Ich weiß noch, wie ich sie –
das muss ganz am Anfang unserer Beziehung gewesen sein – zum ersten Mal von
hinten genommen habe. Das war sogar noch bei meinen Eltern. Ob das immer noch in meinem alten Kinderbettchen,
äh, Jugendbett meine ich natürlich, gewesen ist, weiß ich nicht mehr. Passend
wär es auf jeden Fall gewesen, aber ich glaube, da hatte ich schon mein
schwarzes Futon, dass ich danach, als wir schon lange verheiratet waren, von
Wohnung zu Wohnung geschleppt habe, bis es schließlich (das war bestimmt erst
in Duisdorf) unter meiner immer größer werdenden Last den Geist aufgab. Und wir
uns dieses vornehm aussehende, schwarze Bett mit den Füßen kauften, aber das
ist eine andere Geschichte…
Das war glaub ich an einem
Samstag. An einem Samstagmorgen. Ich kann es nicht mehr genau sagen, aber die
Tatsache, dass Nadine und ich danach noch in der Stadt einkaufen waren spricht
eigentlich schon dafür. An welchem anderen Tag hätte sie schon mit mir am
Vormittag einkaufen gehen können?! Auch die Tatsache, dass sie bei mir
übernachtete spricht für eine Nacht von Freitag auf Samstag. Was wohl meine
Eltern dachten, als sie unter uns, unter meinem Zimmer (immerhin hatten wir
Holzwände!) Fernseh guckten…? Aber vielleiht will ich das auch gar nicht
wissen. Und auch so denke ich sowieso viel zu viel darüber nach, was die Leute
über mich denken. Und nicht, was ich über mich denke (was im Übrigen noch viel
schlimmer ist). Sie war bei mir, ich war 19, sie 24 und sie übernachtete bei mir.
Bei mir im Zimmer. Was wohl meine Eltern dachten, was da keine 4 Meter (Altbau
eben) über ihren nichtsahnenden Köpfen alles so vor sich ging?? Ich kann mich
immer noch an den Satz erinnern, den Nadine vor ein paar Jahren oder vielleicht
sogar kurz vor der Trennung, keine Ahnung einmal gesagt hat. Vom Stapel
gelassen hat.
„Damals haben wir es ja dauernd
gemacht.“
Oder war es:
„Damals hatten wir ja
dauernd Sex.“
Oder sogar:
„Damals haben wir es ja
dauernd getrieben:“
Keine Ahnung, wie sie das damals noch mal gesagt hat. Irgend so
was. Und fragen kann ich sie auch nicht mehr (weiß Gott nicht…oder der
Teufel?). Irgend so was war das. Auf Spanisch.
‒ Entonces lo hacíamos cada rato...
‒ Todo el tiempo…
‒ Día y noche…
‒ …como los conejos…
“…wie die Hasen…”
…und
ist der Rasen nass, macht es auch im Stehen Spaß…
Ich weiß es nicht mehr,
obwohl ich fast nur noch in der Erinnerung lebe. Oder gerade weil ich fast nur noch in der
Erinnerung lebe??
Auf jeden Fall hatte sie bei
mir übernachtet. Keine Ahnung, ob wir schon am Abend davor miteinander
geschlafen hatten oder nicht. Ich habe keine Ahnung. Sowieso nicht. Aber das
ist auch egal. Denn am nächsten Morgen schliefen wir auf jeden Fall
miteinander. Wir wachten morgens auf, schnuckelten uns aneinander, ich umarmte
sie von hinten und wie so oft in den nächsten 19 Jahren konnte ich nicht
widerstehen. Sie war aber auch so warm, ihr Körper war eine richtige Heizung.
Ganz anders als bei Conchita. Komisch, dabei kam Conchita doch aus Südspanien.
Aus Andalusien, wo es eigentlich wärmer war als in Ecuador. Keine Ahnung. Wie
immer. So warm, dass wir uns in Schottland, wo es im Winter scheißkalt war und
wir nur eine Elektroheizung hatten, die scheißteuer war, immer aneinander
geschmiegt hatten, nachts. Jede Nacht. Im Winter. Denn im Sommer war sie ihm
viel zu heiß. Im wahrsten Sinne des Wortes. Da hielt er keine fünf Minuten
neben ihr aus. Jetzt, wo er dies schreibt und darüber nachdenkt, kommt es ihm
in den Sinn, dass er vielleicht genauso heiß war oder ist wie sie. Deswegen
schwitzt er auch dauernd so. Wo sind all diese Umarmungen, diese Erinnerungen
eigentlich hin. Wie weggewischt, so als hätte er nie in ihrem Leben existiert.
Oder ist das nicht wahr und sie denkt genauso noch an ihn. Nur anders, sonst
wär sie bestimmt schon wieder mit ihm zusammen.
Wie dem auch sei, an diesem
Morgen umarmte er ihren warmen, weichen Körper von hinten. Wie so oft. Fuhr ihr
mit der Hand über das kleine Bäuchlein, das sie trotz ihres dünnen, kleinen
Körpers immer hatte, dieses kleine, süße Bäuchlein. Ging ihr mit der Hand von
hinten in die Unterhose, zog sie ihr langsam runter. Zog sich seine eigene
Unterhose runter. Stocherte – wie immer – ein bisschen zwischen ihren
Arschbacken hin und her, mit seinem Penis (so erfahren war er, wie gesagt,
damals noch nicht – nicht so erfahren wie sie). Packte ihr mit der Hand an den
Hintern, ihren kleinen Hintern, den ich immer so schön fand, obwohl sie lieber
einen größeren gewollt hätte. Stocherte also so ein bisschen im dunklen herum,
unter der Decke (aber vielleicht war es ja sogar draußen noch dunkel, keine
Ahnung), bis ich, beziehungsweise mein kleiner Freund, auch so, auch von hinten
einen Eingang zum Glück fand. Sie werden sich jetzt wahrscheinlich an den Kopf
packen, aber Sie müssen bedenken: Nadine war erstens meine erste Freundin – ich
hatte also null Erfahrung. Und zweitens gab es damals – damals, als die
Dinosaurier noch die Erde bevölkerten – noch keine Internetpornos. Pornos gab
es schon, aber nicht im noch nicht vorhandenen Internet, sondern im Fernsehen.
Und die waren soft. Ganz soft. So
soft, dass man manchmal mit der Käsestange in der Hand vor dem Fernseher
förmlich verhungerte, bis irgendwann mal eine vollkommen behaarte Muschi aus
den Sechziger oder Siebziger Jahren zu sehen war. Nicht wie heute, wo
14-Jährige sich die Gangbang-Party thailändischer Milf Shemales im Internet
kostenlos angucken können. Diese Filmchen hießen dann immer "Schulmädchen-Report"
oder "Lass jucken, Kumpel" und waren für den Anschauungsunterricht eher
ungeeignet. Heute sind wahrscheinlich Sado-Maso-Fesselspielchen mit Einlauf die
Norm bei Jugendlichen. Wie gesagt hatte ich noch nicht so viel gesehen, aber auch sonst
null praktische Erfahrung, als ich an diesem frühen, warmen, kuscheligen
Samstagmorgen auf wundersame Weise Nadines Hintertürchen fand. Und immer
weitermachte – weil mich das natürlich erregte, so das erste Mal von hinten,
wie sollte es denn nicht?!). Bis ich schließlich kam. In Ihr. In ihr? Nein, in
dem Kondom natürlich. Damals war sie noch nicht schwanger und nahm noch nicht
die Pille, also kam ich wahrscheinlich in dem Kondom. Guckte sie erschrocken
an. Oder guckte auch sie mich erschrocken an. Sie ahnen es: keine Ahnung. Weil ich
das noch nie gemacht hatte…oder weil ich in meiner unendlichen Naivität, meiner
unendlichen Unschuld dachte, dass das Hintertürchen doch das „echte“
Hintertürchen wäre, dass ich also an diesem warmen, kuscheligen Samstagmorgen
nicht nur zum ersten Mal eine Frau von hinten befriedigt (?) hatte, sondern
auch Analverkehr begangen hatte. Ihren Anale Grande durchschifft hatte. Wer
weiß schon, was ich damals dachte, in meinen jungen Jahren, was ich da für
Ideen hatte: Aber das war eine davon. Leider
Also guckte ich sie
erschrocken an (warum
eigentlich? War das eine Sünde, oder was? Ich war zwar Katholik, aber das war
dann doch zu viel des Guten, wäre dann doch zu viel des Guten gewesen. Warum
dachte ich, dass das so schlimm sei? Von hinten. Eine Sünde. Das macht man
nicht. Fast hörte ich meine Mutter es hinter der fest verschlossenen Tür sagen…),
bis sie schließlich sagte: "Ist das ok so?" Weil sie meinen erschrockenen Blick
bemerkte? Oder weil sie auch keine Erfahrung damit hatte? Kann ich mir nicht vorstellen. Sie hatte ja einen Freund gehabt. Kann ich mir nicht
vorstellen, dass der das nie bei ihr ausprobiert hat. Der war ja laut ihrer
Aussage auch schon älter. Keine 65, aber damals schon Mitte zwanzig als sie
gerade 19 war. Erfahrener. Genau wie sie im Vergleich zu mir.
Auf jeden Fall war ich
sichtlich geschockt, sagte nicht viel an diesem Morgen. Nicht so viel wie
sonst. Selbst noch nicht, als wir später zu einem Einkaufsbummel in die Stadt
gingen. Die voll von Menschen war. Schämte mich nicht so sehr wie sonst dafür,
dass sie älter als ich war. Dass sie noch älter aussah.
(heute schäme ich mich dafür)
(dass ich mich damals geschämt habe)
(warum hat dich das eigentlich damals
so mitgenommen? Dass du sie von hinten genommen hast, dass du von hinten mit
ihr geschlafen hast? Obwohl du ja hundertprozentig das richtige Loch getroffen
hast, denn sonst wär der Widerstand schon noch größer gewesen. Hast du etwa
ernsthaft gedacht, dass machen nur Schwule? Aber kein Mann mit seiner Frau?
Kein Junge mit seiner Freundin, seiner ersten Freundin? Und Tiere, die machen
das auch, von hinten? Aber doch nicht du! An einem Samstagmorgen!)
(oder lag deine überzogene Reaktion gar
an einem Kindheitstrauma? An einem all die Jahre verdrängten Kindheitstrauma?
Bis zu diesem bis heute unvergessenem Samstagmorgen? Weil dich jemand von
hinten )
Später wurde das auf jeden
Fall zu einer deiner Lieblingspositionen. Lieblingsstellungen. Morgens
gemütlich im Bett kuscheln und so scheinbar ganz nebenbei ein kleines Röhrchen
verlegen. Von hinten. Sie umarmend, ihre Wärme spürend, ihren warmen Körper,
ihren warmen, kleinen Körper. In der Dunkelheit rumstochernd
In der Dunkelheit ihrer Hautfalten,
ihrer warmen Hautfalten