Der Wunsch zu
heulen, einfach loszuheulen ist so stark, so ausgeprägt, so drängend, dass du
nicht weißt, ob du es schaffst, ihm zu widerstehen. Du willst einfach nur
losheulen, aber du tust es nicht. Nicht hier, nicht jetzt, obwohl du so gerne
würdest…
Ein Blog über das Leben, die Liebe, Beziehungen, Verlust, Angst, Spaß, die Lust, die Lust am Schreiben,Südamerika, Musik, südamerikanische Frauen, die Liebe, Spanisch, Englisch, Schottland, Spanien, Deutschland, dat Rheinland, Kinder, Literatur, Vergänglichkeit, Arbeit, Politik, die Mafia, Urlaub, Gewalt, Verbrechen, Sex, große und kleine Gefühle und vieles, vieles, vieles mehr ...
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Montag, 29. Januar 2018
Yin und Yang
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Depression,
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Familie,
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Vatersein,
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Wald,
Wetter,
Wut
Dienstag, 23. Januar 2018
Heiligabend (im Wechselmodell)
Schon um neun Uhr
irgendwas klingelt es. Fast schon Sturm. Auf jeden Fall nicht nur einmal. Nein,
keine Angst, die können dich nicht gepfändet haben, haha. Und die Polizei ist
es, soweit ich weiß, auch nicht. Also muss es wohl María sein. Und du hattest
noch gar keine Zeit, dir jetzt schon einen anzuzwitschern. Obwohl ich schon
wach bin, schon seit kurz nach acht. Obwohl ich gestern erst um halb vier ins
Bett gekommen bin. Nach der Arbeit war ich zwar schon um zwei zu Hause, aber da
ich heute frei hatte, dachte ich: Dann kannst du ja noch was machen. Dann
kannst du ja noch was fernsehen. Beziehungsweise Pornos im Internet gucken,
immer auf der Suche nach dem perfekten Porno.
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Alkohol,
Ecuador,
Einsamkeit,
Familie,
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Leben,
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Vatersein,
Wechselmodell,
Weihnachten
Montag, 30. Januar 2017
Antonio Orozco, Hoffnung und dieses Scheiß-Leben
Ich gucke dieses Video von Antonio Orozco. Wo der auf der Hochzeit singt. Keine Ahnung von wem. Kenne ich
nicht, aber der Typ sieht gut aus. Die Alte auch, aber nicht ganz so. Er
gewinnt, weil er gleichgültiger sein kann. Weil er besser aussieht. Oder doch sie? Traue nie einer Frau, die sich traut. Selbst wenn sie, wie im Video, heult. Aber egal. Lassen wir das. Ich
gucke das Video und höre, wie der singt. Wie der leidet. Und denke: Du kannst
leiden so viel du willst, sie wird nie zurückkommen. Du kannst bis ans Ende der
Welt leiden. Sie würde nicht zurückkommen. Nie. Keine Chance, du Wichser. Die
Realität ist halt anders als Antonio Orozco. Du kannst es 50mal hören, in der
Original-Version, in der Flamenco-Version, in der Fick-mich-in-den
Arsch-Version…sie wird nie zurückkommen. Und die Hoffnung stirbt auch nicht
zuletzt, denn sie ist schon lange tot. Kannst es hören, bis die Nachbarn die
Polizei rufen, bis die Kühe nach Hause kommen, bis eure Tochter sagt „Das
nervt, mach das mal aus!“...sie wird nicht kommen. Egal wie viel du leidest
oder besser gesagt: Je mehr du leidest, desto geringer werden deine Chancen,
dass sie überhaupt jemals wieder ein Wort mit dir spricht. Außer das klare Nein
bei der Scheidung. Ihr letztes Wort.
…de tu vo’, de tu andar, del sentir, del de’pertar…
…e‘toy hecho de pedacito’ de ti…
…e’a lu’…
…el saber de que sin ti no soy na‘a
..que
la noche fue gri’
Und obwohl du das weißt, das
ganz genau weißt, du Wichser, hörst du das Lied immer wieder. Wie eine
Beschwörung. Aber die Nacht hört nicht auf dich. Die scheißt auf dich. Und die
Sterne sind blind, tot, schon lange weg, egal wie oft du zu ihnen aufschaust
Aber das ist wie mit diesem
Scheiß-Leben. Wir wissen, dass es zu nichts führt, klammern uns aber trotzdem an
es als wär es unsere letzte Hoffnung
weil es genau das ist
wir werden geboren
wir lieben
wir sterben
Noch einmal, nur noch einmal
Antonio Orozco auf dieser Hochzeit, wo du noch nicht mal weißt, ob die
überhaupt noch zusammen sind
Donnerstag, 12. Januar 2017
Innerer Monolog
bei mir muss eh keiner zuhören
interessiert ja eh keinen, was ich sage
aber wann soll ich denn was sagen? Wenn ich von der
Brücke gesprungen bin? Wenn ich unter der Erde liege? Oder jetzt?!
für mich muss sich ja eh keiner interessieren
alles, was ich sage, prallt ungehört ab. Denken die
eigentlich alle, ich bin so stark, dass ich schon damit klarkommen werde?
Irgendwie? Irgendwann? Oder denken die gar nichts
oder denken die, dass ich so dumm bin
wahrscheinlich Letzteres
das war mein ganzes Leben lang so…ich kenne das ja gar
nicht anders. Wer als Kind schon auf Außenseiter geeicht
kein Wunder, dass ich mit mir selbst rede
ich hab mich das schon oft gefragt, warum das so ist: Ist
das nur so, weil die Leute eh alle gleichgültige Arschlöcher sind, die sich für
niemanden außer sich selbst interessieren; oder ist das wegen mir so weil mich keiner will oder muss
denkt nur alle weiter, ihr könnt sowieso nicht helfen,
sowieso nichts tun
bei den Leuten im Fernsehen, in den Serien fühlt man mit,
aber bei den echten Personen im wahren Leben ist das zu viel verlangt
irgendwann hörst du auf zu reden. Weil dir ja eh keiner
zuhört wenn du keine Komödie mehr
spielst wenn du es ernst meinst
hilft ja eh nichts
warum sollte sich das jemals ändern
vielleicht wollen die ja, dass ich kaputtgehe
vielleicht wollen die mich ja leiden sehen
vielleicht genießen die das ja. Und denen geht es umso
besser je schlechter es mir geht
warum bin ich es nicht wert, dass man was für mich tut
einmal was für mich tut
Samstag, 30. Juli 2016
Weltmeister im Leiden
Er guckt diese spanische
Serie, El ministerio del tiempo, oder
auf Deutsch das „Ministerium der Zeit“.
Da wo die in der Zeit rumreisen, um berühmte Persönlichkeiten der spanischen
Geschichte zu retten. Don Quijote, Picasso, Dalí, Lorca, den Cid. Und in einer
Folge sagt der Leiter des Ministeriums zu einem seiner Mitarbeiter, der noch
immer schwer am Tod seiner Frau in einem Verkehrsunfall zu knabbern hat: „Du
glaubst von dir selbst, du bist der campeón
del sufrimiento, der Weltmeister des Leidens, der Weltmeister des Leides...im
Leiden.
Und irgendwie ist dieser
Satz hängengeblieben. Irgendwie. Kommt immer wieder hoch. Und wenn ein Satz
hängen bleibt, dann ist er wichtig. Nicht nur, weil du immer noch das
Ministerium der Zeit guckst. Und wenn etwas immer wieder hochkommt…dann will es
raus.
Das ist so wie das, was Stephen
King über das Schreiben und die Ideen für neue Geschichten gesagt hat. Er
schreibt sich nie etwas auf. Selbst wenn er eine grandiose Idee hat… Erst, wenn
eine Geschichte sich ihm aufdrängt, wenn er immer wieder daran denken muss,
wenn sie eben „hängen bleibt", dann ist sie wichtig genug, von ihm
niedergeschrieben zu werden.
Und bei dir ist das dieses
Gespräch aus der Serie. Dieser Satz: „Miguel…du denkst, du bist der Weltmeister
im Leiden."
Du bist auch so ein kleiner Weltmeister
im Leiden. Denkst, du wärst der Einzige, der Probleme hat. Der Einzige auf
dieser Welt. Der Einzige, der ein Opfer ist. Der Einzige, der Post after Post
darüber schreibt, wie sehr ihn das Verlassenwerden, der Verrat seiner Ex verletzt
hat. Der Einzige, der allein ist, der einsam ist, der niemanden hat, dessen
Leben Scheiße ist…
Aber das bist du nicht, genau
wie der Typ aus der Serie das nicht ist – obwohl er es glaubt. Du bist
eigentlich gar nicht allein. So toll bist du auch nicht. Dass du der Einzige
wärst. So besonders. Denn es gibt ganz viele Weltmeister im Leiden. Alle auf
Platz eins. Alle ganz oben auf dem Treppchen. Alle haben eine Goldmedaille,
einen Pokal, eine Urkunde…
Und alle sitzen alleine im
stillen Kämmerlein.
Und genau da liegt das
Problem: Wir leiden alle allein. Wir sitzen
alle im stillen Kämmerlein und leiden alleine vor uns hin. Schreiben uns unsere
Sorgen vielleicht sogar auf. Führen ein Leidens-Tagebuch, ein Sorgenbuch, ein
Angstbuch. Oder machen uns die ganze Zeit Gedanken. Tagein, tagaus. Denken
immer wieder über alles nach. Über alles und jeden. Jede Kleinigkeit. Jedes
Detail löst in uns wahre Gedankenströme aus, Gedankenfluten, die wir nicht
lösen können – alleine. Und genau deswegen, weil wir es doch versuchen (obwohl
wir wissen, dass wir es nicht können), kommen die Gedanken immer wieder hoch.
Wir sind sozusagen psychische Wiederkäuer, jeder für sich alleine. Weil wir uns
schämen, für das, was wir sind, was wir geworden sind, was wir falsch gemacht
haben, einfach für alles. So sind wir. Wir campeones…
campeones…! Wir trauen uns nicht, uns zu verbinden, zu anderen Leidenden,
anderen Weltmeistern in Kontakt zu treten, Networking zu betreiben, wie man das
Auf Neudeutsch so schön nennt.
Wir sitzen lieber alleine im
stillen Kämmerlein und leiden vor uns hin. Weil man uns schon von klein auf
darauf abgerichtet hat, genau das zu tun. Wir erzählen unsere Probleme
niemandem. Weil wir niemanden haben (und sagen Sie nicht, man hat immer jemanden, denn das stimmt nicht…immer).
Er zum Beispiel hat niemanden und er ist bestimmt nicht der Einzige auf dieser
Welt. Er ist bestimmt nicht der (einzige) Weltmeister im Leiden. Bestimmt ist
er nur Durchschnitt. Kreisklasse. Regionalliga.
Nur Leute, die leiden, die
reden nicht einfach so über ihr Leid, die binden das nicht jedem gleich auf die
Nase, die tun so als ob, die halten die Fassade aufrecht, die schweigen lieber.
Oder sie blitzen immer wieder ab, weil ihnen eh nicht zugehört wird. Weil sie
unangenehm sind, aufdringlich, nicht „normal“, penetrant, nervig, zu intensiv,
anstrengend, zu sensibel und weil sie einen wütend machen. Weil die Leute das
nicht hören wollen. Fick die Leute! Die Leute wollen nicht hören, was sie zu
sehr an ihren eigenen Leidensweg erinnert, an ihr eigenes Scheitern. Sie wollen
„schöne“ Geschichten hören. „Nette“ Geschichten, am besten mit Happy End! Sie
wollen den Scheiß nicht hören, das Leiden anderer Weltmeister im Leiden. Das
ist so, wie das, was dein Vater dir im Krankenhaus gesagt hat, damals. Der
doppelte Bypass hält ihn doch nicht davon ab, dich noch runterzumachen. Oder?!
Ihn doch nicht! Auf dem Sterbebett würde er wahrscheinlich noch sagen: „Sohn,
du bist nichts. Du hast niemanden. Deine Frau ist weggelaufen…und um ehrlich zu
sein: Ich kann sie verstehen! Selbst deine Tochter besucht dich fast nicht
mehr.“ Auf jeden Fall, damals im Krankenhaus, da sagte er wortwörtlich, mit
diesem abfälligen Tonfall, den du nur allzu gut aus deiner Kindheit und Jugend
kanntest: „Das will doch keiner lesen, was du schreibst. Die Leute wollen
„schöne“ Geschichten. Und nicht das.“ Ein Mann, der in seinem Leben keine fünf
Bücher gelesen hatte, sagte dir was gute Literatur ist. Der du tausende von
Seiten auf Englisch und Spanisch gelesen hast! Sagte dir, was die Leute wollen.
Als ob du ein kleines Kind wärst. Als ob du nicht Literatur studiert hättest.
Und das Beste ist: Du hast es dir zu Herzen genommen. Wie so viel, was du dir
nicht hättest zu Herzen nehmen sollen. Es aber getan hast. Es runtergeschluckt
hast, wie eine Prostituierte Sperma, obwohl du nicht wolltest, obwohl du es
hättest eigentlich besser wissen sollen…müssen.
Aber so sind wir. Wir
Leider. Wir sind Masochisten. Nicht im sexuellen Sinne, wie sein Kollege, Herr Baden, das einmal hervorgehoben hat, nachdem er seine Leidensgeschichte genüsslich
zu Ende gehört hatte.
Und die anderen? Die, die
nicht oder nur wenig leiden, die sind keine Masochisten. Wenn schon, dann
Sadisten. Die sind eine Masse, ein Block. Die halten zusammen. Die haben
Freunde. Die haben Familie. Die haben Bekannte. Die haben Geliebte. Die finden
schnell Anschluss. Oder zumindest kommt es uns in unserem unendlichen Leid so
vor. Die lachen gemeinsam, die feiern, die gehen raus, die geben sich ihre
Telefonnummern, rufen sich an, die genießen das Leben. Weil sie „locker“
bleiben. Weil sie „cool“ sind. Weil sie nichts an sich heranlassen. Weil sie
sich für nichts einen Scheiß interessieren. Das kratzt die einfach nicht. Egal,
wie sehr wir denken, dass es sie genauso berührt wie uns, das tut es nicht!
Egal, wie sehr wir denken, dass sie genauso über die Dinge nachdenken wie wir,
das tun sie nicht. Oder wahrscheinlich nicht.
Und wir sind weiter alleine,
ganz alleine, unverstandene Weltmeister im Leiden. Jeder für sich. Keiner weiß
vom anderen, obwohl er ihm vielleicht helfen könnte. Ihn vielleicht anders als
Eltern, Kinder, Freunde, Bekannte, Verwandte verstehen könnte. Und so sitzen
wir da, jeder für sich, jeder in seinem Gefängnis, jeder am Leiden wie ein
Weltmeister. Weil wir arm sind. In der Spaßgesellschaft. Weil wir nicht wissen,
wie wir über die Runden kommen sollen…weil wir Schulden haben…keine „schöne“
Wohnung…kein Haus…keine Yacht…kein Auto…weil wir einsam sind…weil wir niemanden
haben, der uns zuhört, uns tröstet, uns berührt, uns fickt…weil wir schüchtern,
gehemmt, verklemmt sind… weil wir hässlich sind…oder das denken…weil wir überhaupt
immer zuerst daran denken, was die anderen über uns denken könnten (ohne das
natürlich genau zu wissen)…weil wir gemobbt worden…werden…ignoriert
werden…nicht für „voll“ genommen werden (obwohl wir doch voller Alkohol oder
Drogen sind)…weil wir Außenseiter sind…Opfer von Missbrauch…weil wir verlassen
worden…viel zu früh verlassen worden…von allen guten und schlechten Geistern verlassen
worden…nicht geliebt worden…weil wir ein Kindheitstrauma haben…weil wir anders sind…trauriger…depressiver…bipolarer
…schizophrener…mutistischer…ach, einfach anders (und jetzt lass mich in
Ruhe)…weil wir nicht dazugehören (das noch nie getan haben)…weil wir keine
Freunde haben…keine netten Nachbarn…weil wir arbeitslos sind…weil wir die
falsche Arbeit haben…weil wir ständig unglücklich sind (wer will schon mit „so
jemandem“ zusammen sein, geschweige denn reden?!)…weil wir Arschlöcher
sind…weil wir gemein sind…richtig fies…weil wir alt sind…oder
werden…gebrechlich…weil wir Angst vor allen haben…weil wir Angst vor dem Tod
haben.
weil wir…
…kreativer sind…
…schlauer
…schöner…
…sensibler
…intelligenter…
…feingeistiger…
…weiser…
…ehrlicher…
...nachdenklicher…
Boah, wenn wir aufhören
würden zu leiden…
Wir alle…
Oder zumindest mit all
unserem Leid, unseren Sorgen, unseren Ängsten nach oben kommen würden, wenn wir
alle hochkommen würden aus dem stillen Kämmerlein…
…an die Oberfläche…
…an die Öffentlichkeit…
Wenn wir alle unsere
Geschichte erzählen würden…
…boah…
…dann…
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