Ich sitze auf dem Klo, lese
dieses Buch über ein Leben nach dem Tod und denke: So eine ähnliche Erfahrung
hattest du doch damals auch, oder nicht?! Wie du das Gefühl hattest, dass du
aus deinem Körper rausgehst, dass du deinen Körper verlässt, nachts im Bett, als Jugendlicher
wie in diesem
Britney-Spears-Video. Normalerweise hörst du ja keine Britney Spears. Aber dieses Video ist anders. Ganz anders als
die üblichen, poppigen Lieder von Britney (aber vielleicht sind das auch nur meine
Vorurteile). Das ist nämlich eins der wenigen
melancholischen, nachdenklichen, traurigen Lieder, die die andere Seite der
amerikanischen Sängerin zeigen. Die es bestimmt auch gibt.
In dem Video, das in Las
Vegas spielt, flüchtet Britney vor einer Meute wilder Paparazzi in ein Hotel,
umringt von ihren Security-Leuten und ihrem Freund/Mann, mit dem sie später auf
dem Hotelzimmer einen heftigen Streit hat. Woraufhin sie sich in die Badewanne
legt und an Verletzungen am Handgelenk stirbt. Oder Selbstmord begeht, indem sie sich die Pulsadern aufschneidet (ob sie sich nun wirklich umbringt oder an den Verletzungen durch die
Glassplitter der Vase stirbt, die sie vorher aus Wut gegen die Wand geschlagen
hat, wird nicht ganz klar). Auf jeden Fall verlässt sie im Krankenhaus ihren
Körper und sieht sich selbst tot auf einer Liege liegend. Kurz bevor sie in einem
Neugeborenen wiedergeboren wird. Oder wird sie nicht wiedergeboren. Ich weiß es
nicht.
Aber so fühlte ich mich auch,damals, als Jugendlicher.
Als könnte ich, als könnte irgendetwas in mir, meinen Körper verlassen und mich von der Decke aus beobachten; nein, ganz so
schlimm war es nicht. Ich spürte eigentlich nur, wie etwas aus mir hochstieg,
aufstieg, bis es da oben war, in der Ecke des Zimmers neben der Tür, hinter der
Tür, über der Heizung. Dabei fühlte ich mich gleichzeitig ganz schwer ung ganz leicht. Ich sah mich nicht von oben, aber gleichzeitig hatte ich
das Gefühl, dass etwas in mir meinen Körper verließ; meine Seele vielleicht – wenn es so
etwas wie eine Seele wirklich gibt. Ich war ganz klar über meinem Körper und
das machte mir Angst, eine Heidenangst. Ich hatte Angst, dass ich meinen Körper
tatsächlich verlassen und nie wieder zurückkehren könnte. Angst davor, an einer
Schwelle zwischen Leben und Tod zu stehen. Aber gleichzeitig war das
faszinierend, so leicht zu sein, so außer mir, wenn ich mich anstrengte. Es
gibt keine Beschreibung für dieses Gefühl. Das ist wie das, was in diesem Buch
steht. Diesem Buch über das Leben nach dem Tod. Von einem amerikanischen Autor,
ich weiß den Namen nicht mehr. Dass der zwischen Leben und Tod, Tod und Leben
Stehende keine Worte findet um das, was ihm passiert auch nur annähernd akkurat zu beschreiben. Vielleicht
war es ja auch nur normal, dieses Gefühl, außer sich zu stehen, dass man da
liegt, aber ein Teil (des Körpers?) an die Decke geht, an die Decke aufsteigt.
Dieses Gefühl von Druck in der Brust. Oder es war irgendetwas Körperliches und
das mit der Seele, oder was auch immer das ist, was den Körper verlässt, war
nur ein unentdecktes Herzproblem. Immerhin lag das ja in der Familie, das mit
den Herzproblemen. Aber Jahre, Jahrzehnte später, als ich die Herzmuskelentzündung
hatte und selbst im Krankenhaus in der Notaufnahme von der Liege gekippt bin,
hatte ich dieses Gefühl nicht. Da war gar nichts. Nichts. Und ich denke, da war
ich dem Tod näher, mit den Herzrhythmusstörungen, die ich damals hatte. Das Einzige,
was ich hatte, war dass ich aufgewacht bin und dachte: Was machen denn die
ganzen Leute um dein Bett herum. Ich dachte ich sei Zuhause, als ich im
Krankenhaus nach dem Sturz von der Liege direkt auf meine Stirn wieder zu mir
gekommen bin. Aber komischerweise hatte ich da keinen Druck. Aber vielleicht
kam der ja vom Luftanhalten. Aufgrund der Anstrengung. Was weiß ich. Ich lag
also mit 15 oder 16 oder 17 nachts im Bett und konnte nicht schlafen und
spürte, wie sich mein Körper woanders hin bewegte. Nicht mein Körper, sondern etwas
in ihm. Und dabei Druck entstand. Auf der Brust. Das war geil, ich forcierte
das auch ein bisschen. Andererseits hatte ich Angst, dass irgendetwas passieren
könnte – vielleicht auch, dass ich sterben könnte – und deswegen hörte ich
irgendwann – so seltsam angenehm das Gefühl auch war, wieder auf damit. Das war
wie ein Schweben, eine Unkörperlichkeit, eine Körperlosigkeit, ein Schweben,
das zugleich leicht und druckvoll war und ich meinte wirklich, dort oben zu
sein, in der Ecke über der Heizung hinter der Tür. Das passierte nicht oft,
aber wenn es passierte…
Krass…