Die letzten Tage vor der Scheidung – es sind derer noch
genau 8 – fühlen sich irgendwie irreal an. So als müsste noch irgendwas passieren, was
den Termin vor Gericht doch noch verhindert
Was denn? Ein Atomkrieg?
Was hätte Fukushima noch verhindern können? Nichts
Keine Ahnung. Irgendwas
Sie kommt vorbei, sagt, das sei alles nur ein Spaß
gewesen, ein übler Scherz, sagt, sie wollte nur meine Liebe für sie, meine
Liebesfähigkeit testen
meine Leidensfähigkeit
Sagt, wir blasen das alles ab. Das ist doch alles
Quatsch. Eine Überreaktion. Und wir blasen es nicht nur ab, sondern ich blase
dir auch noch einen, heute Abend. Du ziehst wieder zu mir, ich schmeiße den
unbekannten WG-Bewohner/-in raus und wir sind wieder eine Familie, ein Ehepaar
was hast du denn genommen
das solltest du lassen bevor du noch weitere solcher
Horror-Trips hast
Die letzten nunmehr fast zwei Jahre waren ein einziger, langer
Horrortrip.
Das fühlt sich alles so an, als wäre es nicht wahr, als gäb
es da, irgendwo da, noch einen Ausweg, ein Schlupfloch, eine Falltür, was auch
immer
…wie in diesen Comics wo der plattgewalzte, tot
geglaubte, von der Klippe gesprungene Held oder Böse einfach wieder aufsteht
und alles wieder von vorne losgeht…
…könnten wir überhaupt noch mal von vorne anfangen?
Realistisch gesehen: wahrscheinlich nicht.
Das fühlt sich echt ein bisschen so an wie das Ende der
Welt. Obwohl deine Welt schon lange auseinander gebrochen ist, schon lange
nicht mehr dieselbe ist. Durch eine böse ersetzt wurde…mit bösen, deutschen
Menschen. Wölfen, die den Menschen Wölfen sind…das Ende einer Ära, von fast
zwei Jahrzehnten gemeinsamer Einsamkeit…
Und jeden Tag hoffst du auf eine überraschende Wendung,
bist aber jeden Abend wieder von neuem enttäuscht, bevor du endlich, todmüde in
einen holprigen, unruhigen Schlaf hinabstürzt
Du willst sie nicht sehen, in fast einer Woche, selbst
vor Gericht nicht. Und gleichzeitig willst du nichts mehr als sie sehen, ein
letztes Mal, bevor jeder von euch sein eigenes, trauriges Leben weitergeht
fühlst dich wie in diesem Video von Love of Lesbian. Wo der am Ende aus dem Fenster springt und das
ganze Lied über mit so roten oder rot umrandeten Augen singt, dass das dir
nicht mehr wie ein Zufall vorkommt. Hat er geheult
Das Lied mit dem Titel Los días no vividos, die nicht gelebten Tage…
…die nicht geliebten Tage…
Wo der singt: …dunkle
Materie, die aus Leere gemacht ist…und ich erhebe das Glas, das leerer ist als
ich…es führt in die Hölle…ich erinnere mich an keine bessere
Nicht-Geschichte…ich werde zu den nicht gelebten Tage… Und die Welt am Ende
wirklich untergeht. Das ist aus diesem spanischen Film. Wo er am Anfang sich
streitet, weil er das Ende der Welt nicht mit seiner Frau/Partnerin verbringen
will
Eres un hijo de puta
y no me da la gana de perdonarte…joder…
Und es klingelt an der Tür, klingelt nicht, klingelt,
klingelt nicht