Dienstag, 16. Februar 2016

Death's Dream Kingdom


16.02.2016



Ich träume davon, dass sie noch da ist, dass wir noch zusammen wohnen, dass sie aber schon nicht mehr mit mir redet – so, wie das damals tatsächlich auch war. Im Traum gehe ich morgens zu ihr und frage sie wütend, wann sie sich endlich ihre eigene Wohnung sucht, das ist doch so kein Zustand, wann sie endlich geht – vor María – vor dem Frühstück; sie isst Brot und ich frage sie, schreie sie fast wieder an. Und sie reagiert wie immer: Sie schweigt eisern und eisig. Guckt mich an wie ein scheues wütendes angeschossenes Tier im Wald, das im Scheinwerferlicht erstarrt ist, wie angewurzelt dasteht, einen Moment lang. So wie sie es so oft getan hat. Damals…damals…als wir wenigstens noch zusammen wohnten. Lebten zwar vielleicht schon lange nicht mehr, aber noch wohnten…

„Warum gehst du nicht endlich?“ frage ich wütend, wohl wissend, dass das eh alles schon lange sinnlos ist.

Obwohl ich nicht will, dass sie auszieht. Weil ich sie immer noch liebe.

Die Wohnung sieht ein bisschen so aus wie die meiner Eltern. Viel mehr so wie die meiner Eltern als meine eigene. Unsere eigene von damals. Die es nicht mehr gibt. In der jetzt ein anderes, junges Pärchen wohnt. Komplett mit neuen Träumen und Hoffnungen. Eine andere kleine Familie auf dem Weg ins Nichts, in die komplette Desillusion, die irgendwann einsetzen wird

Wieso kann ich nicht loslassen? Ich will loslassen können wie andere das tun…

Einfach keinen Kontakt mehr und gut. So als hätte der andere nie existiert, so als hätten all die Jahre nie existiert, so als wär alles nur ein böser Traum gewesen…

Jeden Tag träume ich von ihr; ich kann sowieso nicht mehr richtig schlafen, deswegen ist es eh egal, alles ist irgendwie egal. Ich lebe in einer Halbwelt, halb hier, halb weg, halb bewusst, halb unbewusst, die mich an ein T.S.-Eliot-Gedicht erinnert. Ich weiß nicht welches. Doch, ich weiß es. Unbewusst schon.

Those who have crossed
With direct eyes, to death's other Kingdom
Remember us—if at all—not as lost
Violent souls, but only
As the hollow men
The stuffed men.

II
Eyes I dare not meet in dreams
In death's dream kingdom
These do not appear:
There, the eyes are
Sunlight on a broken column
There, is a tree swinging
And voices are
In the wind's singing
More distant and more solemn
Than a fading star.

Let me be no nearer
In death's dream kingdom
Let me also wear
Such deliberate disguises
Rat's coat, crowskin, crossed staves
In a field
Behaving as the wind behaves
No nearer—

Not that final meeting
In the twilight kingdom

III
This is the dead land
This is cactus land
Here the stone images
Are raised, here they receive
The supplication of a dead man's hand
Under the twinkle of a fading star.

Is it like this
In death's other kingdom
Waking alone
At the hour when we are
Trembling with tenderness
Lips that would kiss
Form prayers to broken stone.
The eyes are not here
There are no eyes here
In this valley of dying stars
In this hollow valley
This broken jaw of our lost kingdoms
In this last of meeting places
We grope together
And avoid speech
Gathered on this beach of the tumid river

Sightless, unless
The eyes reappear
As the perpetual star
Multifoliate rose
Of death's twilight kingdom
The hope only
Of empty men.


Ich komm mir vor, wie eine leere Hülle, wie der Typ aus Briefe an eine Tote, der nach dem Atomkrieg immer noch Briefe an seine Tote Frau schreibt; dabei hab ich den Film noch nicht mal gesehen.



Papst Franziskus hat in Mexiko zum Glauben an die Familie aufgerufen. Zwar sei das Familienleben oft mühsam, oft schwierig, aber der Traum von einer Familie dürfte nicht verloren gehen, sagt der Fernseher, im Dunkeln, morgens um 6:35, an diesem einsamen, kalten 16. Februar 2016. Ist es das? Ist es das

Ist das das, was die Flüchtlingskrise, die Euro-Krise, die Griechenland-Krise, den Rechtsruck in Europa stoppen kann? Die Familie