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Freitag, 28. Oktober 2016

Markus Lanz und die Wut auf das Establishment










  
Das Vertrauen ist weg, sagt der Typ im Fernsehen. In dieser Reportage über die aktuelle Lage im Amerika vor der Wahl.

Und das stimmt. Privat wie gesellschaftlich. Gesellschaftlich wie privat.



Fasziniert  hört er Lanz zu, wie er Amerika beschreibt. Lanz! Gibt es vielleicht doch noch eine Chance für die Ehrlichkeit? Eine neue Ehrlichkeit? Im Fernsehen, in der Gesellschaft. Er wartet sogar extra noch damit, die Automaten in der Spielhalle zu reinigen, um die Reportage sehen zu können.

Obama hat es geschafft…

…diese Wut unter Kontrolle zu halten…

…trotz aller Frustrationen…

…diese Wut über die herrschende Klasse...

…Zorn und Wut entladen sich auf der Straße…

…dieses Hippie-Leben und all das…

ist lange vorbei

…wenn Sie mit den Menschen sprechen…

…dann merkt man schnell wie viel Angst sie haben…

…sie fühlen sich so, als wäre das gesamte Wirtschaftssystem gegen sie…

…Überleben ist hier die Hauptbeschäftigung…

Viele Amerikaner fühlen sich im Stich gelassen von ihrer eigenen Regierung…


Irgendwann kippt das System, sagt die Börsenexpertin.

…die wissen, dass das gefährlich ist…

…was weg ist, ist das Vertrauen…

Das kannst du laut sagen…

…das Internet hat dazu beigetragen. Wir werden sehen, das Erwachen der Massen…

…sie sind besser informiert, die Masse realisiert diesen Abstand zwischen den
Schichten…

…nun brauchen wir wieder eine Reform…

…in den nächsten 8 bis 10 bis 12 Jahren müssen wir grundlegend etwas ändern…

…erschütterte die gesamt westliche Welt in ihrem Glauben und in ihren Werten…

Ist das noch ihr Amerika?

Ist das noch dein Deutschland?

Die Gründe für das Aufbegehren des Volkes bleiben bestehen…

Trump wächst mir ihrer Wut und ihren Ängsten...

Er denkt: Es ist einfacher, auch und besonders für Lanz, das an Amerika zu sehen als am eigenen Land. Diesen Unmut am Beispiel von Amerika aufzuzeigen als am eigenen Land…

…die machen sich nur die Taschen voll…

…unsere jetzigen Politiker sind nicht viel anders als…Diktatoren…

…aber wir haben zu viele Einwanderer hier in Amerika…

Und dann spielen sie dieses Lied. Das Johnny-Cash-Lied. Das Lied deiner Trennung. I hurt myself today....to see if I still feel…

Das Volk hat sich in Gewinner und Verlierer aufgeteilt…

…einen Hass auf die Profiteure des Systems haben…

…wenn wir die Spannungen ignorieren…

…es gibt Kräfte in der amerikanischen Politik, die sich gegen das Establishment stellen…

Sind sie enttäuscht? fragt Lanz das Rentnerpaar, das von einem Haus in eine Wohnung und von da in einen Wohnwagen ziehen musste…

Viele sind enttäuscht, sagt der Mann.

Ja, es ist hart…, stimmt die Frau ihm zu.


Und er denkt die ganze Zeit nur: Warum machen die das nicht in Deutschland? Warum gehen die nicht in den Osten, nach Dresden, nach Ost-Berlin? Und befragen da die Leute? Anstatt diesen Stellvertreterkrieg zu führen…

Die Amerikaner dürfen die Wahrheit sagen. Warum sie Trump wählen. Wir nicht…


…jegliche Unterstützung brach weg…

…zu nah vor der Haustür…

too close to the bone

…er ist ehrlich. Manchmal auch zu seinem Nachteil…

Kommt mir irgendwie bekannt vor… Woher kenne ich das bloß?!

Es ist alles nicht so abgesichert wie man mal dachte…








Montag, 17. Oktober 2016

Alltag, Gyros Pita und Grundstimmung









Am Montag stehe ich um 13:05 auf. Ich habe schließlich frei. Obwohl ich viel lieber arbeiten würde… Im Fernsehen läuft schon das Mittagsmagazin. Kaiser’s Tengelmann geht unter, die Deutsche Bank auch, in Dresden läuft wieder Pegida, aber ansonsten besteht die Spaßgesellschaft noch (vielleicht auch weil Pegida an ihrem „zweiten Geburtstag“ weniger Mitglieder versammelt hat. Heute habe ich eine ******************* (zensiert, die Feindin hört mit!). Geil. Ich freue mich jetzt schon. Aber erst um 19:30. Also muss ich vor 16:00 nicht daran denken, mich zu duschen und zu rasieren. Und zu bügeln (scheiße, ich muss noch bügeln).

Auf dem Klo sitzend – ich konnte es gerade so noch einhalten, habe es gerade so noch geschafft, schnell den Laptop ins Badezimmer zu schaffen, während es schon ganz schön heftig drückte – denke ich darüber nach, was an einer „negative Grundstimmung“ (haben die im Fernsehen gesagt) eigentlich so schlimm sein soll. Warum wehren sich die Deutschen so gegen negative Gefühle? Fast schon beharrlich. Warum muss immer alles positiv sein? Ohne negative Gefühle kann es schließlich keine Veränderung geben. Denn wenn alle glücklich und zufrieden und comfortable sind, wird sich nie was ändern. Wo hat er das noch mal gelesen? Gestern, irgendwo. Keine Ahnung. Ein Hoch auf die moderne Mediengesellschaft. Manchmal kommt er sich in Deutschland schon ein bisschen so vor wie in Brave New World oder Schöne neue Welt, dem Buch von Aldous Huxley. Alles ist wunderbar. Alle sind zufrieden. Unser tägliches Soma gib uns heute. Wie Herr Baden das damals zu ihm gesagt hat, das mit der „negativen Grundstimmung“, da hat er sich instinktiv gesagt: Dir geht’s doch auch nicht besser, du tust nur so. Du bist doch auch nicht glücklich. Nur, weil du einmal die Woche zu deiner Prostituierten gehst. Und ein bisschen mehr Geld auf dem Konto hast als ich. Deswegen soll es dir besser gehen?! Deswegen sollst du glücklicher sein?! Unglück ist der beste Motor zur Veränderung…

Außerdem: Was ist schon Glück? Wann waren Sie, lieber Leser, liebe Leserin, das letzte Mal „richtig glücklich“?                                       genau

Aber wie immer hat er nichts gesagt. Wie immer. Es ging ja auch nicht um Herrn Badens Leben, sondern um seins. Das verkorkst, versaut, getrennt und atomisiert war.


ist?

Er denkt darüber nach, dass, wenn das Fernsehen wirklich eine „positivere“ „Grundstimmung“ haben wollte, warum zeigt es uns dann all den Scheiß, der in der Welt und in diesem Land passiert. Außer dem FC (Köln diesmal), dem „Effzeh“ gibt es nämlich kaum positive Nachricht im Mittagsmagazin. Nur Flüchtlinge, Krieg und Krise. Wenn sich eine positivere Grundstimmung einstellen soll, warum ist das Fernsehen dann nicht positiver? Kehrt mehr unter den Teppich. Tut es ja schon. Aber eben nicht genug.

Außerdem: Es gibt ja auch dunkle Materie. Es muss ja schließlich auch dunkle Materie geben.

Er steht vom Klo auf, denkt kurz über Frikadellen bei Edeka nach, dann über Nudeln, dann über Mandeln, dann über Suppe, dann über Ciabatta-Brötchen (ebenfalls bei Edeka) und isst dann doch nichts. Du hattest gestern Nacht einen erst ein Gyros. Im City Pick. Das war sooooo lecker. So lecker. Das brauchte er gestern Nacht einfach. Auch wenn es vier Euro gekostet hat. Aber der Marokkaner hat ihn ja auch so früh schon in die Stadt gefahren. Und eine halbe Stunde Hauptbahnhof ohne Pita ist schwer möglich. Ein Leben ohne Pita wäre möglich, aber nicht erstrebenswert. Also, heute gibt es kein Fleisch und kein Fett! Ja, mein Über-Ich! Jawohl, mein Über-Ich!

(Der war auch gut, der Marokkaner. Wie der gesagt hat: „Dein Chef hat schon ein Talent dafür, Psychos einzustellen… Und überhaupt: WARUM FÄHRST DU MICH DANN IN DIE STADT, DU PSCHO????)

Er kommt vom Klo (war heute wieder irgendwie dünn – das ist die Trennung und die damit verbundene Ernährungsumstellung, oder das Gyros) und fängt an, aufzuräumen. Die Express vom Wochenende wegzuschmeißen – neben verschiedene anderen Papierchen. Gespült ist (geil!), also stellt er die Schuhe raus. In den Flur. Legt die zweite Decke – die er im Moment weiß Gott nicht braucht – zusammen und tut sie in den Schrank, guckt in den Briefkasten (Achtung, Briefbomben...puh, heute nicht!). Zählt die noch vollen Wasserflaschen. Holt die Wäsche rein. Legt die Wäsche zusammen. Räumt die Handtücher und Geschirrhandtücher weg. Legt Marías Wäsche auf ihr Bett, in ihrem Zimmer. Stellt die Bücher in den Schrank, den Wäschekorb nach draußen…

…und beginnt zu schreiben…


Das ist doch schon mal was Positives!