Dienstag, 24. Oktober 2017

Adler-Olsen, Chigurh und das Schwarze Buch






Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, 
blickt der Abgrund auch in dich hinein
Friedrich Nietzsche 







Ich gucke Adler-Olsen im Zweiten. Habe ich letzte Woche auch schon gemacht. War auch letzte Woche schon geil. Keine Ahnung, welche Folge besser war. Die heutige hieß Erlösung. War wieder krass. Und ich frage mich: Wie kriegen die das hin? Wie kriegen die das nur hin, die Skandinavier. Immer so nah an den menschlichen Abgrund zu gehen…


Ich twittere die Frage und kommentiere dann: Wenn das ein Deutscher machen würde, dann wäre er wirklich BÖSE?? BÖSE in Großbuchstaben. BÖSE wie schon lange nicht mehr. Und genau aus diesem Grunde, sage ich auch nicht „ein Deutscher“ sondern „einer von hier“. Wir brauchen die Skandinavier. Für das Dunkle in unserer Seele, das wir nicht mehr haben…

…das wir verloren haben…

…scheinbar…

Wenn wir sowas schreiben oder drehen würden…

…müsste man UNS in eine Schublade packen. Mit Gewalt mit dem Kopf voraus in eine Schublade drücken, bis wir nicht mehr reden, schreiben, drehen oder was auch immer…bis wir wieder an den Tatort glauben…an das Badische, Schwäbische oder Rheinische im Tatort…an Otto-Normal-Verbrecher ohne Abgründe…oder mit ganz seichten…an die Rosenheim-Cops, die mit Leichtigkeit sagen: Es goab a Leich…

Heute habe ich schon mal daran gedacht. Wieder mal an der Bahn. Daran, ein schwarzes Buch zu schreiben. Vom Herz-Schmerz-Liebeskummer wegzukommen und in den Abgrund zu gucken. Das kann nämlich auch empowering sein. Liberating. Befreiend. Wenn man nicht zu lang hineinschaut… Und selbst dann: Heute Morgen habe ich ein Stück aus No country for old man gehört. Im Auto, als Hörbuch. Selbst dann… Wir Deutschen lernen was von Chigurh, diesem Mann, dieser Präsenz, dieser Urgewalt…aus dem Nichts.

Und daher schreibe ich jetzt mein schwarzes Buch: Jeden Tag einen neuen Satz. Wenn es angeklickt wird natürlich nur. Jeden Tag einen Satz tiefer in den Abgrund, einen Klick tiefer in den gemeinsamen, deutschen Abgrund…

…von dem wir dachten, wir wären ihn losgeworden…

…weit gefehlt…

…weit gefehlt, Freunde…

Schwarzes Buch, Satz 1 nach der Katastrophe: Er konnte ihn nicht so in den Wald schleppen. Nicht hier, in seiner neuen Zwangsheimat. In Ippendorf wäre das vielleicht möglich gewesen, aber selbst da wahrscheinlich nicht… Ohne Auto…unmöglich… Wahrscheinlich würde er vorher unter dem Gewicht zusammenbrechen. Warum sind Tote eigentlich so verdammt schwer?? Etwa, weil der Tod ihnen Gewicht verleiht? Schwere? Die sie zu Lebzeiten nicht hatten…
Also hieß es ab unter die Dusche… Am Montag würde seine Tochter kommen, also hatte er nicht viel Zeit. Er musste jetzt einen klaren Kopf bewahren. Denk nach, Mann! Denk nach, du Arschloch! Es kam ihm vor wie ein Traum, ein böser Alptraum. Sein Leben in den letzten nunmehr fast drei Jahren war nicht einfach gewesen...und jetzt das hier. Wie bewahrt man einen klaren Kopf, wenn man das noch nie konnte. Sich schon immer Sorgen gemacht hatte. Um alles. Um alles und jeden. Seit frühester Kindheit. Aber Sorgen waren auch gut. Das hatte der von der Telefonseelsorge schließlich auch gesagt. Sorgen bewahrten einen vor größerem Schaden. Vor noch größerem Schaden. Noh größer als das hier, als diese ganze Scheiße hier?

Wie war es dazu gekommen? Wie war er überhaupt in diese Lage gekommen...

Ok, das waren jetzt schon ein paar mehr als einer…aber ich muss den paar Lesern meines Blogs ja was bieten… Also, nächster Klick, nächster Satz, obwohl ich manchmal glaube, dass das Zählsystem bei Blogger nicht (richtig) funktioniert… Aber jetzt ist’s gut: Ich muss ins Bett, von meinem Schwarzen Buch träumen