Ticket am Automaten ziehen konnte. Einen Hunderter! Wer hat denn schon Hunderter in der Tasche?! Drogendealer. Zocker. Aber doch nicht dieser Doof…

Du denkst über den Satz des Kontrolleurs nach. Du hast ihn auch gebraucht, in dem Brief, den du am Tag deiner Trennung an Rafael, einen seiner Brüder, seine Frau und seine Tochter geschickt hast. Moment: an seine Schwester glaub ich auch noch. Die hat sogar geantwortet. Wie ernst du doch seist. Ja lebt die denn im Takka-Tukka Land? Das alles in ihrem Leben nur Spaß ist? Wenn mich meine Frau nach 19 Jahren gemeinsamen Lebens verlässt und meine Tochter mitnimmt, ist das weiß Gott kein Spaß.

Wenn ich Rafael an diesem Tag erwischt hätte…

Bei Herrn Klein hast du den Satz damals zum ersten Mal gehört. Warst beeindruckt. Hast direkt gedacht: Stimmt das wirklich? Wenn das stimmt…

dann müssten dir einige Leute zweimal begegnen. Eine ganze Liste von Leuten.

Aber stimmt das auch? Oder begegnet der Typ dem Kontrolleur nie wieder oder nie wieder ohne Fahrkarte?

Begegnet er Rafael nie wieder?

Gibt es keine Rache? Kann er keine Rache nehmen? Oder gibt es sowas wie eine divine retribution? Wie heißt das auf Deutsch?

Google sagt "Göttliche Vergeltung". Gibt es sowas? Dass alle zur Rechenschaft gezogen werden? Das jeder irgendwann merkt, was er für Fehler gemacht hat? Das Leben wäre schön.

Oder ist das nur ein weiterer leerer Spruch, der geschaffen wurde, um unser Leben auf diesem einsamen Planeten ein bisschen erträglicher zu machen? So wie Gott, der für manche nichts anderes ist als Opium für das Volk. Ein leeres Versprechen, das uns die Hoffnung zurückgibt.

Uns die Hoffnung nicht verlieren lässt, auf diesem einsamen, kalten Planeten