Donnerstag, 22. Dezember 2016

Zwei Tage vor Weihnachten 2016


22.12.16








Ich bin voll beeindruckt. Echt. Wie du das machst… Wie ehrlich du bist. Nur wenn du das bei deinem Papa machst, finde ich das nicht toll.

Ist jetzt egal. Du hast verstanden, was das Problem ist. Dass das nicht öfters vorkommt. Das hast du schon öfter gemacht.

Soll ich jetzt die schwarze noch oder die grüne??

Ne, ich find die schwarze voll schrecklich. Ehrlich.

Ich hab das schon verstanden. Also was ist jetzt?!

Die versteht das nicht.

Ich hab die für 15 Euro.

Ach so, du hast die für 15 Euro. Wenn die reduziert war, dann kannst du die nicht zurückgeben

Bei meiner Mutter war das. Die hat…

Hey, wo bist du denn?

So wie ich das kenne, kriegst du das nicht zurück. Reduzierte Sachen darfst du nicht zurückgeben.

María würde sagen, dass sie schlimm aussieht, wegen den Stickern. Dein Geist lebt in mir weiter.

Ich find die schwarze auch nicht so toll. Die grüne muss ich sehen, an dir.

GZSZ kommt jetzt.

Du hast die ja nur für 15 Euro gekauft. Ist ja nichts…ich mein, ist ja nicht so viel Geld.
GZSZ fängt an und ich frage mich, ob der Anschlag auch im Fernsehen stattgefunden hat. Bei GZSZ.

Nein, laber nicht. Du hast das noch nie geguckt und behauptest so was.

Ich glaub, du bist auf der Sprachmemo.

Jacqueline, du hast mir schon tausendmal gesagt, was du noch haben willst…

…ich hab’s jetzt erst verstanden. Dass du die Schlampe anfängst zu nerven.

Nein, noch nie.

Nein, noch nie.

…einfach auf cool zu machen oder soll ich…

Laber! Kennen die sich überhaupt? Gehst du morgen Schlittschuh laufen? Hä,
welche App denn?

Ich will GZSZ gucken.

Ich weiß nicht, wen du meinst… Kannst du **** davor sagen?



Ich bin beindruckt, ey. Du bist ja voll offen und ehrlich, wenn du nicht mit mir redest.

Ich weiß nicht, was du daran so lustig findest. Ich find das nicht lustig.



Solln wir uns nächste Woche oder so. Dann fahren wir nach Düsseldorf oder so. Und dann kaufen wir Geschenke.

Boah, María, der Spasti, der kann mich mal. Wenn ich ein Auto nehmen will, dann nehme ich ein Auto…



Ooooooahhhhohhhhhhhhhhhhhhh, läuft bei dem!



Ich glaub, dass die kein Interesse an dem hat. Die steht doch nicht auf solche…

María, du weißt, dass die auf Schwarzhaarige steht…

Ja, okay, aber das heißt ja nicht auf jeden der schwarzhaarig ist.



Boah, heute hatten meine Freundinnen Stress. Nicht die eine, mit der bin ich gar nicht so befreundet, aber die andere, die beiden.

Ich hab mit Alya heute geredet. Die war halt abgefuckt, wegen Dschamila…warum bist du mit so einer befreundet…weil das ne linke Ratte ist.



Aber sag das der auf jeden Fall nicht, mit ignorieren und so. Ich glaub schon, dass die das verstehen kann, mit dir und Dschamila…das war echt link von der heute…Dschamila ist manchmal…die hat ihren eigenen Kopf und die will das halt durchsetzen.



An Weihnachten geh ich in den Wald und bringe mich um. Komme nie wieder raus.



Dann ist ja gut, dass ich Sonntag arbeiten gehe…



Alter, schreib doch nicht so viel.



Wer ist Alter?



Das wollt ich dir sagen…

Jetzt weiß ich’s wieder!


Dieser Film, den ich gucken will…


Schenk mir ne Kinokarte. Ich will ins Kino gehen.

Mit wem?

Alleine. Mit wem wohl…das wär ja noch schöner, wenn ich jemand mitnehmen würde…


Ich will diesen Film sehen…


…der kommt jetzt raus…der heißt Unforgettable…


Was kostet Kino heutzutage?

Teuer.


Aber ganz ehrlich…als ich gekommen bin und gefragt habe, ob wir zusammen machen…dann hat die direkt angesehen, dass die keinen Bock hat…



Kennst du das, wenn du isst und dann ist das zu eng, dann kriegst du Bauchschmerzen und so.

Kenn ich. Nach dem Essen ist man dicker, ne?!

Ja.



Waren das Löwen oder Tiger, die du magst.

Tiger.

Ok. Er zeigt ihr das Foto eines Löwen auf Twitter.

Das ist ein Löwe.

Fick dich!












Freitag, 16. Dezember 2016

Wiedersehen, Teil II









 
Diesmal aber wirklich! Selbst wenn ich mir das das letzte Mal, das letzte Wiedersehen nur eingebildet habe, diesmal ist sie es wirklich. Nadine!

Ich gehe – wie immer nichts ahnend – durch die Unterführung am Bahnhof, um meinen Zug nach Rheinbach zu nehmen, den Blick halb gesenkt…und trotzdem…sehe ich sie. Plötzlich kommt sie mir entgegen. Face-on, wie der Engländer sagen würde. Frontal entgegen. Wie bei einem Frontalunfall. Kommt glaub ich gerade um die Ecke, die Rolltreppe von den Gleisen runter. Aus einem Zug aus Bad Godesberg? Oder aus Köln? Godesberg kann es ja nicht sein, die fahren ja von hier erst dahin. Also aus der Richtung Köln. Was macht sie denn da?

Samstag, 10. Dezember 2016

Thunfisch, Käse und Penis



10.12.16 (noch 14 Tage bis Heiligabend und genau 21, bis dieses Jahr, dieses annus horribilis, endlich den Geist aufgibt, endlich vorbei ist)







Um zwei Uhr nachts kommst du nach Hause und gehst schnurstracks und voller Erwartung in die Küche. Die ganze Busfahrt ist dir dieser Käse, dieser Mozzarella durch den Kopf gegangen, den du noch hast.

Den du eigentlich auf die Pizza machen wolltest (sonntags gibt es Pizza und samstags Nudeln mit Hackfleisch und Sauce). Den du aber, wenn dich der Hunger übermannt, immer pur isst. Die ganze Packung.

Du freust dich schon richtig (in deinem anderweitig komplett freudlosen Leben ist dieser Käse einer der wenigen Lichtblicke, eine der wenigen Freuden, die dir noch geblieben sind – Essen ist eben der Käse, äh, der Sex des getrennten Mannes)

Aber dann, kaum hast du die Kühlschranktür geöffnet, musst du feststellen, dass da kein Käse ist. Scheiße! Dass er nicht mehr da ist. Hast du ihn etwa schon gegessen?! Bestimmt. Denn wo soll er auch sonst sein?! Wo soll er anders sein als im Kühlschrank?! Oder hast du ihn geistesabwesend im Wagen vergessen?! Selbst wenn: Dann ist er bestimmt nicht mehr genießbar.
Kein Käse, Mannomann! Scheiße! Nur Thunfisch (noch eine Dose). Und den wolltest du ja nicht essen. Denn der kommt ja aus dem Westpazifik. Das heißt, der könnte ja an Fukushima vorbeigeschwommen sein. Das könnte ja Atomfisch sein?! Meinst du, die kontrollieren alles, was aus Japan oder dem Pazifik kommt mit dem Geigerzähler?! Wohl kaum. Ein Bissen und du bist tot. Bist atomar verseucht. Leuchtest im Dunkeln. Verlierst deine Haare (tust du ja auch so schon stark genug).

Aber warum wäre das eigentlich so schlimm? Wenn du doch eh keinen Bock mehr hast? Keine Lust mehr auf dieses Leben. Keine Lust mehr in diesem Leben. Was macht da schon so ein bisschen Leuchten im Dunkeln?

Also machst du den Thunfisch auf. Lässt ihn abtropfen, während du das Müsli, das Nuss-Honig Müsli berkst, das María dir übriggelassen hat. Für das das Gleiche gilt wie für den Thunfisch. Denn der Zucker im Müsli ist nicht gut für deine Zähne, die du dir gerade noch auf der Arbeit geputzt hast.

Aber was interessieren dich kaputte Zähne, wenn du doch eh keinen Bock mehr hast. Wenn du doch eh irgendwann sterben wirst? Und so gibt es rohen, teilweise noch (oder schon) roten Thunfisch mit Nuss-Honig-Müsli vom Aldi. Und während der Thunfisch noch abtropft und du das letzte gekochte Ei schon verzehrt hast, kratzt du dich genüsslich an deinem Penis. Vielleich holst du dir ja sogar noch einen runter…aber erst nach dem Essen











Illegal











Ich weiß nicht, warum sie es ihm erzählte. Ich weiß es immer noch nicht, selbst heute noch nicht, wo ich über alles – jedes kleine Detail unserer Beziehung – so lange und erschöpfend nachgedacht habe. Ich weiß noch nicht mal mehr genau, wann das war. Wann sie es ihm erzählte. Ich weiß, dass es draußen war, irgendwo in der Altstadt. Der Bonner Altstadt, wo sie damals noch mit ihren Schwestern wohnte. Auf einer Parkbank vor dem Frankenbad, glaube ich. Er saß und sie stand daneben. Oder er stand und sie saß. Keine Ahnung – das alles ist schon so lange her, mittlerweile. Warum du noch immer in diesen alten Geschichten rumwühlst, weiß ich echt nicht. Lass doch die Vergangenheit endlich ruhen. Lass sie doch ruhen, Mann! Das bringt doch nichts. Das bringt doch niemandem was. Keiner Sau. Wann war das überhaupt noch mal? 1996? Ja, das muss noch 1996 gewesen sein. Anfang 1996, keine Minute nach Mitternacht, hatte er sie kennengelernt. In dieser Disko in der Innenstadt, die es auch nicht mehr gibt. Wie seine Liebe, wie seine Erinnerung, wie sie. Obwohl: Sind nicht diese Zeilen ein Beweis dafür, dass es sie doch noch gibt. Sie sowieso, aber auch seine Liebe noch?! Ihre Liebe? Aber wenn man jemand liebt, dann geht man nicht einfach, in einer Nacht- und Nebelaktion weg, ohne jemals wieder ein Wort mit dem geliebten Partner zu sprechen. Gerade dann

Sie sagt es ihm. Beiläufig. So als wär es nicht wichtig.

So als wär es neben ihrer Liebe nicht wichtig?

Oder so als wär es einfach nicht wichtig?

Sie stand da, in ihren Leggings, die sie damals immer trug (ich weiß, aber das waren die Neunziger und sie hatte gute, dünne Beine, sie konnte das tragen)…

…und sagte:


Ich bin illegal

Illegal in Deutschland


Kein Mensch ist illegal…

…sie aber schon, damals



Und er nahm es so hin. Kommentierte es noch nicht mal. So als wär es das Natürlichste der Welt…


Später, als er mit dem Hauptmann beim Bund sprach, sagte der: Das ist ja wie bei Gute Zeiten, Schlechte Zeiten…

Wie im Fernsehen. Wie in einer schlechten Soap. Aber das war es nicht. Es war sein Leben. Ihr Leben.


Wie naiv er doch war

damals


Sie sagte „Ich bin illegal“ und er hat es aufgenommen, als hätte sie gesagt: Willst du ein Eis?





wollte sie damals etwa schon







Never forget...









Ich weiß noch, wo wir auf Gran Canaria waren. Ich weiß nicht mehr, ob das das erste Jahr war oder nicht. Das Jahr, in dem ich Patricia kennengelernt habe, oder das, wo sie zurückgekommen ist. Auf jeden Fall lief da dieses Lied. Von Take That. Die ich eigentlich hasste…oder hassen sollte, da meine Schwester total vernarrt in die war. Ihr ganzes Zimmer mit Postern von denen zugepflastert hatte. Ich weiß gar nicht mehr, wer ihr Favorit war. Ich glaube fast Robbie, dessen Lied Feel ich selbst später liebte. In meinen Zwanzigern. Als Robbie Williams so richtig berühmt war. Im Radio rauf und runter lief. Jedes Mal sang ich es mit. Bei jeder Gelegenheit. In der Disko, zu Hause, überall. Ich wollte auch etwas fühlen. Fühlen, dass ich lebte.

Weil ich es schon nicht mehr tat…?

Damals, in Gran Canaria war das noch anders. Da lebte ich noch. Zumindest glaubte ich es. Patricia hatte extra an der Rezeption nach mir gefragt. Obwohl wir nie zusammenkamen. Uns nie geküsst haben…

Aber als dieses Lied aus der englischen Bar, dem englischen Pub auf der Flaniermeile an der Playa del inglés, kam, da fühlte ich noch. Da fühlte ich noch etwas. Es war 35 Grad warm, sonnig bis zum Gehtnichtmehr und trotzdem wehte eine leichte Brise. Und dieses Lied strömte aus dem Pub nach draußen. Mit diesen Kinderstimmen am Anfang. Die singen:

And we’ve come so far…

And we’ve reached so high…

And we’ve looked each day and night in the eye…

Das war das Lied kurz bevor die sich getrennt haben. Oder waren sie da schon getrennt




Ich weiß wirklich nicht, ob mein Leben besser gewesen wäre, wenn ich damals, nach dem Urlaub auf Gran Canaria, gestorben wäre




und den Rest nie erlebt hätte




Never forget where you’re comin‘ from

Never pretend that it’s all real





nach Gran Canaria bin ich mit Nadine nie gekommen