Nachts, allein im letzten
Zug, in der letzten Voreifelbahn, die ihn jetzt nicht mehr nach Hause nach
Bonn-Finkenhof bringt, sondern nach Meckenheim, denkt er an früher, wo er noch
mit Nadine zusammen war. Damals würde er jetzt mit ihr im Zug sitzen, entweder
neben ihr oder ihr gegenüber, aber immer ganz nah. Er würde müde sein, aber
trotzdem lachen. Sie würden lachen, lachen und reden, er würde sie berühren,
umarmen, küssen, vielleicht sogar sie ihn.
Er würde ihre Wärme spüren, sie war
immer so warm, „wie eine Heizung“, sagt sie dann immer. Und tatsächlich:
Deswegen konnte er auch nie neben ihr schlafen, in ihren Armen. Außer in
Schottland, in diesem langen, kalten, nordschottischen Winter, in dieser
Wohnung in Aberdeen, die nicht mit einer normalen Heizung ausgestattet
war, sondern mit so einem Elektro-Ding, wo man immer die Einheiten kaufen
musste, am Telefon. Da schliefen sie immer in den Armen des anderen, María
zwischen oder neben ihnen (zumindest manchmal, glaub ich). Acurrucaditos, sagte Nadine dann immer. Und manchmal sang sie auch
dazu, tippte María auf die Nasenspitze, lachte und sang: Duermen los pollitos, acurrucaditos, duermen, duermen, duermen… Ich
glaube, so ging das. Das war glaub ich aus einem Kinderlied, aus Ecuador oder
aus Spanien, was weiß ich.
…und María lächelte dann
auch immer, kicherte wie nur ein Baby kichern kann. Diese freche, dreckige
Kichern, dass noch nichts weiß von dieser Welt…
Außer in Schottland…
Aber in Deutschland war ihm
das immer zu heiß. Da brach er die Umarmung schon nach kurzer Zeit wieder ab,
unterbrach dieses Band zwischen ihnen und legte sich auf seine Seite des
Bettes, meistens sogar mit dem Rücken zu ihr…
Wenn sie jetzt hier wäre,
dann würden sie lachen, reden, sich berühren…
Über was haben sie damals
eigentlich immer geredet, die ganze Zeit über, den ganzen Tag lang? Er kann
sich nicht erinnern, nicht an ein einziges Gespräch, beim besten Willen nicht.
Er weiß es nicht mehr. Kann oder will sich nicht erinnern. Über alltägliche
Dinge? Die Schule von María, ihre Leistungen, Nadines Arbeit, seine Träume.
Ihre…
Keine Ahnung. Da, wo seine
Erinnerung an diese Gespräche war, klafft ein schwarzes Loch. Das tiefer ist
als der tiefste Graben und schwärzer als die dunkelste Nacht
unüberwindbar