Donnerstag, 20. Juli 2017

Leben nach dem Tod













Ich sitze auf dem Klo, lese dieses Buch über ein Leben nach dem Tod und denke: So eine ähnliche Erfahrung hattest du doch damals auch, oder nicht?! Wie du das Gefühl hattest, dass du aus deinem Körper rausgehst, dass du deinen Körper verlässt, nachts im Bett, als Jugendlicher



wie in diesem Britney-Spears-Video. Normalerweise hörst du ja keine Britney Spears. Aber dieses Video ist anders. Ganz anders als die üblichen, poppigen Lieder von Britney (aber vielleicht sind das auch nur meine Vorurteile). Das ist nämlich eins der wenigen melancholischen, nachdenklichen, traurigen Lieder, die die andere Seite der amerikanischen Sängerin zeigen. Die es bestimmt auch gibt.

In dem Video, das in Las Vegas spielt, flüchtet Britney vor einer Meute wilder Paparazzi in ein Hotel, umringt von ihren Security-Leuten und ihrem Freund/Mann, mit dem sie später auf dem Hotelzimmer einen heftigen Streit hat. Woraufhin sie sich in die Badewanne legt und an Verletzungen am Handgelenk stirbt. Oder Selbstmord begeht, indem sie sich die Pulsadern aufschneidet (ob sie sich nun wirklich umbringt oder an den Verletzungen durch die Glassplitter der Vase stirbt, die sie vorher aus Wut gegen die Wand geschlagen hat, wird nicht ganz klar). Auf jeden Fall verlässt sie im Krankenhaus ihren Körper und sieht sich selbst tot auf einer Liege liegend. Kurz bevor sie in einem Neugeborenen wiedergeboren wird. Oder wird sie nicht wiedergeboren. Ich weiß es nicht.


Aber so fühlte ich mich auch,damals, als Jugendlicher. Als könnte ich, als könnte irgendetwas in mir, meinen Körper verlassen und mich von der Decke aus beobachten; nein, ganz so schlimm war es nicht. Ich spürte eigentlich nur, wie etwas aus mir hochstieg, aufstieg, bis es da oben war, in der Ecke des Zimmers neben der Tür, hinter der Tür, über der Heizung. Dabei fühlte ich mich gleichzeitig ganz schwer ung ganz leicht. Ich sah mich nicht von oben, aber gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass etwas in mir meinen Körper verließ; meine Seele vielleicht – wenn es so etwas wie eine Seele wirklich gibt. Ich war ganz klar über meinem Körper und das machte mir Angst, eine Heidenangst. Ich hatte Angst, dass ich meinen Körper tatsächlich verlassen und nie wieder zurückkehren könnte. Angst davor, an einer Schwelle zwischen Leben und Tod zu stehen. Aber gleichzeitig war das faszinierend, so leicht zu sein, so außer mir, wenn ich mich anstrengte. Es gibt keine Beschreibung für dieses Gefühl. Das ist wie das, was in diesem Buch steht. Diesem Buch über das Leben nach dem Tod. Von einem amerikanischen Autor, ich weiß den Namen nicht mehr. Dass der zwischen Leben und Tod, Tod und Leben Stehende keine Worte findet um das, was ihm passiert auch nur annähernd akkurat zu beschreiben. Vielleicht war es ja auch nur normal, dieses Gefühl, außer sich zu stehen, dass man da liegt, aber ein Teil (des Körpers?) an die Decke geht, an die Decke aufsteigt. Dieses Gefühl von Druck in der Brust. Oder es war irgendetwas Körperliches und das mit der Seele, oder was auch immer das ist, was den Körper verlässt, war nur ein unentdecktes Herzproblem. Immerhin lag das ja in der Familie, das mit den Herzproblemen. Aber Jahre, Jahrzehnte später, als ich die Herzmuskelentzündung hatte und selbst im Krankenhaus in der Notaufnahme von der Liege gekippt bin, hatte ich dieses Gefühl nicht. Da war gar nichts. Nichts. Und ich denke, da war ich dem Tod näher, mit den Herzrhythmusstörungen, die ich damals hatte. Das Einzige, was ich hatte, war dass ich aufgewacht bin und dachte: Was machen denn die ganzen Leute um dein Bett herum. Ich dachte ich sei Zuhause, als ich im Krankenhaus nach dem Sturz von der Liege direkt auf meine Stirn wieder zu mir gekommen bin. Aber komischerweise hatte ich da keinen Druck. Aber vielleicht kam der ja vom Luftanhalten. Aufgrund der Anstrengung. Was weiß ich. Ich lag also mit 15 oder 16 oder 17 nachts im Bett und konnte nicht schlafen und spürte, wie sich mein Körper woanders hin bewegte. Nicht mein Körper, sondern etwas in ihm. Und dabei Druck entstand. Auf der Brust. Das war geil, ich forcierte das auch ein bisschen. Andererseits hatte ich Angst, dass irgendetwas passieren könnte – vielleicht auch, dass ich sterben könnte – und deswegen hörte ich irgendwann – so seltsam angenehm das Gefühl auch war, wieder auf damit. Das war wie ein Schweben, eine Unkörperlichkeit, eine Körperlosigkeit, ein Schweben, das zugleich leicht und druckvoll war und ich meinte wirklich, dort oben zu sein, in der Ecke über der Heizung hinter der Tür. Das passierte nicht oft, aber wenn es passierte…

Krass…