Mittwoch, 23. Dezember 2015

Scrooge und ich und Nadine



23.12.15





Im Fernsehen läuft A Christmas Carol von Charles Dickens. Du guckst es mit María, aber es fehlt  immer etwas. Es fehlt immer jemand.

Als der Geist der Gegenwart dran ist, sagt er: Der wird voll gemobbt, der arme Scrooge. Der ist böse und alle anderen sind gut… Das ist nicht realistisch.

Das ist genau wie bei ihm…

…so böse wie alle tun kann er ja gar nicht sein…

Ich wünschte, jemand würde deiner Mutter einen Geist schicken. Oder drei, denkt er, sagt es aber nicht laut. Das ist auch für sie nicht leicht. Wie Nadine das in ihrer SMS von Montag formuliert hat. Heute hat er versucht sie anzurufen, aber sie ist nicht drangegangen. Vielleicht auch gut so…

War Dickens zu leichtgläubig. Menschen sind nicht so schwarz und weiß. Oder hat er recht?
Meine Tochter hält als Einzige zu mir.

Irgendwann während des Geistes der zukünftigen Weihnacht schläft sie ein. Zum Glück: Denn ab dann ist das wirklich keine Kindergeschichte mehr. Mit dem Tod im Nacken.

María liegt da, neben mir im Bett, und schläft. Sie hat es nicht verdient, getrennte Eltern zu haben. In Wahrheit gibt es kein Schwarz und Weiß wie bei Dickens. In Wahrheit ist alles irgendwie grau. Ich bin nicht ganz böse und Nadine auch nicht. Wir sind aber auch beide nicht ganz unschuldig. Ach, wäre es doch nur so einfach wie bei Dickens.

Scrooge ist am 7. Februar geboren. Genau wie….

…Charles Dickens…

…und…

Ich selbst bin von allen guten Geistern verlassen. Es geht nicht um Geld…

Sie ist so schön, María, wie sie da liegt. Es ist einfach nicht fair. Aber das ist wie bei Grönemeyer: Das Leben ist nicht fair…


Irgendwann wacht María kurz auf, sagt "Oh, Mann!", dreht sich auf die andere Seite und schläft weiter.