Auf
der Arbeit, auf seine Schüler wartend, hat er plötzlich einen lichten Moment.
Einer der wenigen lichten Momente in dieser Wüste der Dunkelheit, in der er
sich seit der Trennung befindet. Er denkt: Eigentlich musst du dir ja gar keine
Sorgen machen. Weil du ja eh sterben wirst. Eigentlich kann dir ja gar nichts
passieren. Außer dem Tod.
Außer
dem Tod natürlich.
Eigentlich
hast du ja gar nichts zu verlieren. In 30, 40 Jahren bist du eh nicht mehr da.
Vielleicht auch schon in zehn. Vielleicht auch schon morgen. Wenn du so weiter
machst. Also, wozu machst du dir noch Sorgen um alles?!
Nach
der Arbeit, draußen, denkt er plötzlich: Vielleicht wissen die das ja auch
schon alle, schon lange. Vielleicht ist er ja wieder mal der Einzige, der
einzige Doof, der nichts mitbekommen hat. Vielleicht sind die ja deswegen alle
immer so cool, so ruhig, scheinen so in sich zu ruhen. Weil die wissen, dass
die ja eh sterben werden. Dass die sterben müssen.
Sind
die etwa deswegen so? Weil die sich keine Illusionen mehr machen? Haben die das
etwa alle schon vor lange vor ihm gelöst, das Rätsel des Lebens? Das Rätsel der
Sphinx, die weiß, dass alles irgendwann einmal zu Sand, zu Staub verfallen
wird? Vielleicht kratzt die ja deswegen das alles nichts mehr, vielleicht kann
die ja deswegen nichts aus der Ruhe bringen…
…seine
Frau, seine Tochter, seine Eltern, seine Anwältin…
Und
ich dachte immer, ich wär der Existentialist…