Als
du vor die Tür trittst, pisst es wie aus Kübeln. Ich meine, du hattest den Regen
schon gehört, als du heute Morgen auf dem Klo warst und das Fenster gekippt hattest
– damit die Nachbarn auch was davon haben. Aber hier draußen ist das schon was
anderes. Also nimmst du den großen Schirm mit, den du auf der Arbeit geklaut
hast. Den von diesem Hotel, irgendwas mit Resort, keine Ahnung. Von irgendeinem
reichen Araber bestimmt. Aber schon nach fünf Minuten Laufen ist der linke
Ärmel deines Trainingsanzugoberteils fast bis auf die Haut durchweicht.
Scheiße, was soll das erst später geben. Aber im Wald wird es besser. Durch die
Bäume, die halten den Regen ab. Zumindest zum Teil.
„Boah,
ich hasse dieses Land!“, fluchst du laut, obwohl keiner auf der Straße unterwegs
ist, der dich hören und zumindest dein Leid teilen würde – denn es pisst ja,
wie gesagt, in Strömen. Hier würde dich auch wahrscheinlich keiner verstehen,
denn die sind ja alle glücklich in Deutschland, besonders hier in Ippendorf, wo
die Leute Geld haben.
„Boah,
ich hasse Deutschland. Wie ich Deutschland hasse… Was für ein Drecksland.“
Ich
war hier nie glücklich. Nie. Und werde es auch nie sein.
„Was
für ein dreckiges Drecksland! Dieser ganze Scheiß-Regen. Und dann noch die
Leute… Arschlöcher, alle. Alles Arschlöcher…“
Zum
Glück hört mich keiner.
Als
du ein paar Stunden später wieder zu Hause und endlich mit allem fertig bist –
mit Spülen und Kochen und allem anderen Scheiß, der so anfällt in einem
1-Mann-Haushalt – und dich endlich mit deinen Fritten, deinem kalten Kaffee (so
magst du ihn am liebsten – eiskalt aus dem Kühlschrank) und dem Rest deiner
Beeren-Mischung ins Bett legen willst und ein bisschen deine Serie Cuéntame como pasó gucken willst…
…du
hast dich gerade hingelegt, atmest durch und guckst auf den Bildschirm und
siehst die Warnmeldung. „Oh, Mann“, seufzt du laut, obwohl keiner da ist, der
dich hören könnte, hievst deinen wuchtigen Körper wieder aus dem Bett, fluchst
noch einmal („Scheiße…Scheiße, Mann…immer das Gleiche! Immer die gleiche
Scheiße!“) und wackelst in die Küche zurück, wo das Kabel ist. Das Netzteil
(wir wollen ja korrekt sein, wir sind ja schließlich Deutsche!). Du ziehst es
aus der Steckdose (hoffentlich fährt der nicht vorher runter…) und steckst es
in die Steckdose im Schlaf-/Wohnzimmer. Vorher trittst du mit dem Fuß noch auf den
Stecker, was ziemlich wehtut, aber mit den restlichen Schmerzen deiner Existenz
verglichen vernachlässigbar ist.
Endlich
kannst du die Serie gucken und hast wenigstens eine halbe Stunde Zeit, bevor es
weitergeht, bevor dein Tag weiter seinen unvermeidlichen Verlauf geht, bis du
endlich einschlafen kannst (um zwei Uhr nachts und erst nachdem du dir zu
Internetpornos einen runtergeholt hast).
Am
Ende, als du gegessen hast und die Kartoffeln geschält hast, trinkst du noch
ein bisschen Hühner-Brühe mit Zwiebeln und Knoblauch. So wirst du ganz sicher
keine Frau finden, wirst einsam bleiben, würde deine Kollegin sagen. Und wissen
sie was: Genau das willst du ja auch nicht! Außerdem war deine Kollegin bei der
Partnersuche auch nicht erfolgreicher. Du hast wenigstens noch eine Tochter,
auf die du stolz sein kannst, die hat noch nicht mal mehr einen Hund.
Und
was passiert, als du die Brühe direkt aus dem Topf trinkst? Du verschluckst
dich… War ja klar! Immer verschluckst du dich. Jedes Mal. Vielleicht liegt das
daran, dass du zu gierig bist. Oder an deinem Schluckapparat. Keine Ahnung. Auf
jeden Fall passiert das dauernd und ist eine von diesen Sachen. Diesen Sachen…
Eine weitere von diesen unzähligen Sachen, die…
…dir
so auf den Sack gehen…
Zumindest
kommen heute Nacht keine Briefbomben. Denn heute ist Sonntag und da kommt der
Briefträger nicht! Einen Tag Ruhe die Woche kann er dir auch wirklich gönnen
Was
für ein fickiges Drecksland!
Siehe auch: Tage wie diese... (Teil I)