27.12.16
Wie immer kann er um zwölf
noch nicht schlafen und guckt noch ein bisschen Fernsehen. Im Ersten läuft ein
amerikanischer Film.
Der Film handelt von einem
jungen College-Absolventen, der nach dem College noch keinen genauen Plan hat,
was er machen soll und als Babysitter für eine vierzigjährige Frau mit zwei
Kindern jobbt. Erst nur für ein paar Abende, aber nach einer Weile engagiert sie
ihn als feste männliche Nanny und er verliebt sich trotz des Altersunterschieds
in seine Chefin.
Sie lieben sich und sie wird
schwanger. Als sich die Schwangerschaft jedoch als Eileiterschwangerschaft
entpuppt, trennen sie sich (woher kennt er das bloß?)
Der Typ reist um die Welt,
geht nach Afrika, Indien, um sich um Kinder zu kümmern. Und landet am Ende
wieder in New York, wo er in einem Museum Führungen für Kinder leitet.
Und in einem Restaurant
trifft er sie durch Zufall wieder. Er ist jetzt dreißig (der Glückliche – erst
30!), wie er sagt…
…und sie mag diese ganzen Dating-Sachen
nicht (sag das mal seiner EXe)…
…und sie landen alle
zusammen – inklusive seiner Eltern – an einem gemeinsamen Tisch.
Am Ende geben sie sich
unterm Tisch die Hand. Und sein adoptiertes und ihre beiden Kinder verstehen
sich auf Anhieb gut. Sie lacht, als er ihre Hand nimmt. Und dann endet der
Film.
Und er heult ein paar Tränen
in sein Kissen. In ihrem alten Doppelbett liegend, in seiner neuen
Single-Wohnung, die ich immer noch nicht als „seine“ Wohnung akzeptiert. In der
er immer noch nicht alle Möbel vollständig aufgebaut habe. Und das nach guten
fünf Monaten.
Morgen kommt seine Tochter.
Unsere Tochter, obwohl es dieses „uns“ eigentlich gar nicht mehr gibt.
Und an Silvester, unserem
Jahrestag, wird er ihr eine SMS schreiben. Eine einzige. Nicht fünf. Eine. In
der stehen wird: ¡Feliz vigésimo
aniversario! Ha sido bueno conocerte.
Was Deutsch etwa soviel
heißt wie: Alles Gute zum 20. Jahrestag! Ich bin froh darüber, dich
kennengelernt zu haben.
Und morgen wird er eine weitere
E-Mail schreiben. An seine Scheidungsanwältin.
Fast wie im Film. Er kommt
sich fast wie im Film vor.
Nur im falschen.
Und obwohl ich eigentlich
schon mehrmals dieses Jahr den Glauben verloren hatte, will ich glauben…