Freitag, 7. Juli 2017

Schwarzer Blog (Kaffee, bitte!)













Eines Abends, alleine auf der Arbeit, fasst er einen unglaublichen Plan... Vielleicht ist es ja die späte Stunde oder seine in letzter Zeit fast schon chronische Übermüdung, die in dazu bringen. Vielleicht ist es aber auch seine Einsamkeit, abends alleine hier in der “Halle“, draußen ist es schon dunkel und im Fernsehen läuft die Berichterstattung über die linken Ausschreitungen des „schwarzen Blocks“ in Hamburg.“Welcome to hell“ lautet das Motto der teilweise vermummten Demonstranten und „Krawallmacher“, wie der Reporter sie nennt. Und anders als die meisten Kommentare auf Twitter steht er den Aktionen dieser „Chaoten“, „Zecken“ und „Autonomen“ nicht ganz s feindselig gegenüber. Extra twittert er selbst nichts: Denn so würde er sich nur den Zorn der rechtschaffenen, selbstgerechten und natürlich völlig gewaltfreien Gutmenschen zuziehen, die mal wieder auf den Gutmenschen-Zug aufspringen, obwohl dies ja eigentlich im Widerspruch zu ihrer linken Ideologie stehen sollte. Das ist schon komisch: Er selbst, der politisch eher nicht so weit links zu verorten ist, hat Verständnis für die Proteste. Man muss was gegen die Ungerechtigkeiten auf der Welt und in Deutschland tun… Und wer hat sich jemals von friedlichen Protesten umstimmen lassen…? Wir befinden uns hier alle viel zu sehr in einer riesigen nationalen Komfortzone. Endlich mal jemand, der zeigt, dass das deutsche Feuer noch nicht erloschen ist, dass wir nicht alle Teil dieses heuchlerischen Weltgewissens sind, zu dem Deutschland ideologisch verkommen zu sein scheint.

Es gibt noch Protest!

Es gibt wieder Protest…

…und das ist gut so!

Wir sind noch nicht alle eingeschläfert worden.

Wenn er jetzt in Hamburg wäre…
(…er würde sich irgendwo verkriechen, wo er sicher vor Polizei und Bekloppten ist…)
Protest gegen diese reichen Arschlöcher, die anderen alles wegnehmen…


Dann fällt ihm plötzlich etwas auf. Heute sitzt Yasir nicht dort, wo er sonst immer den ganzen Abend sitzt. An der kleinen Sitzgruppe am Eingang. Der geht ihm so auf die Eier, der Typ. Den ganzen Abend sitzt der da, spielt nicht (oder nur auf seinem Handy, was laut eigener Aussage 1000€ gekostet haben soll – ich bin begeistert!), starrt auf sein Handy, telefoniert auf Arabisch und setzt bei manchen Gesprächen ein so schmieriges, so ekelhaftes (das ist sein Lieblingswort auf Deutsch, „ekelhaft“) Lächeln auf, dass man gar nicht wissen will, was er da gerade sagt. Nein, nicht die Automaten beziehungsweise die Tatsache, dass sie dir nicht genug „geben“ sind „ekelhaft“, wie du es immer so falsch sagst, nein, DU bist es! Das geht mir so auf die Eier, dass ich jetzt jedes Mal, wenn der wieder in diesem unnachahmlichen harten und lauten arabischen Tonfall einen KAFFEE haben will, bis 30 zähle, bevor ich überhaupt aufstehe, um ihm einen zu machen. Was für ein Schmierer! Als Gott – oder in dem seinen Fall Allah – die Schmierigkeit, die Aalglattheit verteilt hat, hat Yasir bestimmt laut hier gerufen und Gott (oder Allah) war so erschrocken, dass er ihm gleichen den ganzen Kübel gegeben hat. Aber das reicht noch nicht: Diese kleinen passiv-aggressiven Boykott-Aktionen (ihn mit dem Kaffee warten lassen, ihm nicht Hallo oder Tschüss zu sagen, in seiner Anwesenheit fast permanent die Augen zu rollen) reichen ihm noch lange nicht. Besonders nach dem, was der letztens wieder vom Stapel gelassen hat, als er ihn gefragt hat, ob er Slainté kennt. Und dann denkt er daran, dass vielleicht genau dieser Kaffee, den Yasir so gerne so gebieterisch bei ihm ordert die Lösung seines Problems sein könnte. Denn die Leute hinter der Bar haben auch Macht, auch wenn die für den der letzte Dreck sein mögen. Die kann man auch nicht einfach so verarschen. Ungestraft.

Wie diese schottische Kellnerin aus Trainspotting, von Irvine Welsh, seinem Lieblingsschriftsteller. Die den zudringlichen englischen Jungs aus gutem Hause, die sie plump anmachen und sich an ihrer vermeintlichen Ohnmacht ergötzen, am Ende mehr von ihrem Körper zuführt als sie jemals zu hoffen gewagt hätten. Nämlich indem sie auf Toilette geht und ihren Tampon in die Suppe tunkt, die sie bestellt haben. Ihren Wein mit Pipi versetzt. Ganz zu schweigen von der brown sauce… Lecker, ne?! Ja, Leute wie du, die den ganzen Tag irgendwelche Arschlöcher bedienen, die ihnen nicht mal genug Trinkgeld dafür geben, haben auch Macht. Man muss sie sich nur nehmen. Macht kommt von machen. Wenn der das nächste Mal „Einen Kaffee, bitte…“ sagt, in einem Ton, der das „bitte“ komplett unnötig macht, dann…Ja dann…

Was dann? Was könntest du ihm denn da rein tun? Was könntest du denn da Schönes rein tun? Keine Ahnung…

…aber es ist ja noch eine halbe Woche, bis zu deinem nächsten Dienst…

…viel Zeit zum Nachdenken…

…der Fantasie freien Lauf zu lassen…

…damit es nicht nur bei Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen bleibt…

Immerhin ist das hier nicht Trainspotting…

sondern die REALITÄT, die harte deutsche Realität