„Gestern
Abend war irgendwie komisch. Ich konnte nicht schlafen und da hab ich die Tür
gehört. Die Haustür…das war komisch. Ich könnte schwören…“
„Ich
hab da ja so eine Theorie… Dass die Mama nachts zu dir kommt und dann hier
übernachtet…“
„Ja,
klar“, antwortet sie.
Irgendwie
nicht sehr überzeugend.
„Ist
ja nur so eine Theorie.“ Er lacht.
So
ein Instinkt. Du musst deinen Instinkten vertrauen. Du musst lernen, deinen
Instinkten zu vertrauen.
Deinen
Killer-Instinkten.
Ein
paar Tage später – er liegt gerade im Bett und chattet mit Cristina aus Madrid
– hört er wieder Geräusche im Flur. Oder bildet er sich das nur ein. So wie
früher, als oben noch diese Schwarzen wohnten, diese Frau und ihr Bruder. Da
hörte er auch immer, wie sich seine Tür bewegte. Vielleicht ist das ja auch nur
Quatsch. Vielleicht werde ich ja langsam echt bekloppt. Wär ja kein Wunder, bei
all der Scheiße.
Aber
kurz darauf ist da wieder etwas. Und diesmal könnte er schwören, dass das die
Haustür war. Denn die macht eindeutig Geräusche, wenn die geöffnet wird, denn
das ist eine dieser alten Holztüren mit Glaseinsatz. Die quietscht zwar nicht immer,
aber die macht Geräusche. Immer. Jedes Mal, wenn man sie öffnet. Er lauscht und
starrt auf die Tür, die sein Schlafzimmer vom Flur trennt. Scheiße, die ist
nicht zu, denkt er, steht so leise wie möglich auf und zieht sich die blaue Shorts
an. Denkt einen Moment, sich eine der Glasflaschen zu nehmen, die hier überall
rumstehen. Aber dann such er nur seinen Schlüssel. Als er ihn gefunden hat,
öffnet er langsam die einfache Holztür, die den Flur mit seinem Schlafzimmer
verbindet. Nichts. Er tritt in den Flur und macht das Licht an. Das Flurlicht
ist mit dem Außenlicht verbunden, so dass draußen, vor der Tür, auch das Licht
angeht. Er tritt in den Hof und hört ein Auto vor dem Haus losfahren. Ohne
nachzudenken geht er schnell zum Tor zur Straße, öffnet es und da steht
wirklich jemand. Ein Typ. Keine drei Meter von ihm entfernt. Auf der Straße um
halb zwölf. Als der Typ ihn sieht, geht er gegenüber in das Haus. Da, wo der
Handwerker seine Firma hat. Komisch, der sah noch ziemlich jung aus. Den hab
ich hier noch nie gesehen. Komisch. Das Auto verpasst er leider. Scheiße. Denn
genau in dem Moment, in dem er auf die Straße tritt, ist es weg. Er hat noch
nicht mal Zeit, sich die Marke oder gar das Nummernschild zu merken. Er blickt
zum Fenster seiner Tochter. Die Jalousie ist unten, aber es kommt ihm so vor,
als wäre da Licht. Als hätte sie noch Licht an…
Später
tritt er noch mal vor die Tür, in den Innenhof, bleibt aber vor dem verschlossenen
Tor zur Straße stehen und lauscht in die Nacht hinein. Er hört nichts, spürt
aber was. Fühlt was. Plötzlich dreht er sich um und geht zurück zur Haustür.
Heute ist Vollmond. Er sieht den hellen Mond zwischen den Bäumen, geht zurück
in den Flur und schließt die Haustür leise mit dem Schlüssel ab