In Letzte Spur Berlin läuft das Lied Hurt.
Von Johnny Cash. Und reißt alles wieder auf. Alles. Die Folge handelt von einem
Ehepaar, das nie über den Verlust ihres Sohnes während eines Ägypten-Urlaubs hinweggekommen
ist. Das Lied beginnt als beide in ihrem Auto sitzen und mit einem Plastikrohr im
Auspuff, das mit der Fahrerkabine verbunden ist, Selbstmord begehen wollen.
Ja,
Verlust ist immer schwierig. Und wenn jemand von heute auf morgen nie wieder
ein Wort mit einem redet, dann ist das wie der Tod. So als wär man gestorben, obwohl
man noch lebt, das Leben tagtäglich an seinem Leiden spürt...vielleicht so stark wie noch nie zuvor
obwohl
der andere noch lebt, keine fünf Kilometer von hier und doch so weit weg
Das
Lied reißt alles wieder auf. Das hast du damals gehört. Als sie gegangen ist.
Das weißt du noch. An dem einen Tag. Dem Montag. Dem Dienstag, wo María
gekommen ist. Und bei dir in der alten Wohnung geschlafen hat. Das war das Lied
aus dem Film La Colombiana. Wie das wohl
auf sie gewirkt haben muss. Ihr Vater jenseits des Flurs im Schlafzimmer ihrer
Eltern. Ihres Vaters. Sie in ihrem Kinderzimmer. Ihrem alten Kinderzimmer. Obwohl
sie kein richtiges Kind mehr war. Jetzt, nach der Trennung ihrer Eltern. Wie
sie sich wohl gefühlt hat. Wie du hat sie an ihrer alten Wohnung festgehalten.
Trotz dauerndem Ärger mit ihrem Vater. Dauerndem Streit. Sie hat immer zu ihm
gehalten. Danke. Obwohl ich zu schwach bin, dir das zurückzugeben. Wie sie sich
wohl gefühlt hat? Ob sie auch geheult hat, heimlich in ihrem Zimmer, das bald
nie wieder ihr Zimmer sein würde, abends im Dunkeln, ihr Vater am Schluchzen
wie ein Schlosshund. Hinter der Tür. Dazu die Musik von Johnny Cash. Die er am
Ende von dem Film Colombiana gehört
hatte, schon eine Woche bevor Nadine endgültig weg war. Sie hat immer zu ihm
gehalten, war da, als Einzige; und keiner hat es ihr gedankt. Er nicht, ihre
Mutter nicht. Niemand. Mit gerade mal 16 musste sie erwachsener sein als sie
war.
Sie
wusste ganz genau, dass ihre Mutter nicht zurückkommen würde, egal wie viel ihr
Vater heulte oder schrie oder schwieg.
Alles
hatte sich für sie geändert. Und dabei war sie selbst gerade erst 16 geworden.
…als
sie ihren Vater jenseits des Flurs heulen hörte. Das war überhaupt nicht zu
überhören. Und richtig trösten konnte sie ihn auch nicht
Das
konnte niemand.
Das
kann niemand
Oder
doch: Es gibt jemand, der das kann, aber der will nicht. Will nicht mehr
Du
warst es nicht Tochter, tut mir leid, aber dafür kannst du ja nichts, wie du da
lagst, in deinem alten Zimmer und nicht einschlafen konntest, weil dein Vater jenseits
des Flurs schluchzte wie ein Schlosshund. Dich traf keine Schuld. Eher das
Gegenteil
du
hast uns vielleicht sogar all die Jahre zusammengehalten. Danke