Mittwoch, 19. Juli 2017

Gewitter
















Wie die Hexe in Hamlet – nein, das war Macbeth, in Hamlet war die Hexe menschlicher und nicht übernatürlicher Natur – liege ich auf der Matratze, fast nackt, bis auf die Unterhose, während draußen der Wind immer stärker wird. Ich bin Wassermann, also eigentlich von Natur aus mit den Elementen Luft und Wasser verbunden. Das Gewitter hat noch nicht begonnen, ist aber vorausgesagt. Ich gehe ans Fenster, beuge mich auf die Fensterbank aus schwarzem Marmor, durchfurcht von weißen Pünktchen und Streifen.
Wie ein Abbild des Universums: Dunkelheit und  dazwischen weiße, gräuliche Sterne, Milchstraßen. Der Kosmos in einer Fensterbank. Der Kosmos im Kleinen. Ich gucke nach draußen: Es regnet immer noch nicht, aber am Himmel türmen sich dunkle Wolken auf, eine über die andere. Aber der Boden ist trocken, noch immer trocken. Ich balle die Faust, so als hätte ich das Universum in meiner Hand. Es gibt mehr zwischen Himmel und ErdeMüsste nur zudrücken. Ich sehe mein Spiegelbild auf der offenen Fensterscheibe, die Muskeln, der runde Trizeps. Balle die Faust wieder, spüre den Wind im Gesicht, das immer noch heiß ist. Zu heiß, heute sind 32 Grad, vielleicht auch 35. Das Land braucht dringend eine Abkühlung. Ich gehe wieder rein, trete zurück vom Fenster. Nicht, dass mich die Nachbarn noch sehen, mit meinem Pelz.

Sie fliegt jetzt. Oder gleich? Oder sie fliegt erst heute Abend, will noch packen, oder noch ein bisschen mit ihrer Mutter zusammen sein. Bevor sie mit ihr für eine Woche im Urlaub entschwindet…an deinen Tagen

Willst du das wirklich? Würdest du das wirklich wollen? Heute, als sie gegangen ist, hast du gesagt: „Einen schlechten Urlaub…“ Und immer wieder hast du Witze über einen Flugzeugabsturz gemacht; bei dem sie als Einzige überlebt

Aber willst du das wirklich?

Du sehnst das Gewitter förmlich herbei.

Heute hast du von ihr geträumt, als du, nachdem sie weg war, dich hingelegt hast. Im Traum  war sie in einem Hotel. Du hast in ihrem Zimmer in ihren Sachen gewühlt...
…aber als du sie im Flur gesehen hast, mit einer Freundin, hat sie nur gelacht. Du weißt gar nicht, ob sie dich überhaupt gesehen hat…

…oder ob ihr das alles egal war, scheißegal, du

Du überlegst, ob du noch waschen sollst. Nicht, dass es gewittert… Aber es hat immer noch nicht angefangen, obwohl im Fernsehen der Deutsche Wetterdienst „vor Schauern und Gewittern warnt…“ Aber draußen tut sich immer noch nichts. Du blickst aus dem Fenster. Willst du denn…

…wen interessiert schon, was du willst

„Warum soll ich dich beobachten?“, hat Yasir letztens gesagt. „Wer bist du schon…“

Du bist nichts, niemand, ein Niemand. Auf jeden Fall nicht Gott, dass du es gewittern lassen kannst. Flugzeuge



später regnet es immer noch nicht als er zu heulen beginnt