Just a perfect day
Drink Sangria in the park
And then later
When it gets dark, we go home
Just a perfect day
Feed animals in the zoo
Then later
A movie, too, and then home
Drink Sangria in the park
And then later
When it gets dark, we go home
Just a perfect day
Feed animals in the zoo
Then later
A movie, too, and then home
(Lou Reed - Perfect Day)
Aber obwohl ich mich daran
erinnere, dass ich in diesem Jahr, und vielleicht sogar in diesem Urlaub,
angefangen habe, ernsthaft Rammstein zu hören, so war doch das Lied dieses
Sommers nicht etwa Mein Teil, Dalai Lama,
Los oder Keine Lust – obwohl du diese
Lieder und besonders Los oder Keine Lust auch richtig geil fandest,
während María mehr auf Amerika stand
(bis heute kann sie sogar Du hast mitsingen,
keine Ahnung warum…).
Rammstein war zwar cool
unter der Sonne Italiens und im Supermarkt beim Pizza-Kaufen, aber das Lied
dieses Sommers war eindeutig Tranquilize von
den Killers. Das heißt, nicht nur von den Killers, sondern von dem Killers im
Duett mit Lou Reed, von dem ich ebenfalls sein komplettes Best-of-Album auf
meinem Mp3-Player hatte. Ein paar Jahre beziehungsweise bestimmt schon mehr als
ein Jahrzehnt nach Trainspotting wollte
ich in diesem Jahr wissen, ob alle Lieder von Lou Reed so geil sind wie Perfect Day, was, wie ich Nadine immer
wieder versicherte, eins der vier Lieder war, die ich auf meiner Beerdigung
hören wollte. Ok, vielleicht nicht mehr selber hören, sondern gespielt haben
wollte.
„Dafür bist du dann
zuständig. Zuerst will ich Everybody
hurts von R.E.M. hören, dann November
Rain von Guns N‘ Roses, dann Nightswimming
(ebenfalls R.E.M.) und am Ende Perfect
Day. Von Lou Reed, hörst du...?“ Nicht, dass sie Lou Reed oder irgendeine
der anderen Gruppen kannte oder meine Begeisterung für Perfect Day jemals teilte, das ich manchmal sogar laut sang.
Aber Tranquilize hörte ich überall. Morgens auf dem Weg zum Strand in
der U-Bahn, nachmittags auf dem Rückweg und abends im Dunkeln die lauen Straßen
Roms entlang schlendernd. Immer und immer wieder. Manchmal sogar zweimal
hintereinander. Keine Ahnung warum. Irgendwas gab mir dieses Lied. Das hatte
irgendwas mit meinem Leben zu dem Zeitpunkt zu tun. Mit meiner Rolle als Vater
und Ehemann, nicht nur hier in Rom, sondern auch in Deutschland. Das hatte so
etwas Abgeklärtes, wie Lou Reed (und das ist hundertprozentig Lou Reed) die letzten
Zeilen des Liedes singt):
'Cause I don't care where you been
And I don't care what you seen
We're the ones who still believe
And we're looking for a page
In that lifeless book of hope
Where a dream might help you cope
Where the Bushes and the bombs
Uh huh, tranquilize
Ich hatte diesen Traum auch noch,
den Lou Reed da besingt, trotz meiner Erfahrung hatte ich diesen Traum noch.
Aber es war ein vager Traum, ein Traum, der mehr ein Gefühl war als ein Ziel.
Und natürlich dachte ich immer noch vage an damals, an Aberdeen, an Concha,
Conchita, wünschte mir…keine Ahnung was…
Diesen Traum von…
…mehr Leben, mehr Liebe,
mehr Geld, Mehrwert…keine Ahnung…
…oder überhaupt von leben.
Leben können. Sein können…
…und dieses Lied und
besonders seine letzten Zeilen drückten sowohl meine Hoffnungslosigkeit aus,
diese Dinge jemals erreichen zu können (in diesem Leben, auf dieser Welt),
geschweige denn festhalten zu können. Gleichzeitig drückte das Lied aber auch
meine Sehnsucht aus, dass irgendwo, irgendwie, irgendwann ein anderes, möglicherweise
besseres Leben möglich wäre…
Das war wie bei Perfect Day. Diese eigentümliche
Mischung aus Depression und Sehnsucht, Traum und Wirklichkeit, die Lou Reed,
zumindest in diesen beiden Liedern perfekt zum Ausdruck brachte
…und von der ich heute weiß,
dass es sie nicht gibt. Depressionen sind nicht sexy und Angst hilft uns nicht,
unsere Träume zu verwirklichen
Aber damals hatte ich den
Glauben noch nicht verloren
Weil mir Nadine noch
Hoffnung gab? Und María?
Aber egal: Ich wollte mehr als
ich mit ihr und María hatte. Mehr. Ich wollte mehr. Ich war mit dem bisschen
Hoffnung, das sie mir gab, dass sie mir gaben, nicht zufrieden. (Ich weiß, das
hört sich scheiße an und ist es vielleicht auch, aber die Wahrheit ist halt
oftmals nichts anderes als das: nämlich Scheiße).
Wir sind nie zufrieden mit
dem, was wir haben. Und zufrieden war ich in diesem Jahr ganz sicher nicht. Das
heißt, zufrieden war ich vielleicht, aber eben nicht glücklich (aber was ist
schon Glück?). Zufrieden war ich, doch: Denn ich war nicht in Deutschland, was
mich noch unglücklicher machte als ein Urlaub mit Nadine, in dem ich nicht
leben konnte, nicht leben durfte, nicht zu leben wusste? Stattdessen Lou Reed
hörte. Diese alten Drogenlieder, keine Ahnung aus welchem Jahr, ich glaube
sogar fast noch aus den 70ern. Vielleicht sogar noch aus dem Ende der 60er. Ich
weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass ich sogar das ganze Album hörte. Ein
paar Mal. Nicht oft, denn das war dann doch zu…düster…exotisch…anders…unmodern
als ich es von dem Sänger von Perfect Day
(dem Schlusslied meiner Beerdigung – wer das dann da auflegt, jetzt, wo
Nadine weg ist, ist eine andere Frage) erwartet hatte. Keine Ahnung warum. Ich
mochte Drogen-Lieder, ich mochte Trainspotting,
aber Lou Reed war schon…anders. Eine andere Generation als Irvine Welsh. Oder
Welsh war jung geblieben, keine Ahnung. Auf jeden Fall hörte ich das, wie wir
im Zoo waren. Im Zoo von Rom. Im Zoo der ewigen Stadt. Weil wir irgendwie nicht
mehr wussten, was wir sonst noch machen sollten (nach Neapel wollte ich nicht
und sie wollte nicht mehr an den Strand). Zusammen. Und doch nicht zusammen.
Und weil wir was für María machen wollten. Etwas, das auch ihr gefiel. Und
Tiere sind immer süß, für Kinder. Obwohl mir Zootiere noch nie gefallen haben:
Wie sie in ihren Käfigen dahinvegetieren. Niemals den Duft der Freiheit riechen
werden. Der freien Wildnis. Der freien Wildbahn. Mir hatten die immer leidgetan,
diese Tiere. Ich hatte mir immer leidgetan. So eingesperrt wie die waren. So
eingesperrt wie ich war. Mein inneres Tier. Ohne eine Chance jemals
auszubrechen.
Aber komischerweise war das
eigentlich ganz schön, an diesem Tag. Nicht nur für María. Auch für mich. Für
uns. Für uns? Wir sahen sogar zwei Fütterungen. Erst die der Eisbären. Oder
Braunbären? Die waren hinter einer dicken Glasscheibe und wurden mit Fischen gefüttert.
Das war geil. Und dann am Ende noch die Fütterung der Robben. Ich mochte die
Italiener. Die waren cool. So locker. So relaxed. Wie die alle „ecco!“ zu ihren Kindern sagten, als die
Seerobben gefüttert wurden. Das erinnerte mich irgendwie…
…an meinen Schwager aus
Ecuador (ja, ihren heimlichen Liebhaber) und sein dauerndes ¡héle! Der hätte sich da bestimmt wohlgefühlt,
an der Seite von Nadine.
¡Héle!
Meiner ist sogar größer als der der Robbe. Ach, was sage ich, ¡héle!, der des Elefanten…der Giraffe.
Ich habe einen längeren als das Giraffenmännchen. Der Giraffenbulle.
Und Nadine
wär bestimmt auch froh über ein bisschen familiäre Unterstützung gewesen…
…sie hatte ja nur mich und
María.
Egal: Später – und da hörte
ich schon Lou Reed, das Drogenalbum, dieses Lied, wo die Kinder schreien, weil
sie von ihrer heroinsüchtigen Mutter vernachlässigt werden –, später gingen wir
noch in den Streichelzoo. Wo die Schweine alle faul in der Sonne lagen, die
Armen. Auch mit den armen Schweinen hatte ich Mitleid
(schließlich war ich ja auch
eins von ihnen, auch ein armes Schwein…nur wusste ich das damals noch nicht so
klar wie heute)
Aber María gefiel der Zoobesuch.
Wir kauften ihr sogar noch ein Plastiktierchen in dem Zoo-Shop. (Keine Ahnung,
wo das heute ist. Ob sie das noch hat?)
Und abends bekam sogar ich
Auslauf. Verschaffte mir ein bisschen Auslauf. Ich glaube zumindest, das war
schon in diesem Urlaub, wo ich begann sie nachts zu verlassen. Sie im
Hotelzimmer im warmen Bett zurückzulassen (bei der Rumänin!). Mich aus dem
Zimmer zu schleichen wie ein Dieb, wie ein umgekehrter Einbrecher, ein
Ausbrecher, der aus dem Gefängnis seiner Ehe, seiner Vaterschaft ausbricht, um
in den dunklen Straßen Roms das Abenteuer zu suchen. Ganz leise. So, dass sie
bloß nicht aufwacht. Und fragt: Was machst du da?
Ich brauche nur ein bisschen
Luft. Es ist so heiß hier. So stickig. So eng. Ich komme gleich wieder. Aber du
musst nicht warten…
Weit kam ich eh nicht,
soviel kann ich schon mal vorwegnehmen. Denn schon als ich dir Tür mit meinen
zwei Frauen, meinen zwei chicas
hinter mir verschlossen hatte, bekam ich einen Anfall schlechten Gewissens, das
mich fast daran hinderte, die Treppe zur Straße hinunterzugehen. Aber am Ende
war – keine Ahnung was das für Kräfte waren, die sich da in meinem Inneren
entfalteten – stärker und ich trat aus der Tür des Hauses, in dem sich die
Pension befand. Eigentlich war es ja egal, was ich machte, ich war ja eh
gefangen. Das bin ich heute übrigens immer noch, trotz vermeintlicher Freiheit.
Obwohl María dieses Woche gesagt hat: „Was macht das schon aus, ob sie einen
anderen hat?!“ Und deine Welt noch ein bisschen näher an den Abgrund gebracht
hat…
…in den wir eh irgendwann
alle blicken müssen
To be continued...when the time is right...