Ich weiß noch, als wir im Urlaub waren, das
letzte Mal zusammen im Urlaub. Bei ihren Verwandten in Andalusien. In der Nähe
von Almería. In…wie hieß das noch mal…keine Ahnung...ich weiß es nicht mehr…doch: Garrucha.
Jetzt fällt's mir wieder ein. Das war’s, Garrucha! Muss man nicht kennen. Nicht unbedingt. Kein Highlight.
Die wohnten da in einem Hochhaus in der Nähe des Strandes und waren sehr „nett“.
Fast schon zu „nett“. Scheißfreundlich fast schon. Der Typ war Mechaniker und
erinnerte mich irgendwie, so von seiner ganzen Art her, an ihren Schwager. Anders als ihr Schwager war der aber glaub ich nicht mir ihr "Fahrrad fahren". Schließlich
war sie ja in Garrucha die ganze Zeit bei mir…
Wie wir da abends rausgegangen sind,
kurz vor Sonnenuntergang, kurz bevor es selbst hier, im Süden Spaniens dunkel
wurde. Wie wir am Meer spazieren waren, da wo die ganzen Hotels waren, diese
ganzen teuren Hotels…
…ich hätte nie gedacht, dass sie mich
irgendwann verlassen würde. Nie im Leben hätte ich das gedacht. Dass sie
irgendwann gehen würde. Und nie wiederkommen würde.
Streit, ja…okay…aber verlassen? Niemals.
Wir waren so…close, so eng, so keine
Ahnung. Wie verwachsen. Symbiotisch. Co-dependent.
Vielleicht genau deswegen, genau, weil wir so waren, so wie wir waren. Weil
wir uns so nah waren. Und doch so weit voneinander weg
Ich dachte immer, dass sei für immer. Für
immer und ewig. Obwohl ich natürlich frustriert war. Fast schon chronisch
frustriert. Natürlich frustriert. Aber
ich hätte sie nie verlassen. Ich hätte
sie nie verlassen. Im Leben nicht. Soviel ist sicher. Frustrationen hin oder
her. Wir waren wie ein Team. Ich, sie und María. Sie, ich und María. María, sie
und ich
So kann man sich täuschen
Ich spürte sie, berührte sie, fast schon
ständig, packte ihr an den Arsch, María regte sich auf, wir machten Witze,
scherzten und auf einmal ist sie weg. Nie wieder ein Wort, nie wieder ein Witz,
ein Lachen Kein Wort, kein gar
nichts. Noch nicht mal durch Zufall habe ich sie seitdem gesehen. Noch nicht
mal durch Zufall.
Und frage mich heute immer wieder: Wie viel
von all dem war echt? Und denke: Das kann doch nicht alles falsch gewesen sein,
pure Einbildung, eine Illusion, ein Schimäre
in der warmen, andalusischen Nacht. María
glücklich, ich glücklich…sie glücklich?
Wie viel von dem war echt? Von dem Glück
zu dritt? Oder war alles echt und es hat sich einfach so ergeben? Durch einen
dummen Zufall
(es gibt keine Zufälle)
damals wollte ich sogar ein zweites Kind
von ihr, hab ihr das gesagt. Einen Santiago oder eine Liv. Oder war das nur
Spaß? In jeden Scherz steckt immer auch ein ernster Kern? Ich war glücklich mit
ihr, ich war doch glücklich mit ihr? Oder verkläre ich die Vergangenheit? In
meiner Einsamkeit? Es ist so schwer zu sagen, aber wenn sie heute zurück
wollte, ich würde wieder nehmen. Bin ich etwa besessen? Krankhaft fixiert?
Liebeswahnsinnig? Würde mit ihr und der dafür fast schon zu alten María in den
andalusischen Sonnenuntergang gehen, direkt am Meer, am Wasser, an den Wellen
die alles wegwaschen
Ihre warmer, quirliger Körper neben mir,
im Hintergrund die roten Lichter der spanischen Nacht, das Rauschen des Meeres,
die sauber gemähten und gesprengten Wiesen, der trockene, staubige Weg, die
Wärme
die Nacht
um uns herum
nur Nacht
Nie wieder. Jetzt herrscht nur noch
eisige Kälte (trotz des schwülen, deutschen Sommers). Eisige Kälte und Geld.
Geld hier und Geld da. Hier ein bisschen, da ein bisschen: Ausgaben,
Forderungen, Anwaltskosten, Prozesskosten. Und María ist 3 ½ Tage hier, 3 ½
Tage da. Und uns beiden bricht es hoffentlich das Herz, ihr unter Woche und mir
am Wochenende – aber keiner will das zugeben, will sich die Blöße geben, vor
dem anderen, dem Antragsgegner.
Wir sind Tiere, die sich Illusionen
machen können bis sie platzen
Die Lichter sind aus, die Wärme ist weg
(oder so schwül-deutsch, dass sie unerträglich wird), die Sonne scheint bald
hoffentlich auch nicht mehr
Dieses satte Rot Andalusiens, das sich
sogar in der spanischen Flagge wiederfindet, das Feuer von 35 Grad am Tag und
25 in der Nacht, die roten und weißen Lichter, die uns den Weg ausleuchten, den
Weg zum Licht
Die deutsche Flagge ist zwar auch rot,
aber dieses Rot steht nicht für das Feuer, die Leidenschaft, sonder für das
verflossene Blut. Wofür das Schwarz steht ist ja wohl klar…Und das Gold steht
für das Geld. Der Deutschen liebe zum Geld, das sie horten, das sie verstecken,
tief unten im Keller, wie ihre Gefühle, fast schon verschüttet, um zu sehen wie
es langsam anwächst
Obwohl sie wissen, sie ganz genau wissen
dass
nichts bleibt, dass nichts bleibt, dass nichts bleibt
wie
es war
wie ich versucht habe, sie in diesem
Zimmer, dem Zimmer, das der große Sohn der Familie für uns geräumt hatte, in
den Arsch zu ficken
und sie nicht wollte
in der heißen, südspanischen Nacht