Herr
Müller befindet sich auf dem Weg zur Arbeit. Er sitzt in der U-Bahn, als sich
plötzlich ein dicker Mann schräg gegenüber von ihm hinsetzt. Der Mann ist so
dick, dass sich bei ihm nicht nur der Bauch wölbt, sondern auch der Unterleib.
Das heißt, der obere Teil der Hose, da wo der Unterleib sitzt, dieser Teil über
dem Gehänge, oberhalb des Hosenstalls, Sie wissen schon. Die sieht so gewölbt, so
aufgebläht aus, die Hose, dass Herr Müller denkt: Wer weiß, was der für einen
Schwanz hat. Nicht, dass der einen richtig dicken Schwanz hat. Ich meine, einen
dicken auf jeden Fall, aber hat er auch einen großen? Einen langen?
Diese
Obsession was dicke, große und lange Schwänze angeht, hat Herr Müller von
seinem Schwager, der (wahrscheinlich) einen ebensolchen Schwanz hat. Zumindest
hat er das immer zum Besten gegeben, damals.
Er
schaut sich den mittlerweile sitzenden Mann näher an. Er trägt ein weißes Hemd
mit dünnen rosa Streifen, hat eine Glatze. Sieht eigentlich ganz gepflegt aus.
Seine Hose ist aus diesem beigefarbenen Cordmaterial, das in gewissen Kreisen
sehr beliebt ist. Sie wissen schon. An den Füßen trägt er Sandalen mit Socken, Weiß
oder beige.
Auf
einmal wandert sein Blick wieder nach oben, in dem Schoß des Mannes. Im Sitzen
sieht man die Wölbung nicht mehr so stark. Dafür aber den untersten Hemdsknopf,
der auf ist.
Der
ist auf! Scheiße! Da ist sogar der weiße, unbehaarte Bauch zu sehen! Scheiße!
Herr
Müllers Hand gleitet unauffällig an seinem eigenen, ebenfalls rosafarbenen Hemd
herab. Nein, sein Knopf ist nicht auf, aber fast. Zum Glück. Ihm passiert das
nämlich auch immer. Obwohl er nicht so dick ist wie der Typ; der jetzt bemerkt
hat, dass sein Hemdsknopf auf ist und ihn so unauffällig wie möglich schließt.
In
der Unterführung in die Innenstadt denkt Herr Müller über den Mann in der Bahn
nach, Dabei bemerkt er nicht, oder erst zu spät, dass sein eigener Knopf (da wo
sein Bauch am dicksten ist, nun doch aufgegangen ist, obwohl er ihn in der Bahn
noch sicher verschlossen hatte. Scheiße! Und er selber ist nicht so unbehaart
am Bauch wie der Mann aus der U-Bahn. Scheiße! Unauffällig oder zumindest so unauffällig
wie möglich versucht er ihn schnell wieder zu schließen, was ihm auch gelingt.
Wie
peinlich! denkt er.
Kleine Sünden…
Und
in der Bahn geht der Knopf gleich noch mal auf (wieder unbemerkt, wie soll es
auch anders sein?!).
Kleine Sünden bestraft Gott gleich doppelt…