Freitag, 17. März 2017

Bis morgen...















Morgens wache ich auf, als meine Tochter ins Bad geht. Um ungefähr zwanzig nach sechs. Obwohl ich gestern erst um zwei Uhr nach Hause gekommen bin. Sie setzt sich vor den Fernseher auf dem alten Esszimmertisch und erzählt mir, dass ihre Lehrerin gestern nicht zu dem Termin mit ihr gekommen ist. Wegen der Facharbeit. Dass die nicht gekommen ist, weil die auf irgendeiner Veranstaltung war. Angeblich. Was für eine Scheiße, sage ich. Das ist so typisch. Erst den Termin machen und dann nicht kommen. Viel verlangen, aber nichts geben. Ist ja egal. Das was du schreibst, ist ja gut so. Das brauchst du ja nicht noch extra von der zu hören, oder?! Mach einfach so weiter, wie bisher. Bau vielleicht noch ein paar Zahlen ein… Sie geht wieder ins Bad, kommt dann wieder. Erzählt dir, mir, dass sie gestern in der Stadt war mit Jacqueline, ihrer besten Freundin. Dass sie da die Würstchen gekauft hat, die Mettwürstchen. Die Mettwürstchen, die sie mir in die Nudeln gemacht hat Mit Pesto. Die Nudeln, die mir immer noch schwer im Magen liegen. Aber die Würstchen waren lecker. Richtig lecker. Das waren echt Mettwürstchen. Zuerst wolltest du es gar nicht glauben und dachtest, sie hätte sich da vertan.
Sie ist so großzügig, denkst du. Kauft sich von ihrem Geld Würstchen und gibt dir wie immer etwas ab. Und du kannst ihr noch nicht mal das Taschengeld zahlen. Weil du keine kleinen Scheine hast. Also fragst du noch nicht mal, ob sie wechseln kann, hältst lieber die Klappe. Besser so. Das hast du gelernt. Manchmal einfach mal die Klappe halten. Nächste Woche ist auch noch eine Woche. Sie setzt sich wieder vor den Fernseher, in dem ein Bericht über die Türkei läuft. Boah, weißt du, was der gestern gesagt hat, der türkische Außenminister. Der türkische Außenminister! Unglaublich! Ne, was? Dass es bald Religionskriege geben wird, in Europa. Das sagt der türkische Außenminister. Die sind so bekloppt, das ist nicht mehr normal. Echt? Wieder geht sie ins Bad, sich die Zähne putzen. Im Fernsehen läuft ein Bericht über Rammstein. Da hat irgendein Spacken vor Jahren einen Film über Rammstein, über ein Konzert in Paris gefilmt. Und dieser Schauspieler zitiert diese Zeilen aus „Mutter“. Wie geht das noch mal? Und ich wünsch mir, dass ich eine Mutter hätte… Ich auch. Rammstein ist geil. Immer noch. Schon immer. Sie setzt sich wieder an den Tisch. Während du langsam aufwachst. Auf einmal sagt sie: Boah, ich hab nur noch zehn Minuten und sitze immer noch hier… Und du…liebst sie noch mehr für diesen Satz. Deine Tochter.

Am Ende, keine zehn Minuten später, als sie endgültig geht, sagt sie dann noch: Bis morgen. Verspricht sich. Obwohl sie morgen gar nicht kommt. Weil das Wochenende ihrer Mutter gehört. Das sind die „Muttertage“. Mutter… Du reagierst prompt, antwortest: Gut, bis morgen. Das wär schön. Aber sie hat schon ihren Fehler bemerkt. Und auch du sagst schon: Bis Montag…


Nicht bis morgen. Leider nicht bis morgen, Schatzi