„Wofür lebst du?“
Wofür lebst du?, liest er
auf dem Blatt, in der Schrift von Herrn Baden. Geil, denkt er. Und dann: Wofür
lebst du? Fast hört er es Herr Baden sagen, sieht ihn vor sich, in dieser Weinbar
in der Bonner Südstadt. Wie er da sitzt, mit dieser Selbstverständlichkeit.
Dieser Unerschütterlichkeit. Als wüsste er alles. Als hätte er alle Antworten.
Auf alle Fragen des Lebens. Er guckt sich den Zettel noch mal an. Das ist jetzt
schon so lange her. Mehr als zwei Jahre. Und das Komische ist: Bis heute hat er
keine Antwort auf diese Frage. Damals war es noch seine Tochter. Oder war das
etwa nur eine Verlegenheitsantwort? Keine Ahnung. Wie immer: keine Ahnung. Kann
man überhaupt für seine Tochter leben? Ich meine, bis zu einem gewissen Grad
bestimmt, aber doch nicht 100%ig. Also, wofür lebst du dann? Wofür tust du dir
das an? Wofür tust du dir das noch an? Trennungsschmerz, Geldsorgen,
existentielle Sorgen, einen Körper, der immer älter wird und irgendwann auch
nicht mehr mitmacht. Also, wofür lebst du dann?
Und, wofür leben Sie? Wenn Sie es wissen, teilen Sie es mir mit...