Mehr als ein Film-Review
Nachts kannst du nicht
schlafen. Hast zu viel Kaffee und Cola getrunken. Viel zu viel Kaffee und Cola.
Bist irgendwie dumpf wütend, dumpf depressiv. Und guckst Fernsehen. Bis tief in
die Nacht…
Und dann läuft da dieser
Film. Mit dieser Frau. Die für ihren Sohn nur schnell mal Mini-Pizzen kaufen
will. Und dabei von einem flüchtigen Bankräuber entführt wird. Ihn zu seinem
Komplizen fahren soll. Stundenlang. Mehrere Hundert Meilen weit.
Irgendwann hat die Frau keinen Bock mehr, die Füße still
zu halten. Weil sie von dem Typen an ihre Grenzen gebracht wird. Und weil ihr
Ex ihr nicht hilft. Weil sie den Jungen allein, ohne irgendwelche Hilfe,
erziehen muss und kein Geld mehr hat.
Und du fragst dich: Wo sind deine Grenzen? Wann fängst du
an, dich zu wehren? Deine Rechte, deine Werte zu verteidigen? Wo ist der Punkt,
an dem du brichst? An dem es aus dir rausbricht? All die Scheiße? All die
Ungerechtigkeit? Wie du behandelt wurdest? Noch immer behandelt wirst? Wann
kommt dieser Punkt?
„Wie viel Ärger ich doch
durch diese Trennung habe…“, hast du gestern gesagt. Und eine Million mal mehr
nur gedacht. Immer wieder. Diese Ungerechtigkeit. Diese ganze verdammte
Ungerechtigkeit. Wann wirst du von Manuel Carrasco, dem spanischen
Schmusesänger zu frei.wild, den Südtirolern Rockern? Wann macht es bei dir
Knacks, wie bei Nadine nach der Trennung? Wann?
Irgendwann kann sie nicht
mehr. Und obwohl ihr Sohn auf dem Rücksitz liegt und schläft, drückt sie auf
das Gas. Gibt immer weiter Gas. Bis sie von der Straße abkommt… Wie in Fight
Club, wo der auf einmal bei Höchstgeschwindigkeit loslässt…
Gut, der Film hat seine
Schwächen. Warum kommt der Typ überhaupt zurück? Und entführt gerade an der
Tankstelle, wo die Frau – nachdem sie ihm entkommen ist und auch ihr Sohn in
Sicherheit ist – die Polizei anruft eine weitere Mutter mit Kind… Klar, denkst
du: Es gibt keine Zufälle. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass man
Menschen, egal wen, nicht bis aufs Blut reizen sollte. Weil sie irgendwann
genug haben. Irgendwann so die Schnauze voll haben, dass sie… Dass sie nicht
mehr wollen, dass sie nicht mehr können…
Keine Ahnung. Aber auf jeden
Fall zeigt er, wozu jemand in der Lage ist, wenn er „bricht“. Wenn sich ein
Mensch einmal entschlossen hat, sich zu wehren. Sich endlich zu wehren. Wenn er
alles aufs Spiel setzt, um in all dieser Erniedrigung, dieser Gleichgültigkeit
der Welt sich doch ein bisschen Stolz, ein bisschen Selbstrespekt zurückholen…
Und am Ende richtet sie den
Bankräuber selbst, erschießt ihn (natürlich nur in Notwehr) und entkommt sogar
mit der Beute. Gewinnt vor Gericht den Unterhaltsprozess und kriegt noch eine
Belohnung für die Ergreifung des Flüchtigen…
Zeigt der Welt, dass man
niemanden unterschätzen sollte…
Egal für wie geistig und
finanziell unterbemittelt man ihn hält…
Egal für wie schwach, wie am
Boden der andere ist…
Egal für wie weiblich oder
männlich…
Man sollte nie zu
überheblich werden…