Donnerstag, 12. Januar 2017

Innerer Monolog










bei mir muss eh keiner zuhören

interessiert ja eh keinen, was ich sage

aber wann soll ich denn was sagen? Wenn ich von der Brücke gesprungen bin? Wenn ich unter der Erde liege? Oder jetzt?!

für mich muss sich ja eh keiner interessieren

alles, was ich sage, prallt ungehört ab. Denken die eigentlich alle, ich bin so stark, dass ich schon damit klarkommen werde? Irgendwie? Irgendwann? Oder denken die gar nichts

oder denken die, dass ich so dumm bin

wahrscheinlich Letzteres

das war mein ganzes Leben lang so…ich kenne das ja gar nicht anders. Wer als Kind schon auf Außenseiter geeicht

kein Wunder, dass ich mit mir selbst rede

ich hab mich das schon oft gefragt, warum das so ist: Ist das nur so, weil die Leute eh alle gleichgültige Arschlöcher sind, die sich für niemanden außer sich selbst interessieren; oder ist das wegen mir so                        weil mich keiner will oder muss

denkt nur alle weiter, ihr könnt sowieso nicht helfen, sowieso nichts tun

bei den Leuten im Fernsehen, in den Serien fühlt man mit, aber bei den echten Personen im wahren Leben ist das zu viel verlangt

irgendwann hörst du auf zu reden. Weil dir ja eh keiner zuhört      wenn du keine Komödie mehr spielst            wenn du es ernst meinst

hilft ja eh nichts

warum sollte sich das jemals ändern

vielleicht wollen die ja, dass ich kaputtgehe

vielleicht wollen die mich ja leiden sehen

vielleicht genießen die das ja. Und denen geht es umso besser je schlechter es mir geht

warum bin ich es nicht wert, dass man was für mich tut

einmal was für mich tut






Dankbarkeit und Schuld










Wenn überhaupt, dann kann man das nur als ein Gefühl der Dankbarkeit beschreiben. Er flog nach Ecuador und heiratete sie, weil er ihr dankbar war. Das mag jetzt komisch klingen, aber das ist, glaub ich, das, was einer echten Erklärung am nächsten kommt. In Ermangelung einer echten Erklärung…

Dankbar wofür aber?

Ich weiß es auch nicht genau. Weil sie mich liebte, obwohl mich noch nie jemand geliebt hatte, vorher…weil sie die Einzige war, die jemals vermocht hatte, mir ein Gefühl der Liebe, der Geborgenheit, der Zugehörigkeit zu geben…weil sie mich aus meinem Elternhaus befreit hatte, rausgeholt hatte…weil ich selbst nicht die Kraft dafür gehabt hatte, hätte…oder weil sie mir die schwere Last der Jungfräulichkeit von den Schultern genommen hatte, die ich all die Jahre, seit ich 15 war und das erste Mal Sara in der Schule in die Augen geguckt hatte, mit mir rumgetragen hatte…

Aurélie, so klappt das nie. Du erwartest viel zu viel. Die Deutschen flirten sehr subtil.

Durch sie hatte es bei dir am Ende doch noch geklappt…

Und manchmal denkst du sogar: Weil sie dich vor dem Selbstmord bewahrt hat. So was Ähnliches hast du damals echt gedacht, den sicheren Selbstmord wärst du weiter in dieser Umgebung, diesem Umfeld geblieben. In diesem Elternhaus. Gefangen

Nicht so klar vielleicht, aber das war schon die Richtung, in die du gedacht hast: Was hättest du gemacht, hättest du sie nicht kennengelernt?

Also dachtest du, du schuldest ihr was. Du bist ihr noch was schuldig. Weil sie dich wieder aufgebaut hat, nachdem dich die Schule und die Familie so runtergerissen und kleingehalten hatten, all die Jahre. Sie hat dir geholfen und jetzt musst du ihr auch helfen. Jetzt, wo sie ein Problem hat, wo sie von der Polizei erwischt und ausgewiesen wurde. Illegal in Deutschland. Kein Mensch ist illegal. Was für ein heuchlerischer Slogan. Ich wette, die die das sagen, die sind noch nie einem Illegalen begegnet. Aber du konntest etwas tun. Konntest sie heiraten

Obwohl du vorher, als der Bundeswehr-Pfarrer da angerufen hatte, im Gefängnis, und dich gefragt hatte, ob du sie heiraten wolltest, das sei die einzige Möglichkeit, nein gesagt hattest.

Und jetzt sagt sie nein, in 7 Tagen. Noch nicht mal mehr 7 Tagen

„Wollen Sie sie heiraten…?“

Du hattest sie gehen lassen. Und später, keine zwei Monate später, bereutest du es schon wieder. Hingst ihr immer noch im Gedanken nach. Hingst immer noch an ihr. So wie jetzt.

Und bist nach Ecuador geflogen…nachdem du „Zuhause“ rausgeflogen warst – wieder einmal – und bei Rafael und Slainté untergekommen warst. (Das hast du auch später vergessen, jedes Mal, wo du mal wieder eifersüchtig auf deinen Schwager warst, dass er dir damals sein Zimmer zur Verfügung gestellt hatte…) Flogst also nach Ecuador und überlegtest vier Wochen hin und her (das war auch unfair ihren Gefühlen gegenüber, ihr gegenüber, das hatte sie auch nicht verdient, obwohl sie mit dem Bruder ihres Schwager vor deinen Augen geflirtet hatte, auf dem Dorftanz, dem baile), überlegtest, ob du sie wirklich heiraten solltest und sagtest schließlich drei Tage vor Abflug ja. Ja, ich will. Sí, quiero.

Und heute will sie eben nicht mehr. Oder sagt sie auch auf dem letzten Drücker noch ja? Sí, se puede…sí, se puede…

Sagtest ja, noch nicht mal für eine Hochzeit angemessen gekleidet, in einem schwarzen Polo-Shirt und einer beigefarbenen Jeans. Mit zum Schwur erhobener Hand (auf dem Foto, das deine Mutter dann fand).

Wie kann so eine Beziehung glücklich machen, wie kann aus ihr jemals so was erwachsen wie Zufriedenheit? Eine Ehe, die auf so wackligen, tönernen Füßen steht?

Kann sie nicht

Oder doch?

War sie aber doch irgendwie. Glücklich. Mit einem Hauch Verklärung, Glorifizierung, Idealisierung der Vergangenheit. War sie glücklich, war sie jemals glücklich… Oder fühlte sie sich genauso benutzt wie du jetzt…?

Wie sehr sie doch irgendwie glücklich, das merkst du, das merkt man immer erst hinterher. Jetzt, wo sie weg ist…

Wo sie für immer weg ist…

Wo die Scheidung in nicht mal mehr 7 Tagen ansteht…

Vielleicht hat sie ja jemand gefunden, der sie wirklich liebt...so, wie sie ist…

Ein bisschen gönnst du es ihr vielleicht sogar, nach all den Jahren mit dir, den neunzehn Jahren, um genau zu sein…

Für immer weg…

So ist das Leben. Wer zu spät kommt, wir gefickt. In den Arsch und ohne Gummi. Oder mit Noppengummi. Mit dickem Gummischlauch, in den Arsch, immer tiefer hinein in die Scheiße












Mittwoch, 11. Januar 2017

8 Tage vor der Scheidung











Die letzten Tage vor der Scheidung – es sind derer noch genau 8 – fühlen sich irgendwie irreal an. So als müsste noch irgendwas passieren, was den Termin vor Gericht doch noch verhindert

Was denn? Ein Atomkrieg?

Was hätte Fukushima noch verhindern können? Nichts

Keine Ahnung. Irgendwas

Sie kommt vorbei, sagt, das sei alles nur ein Spaß gewesen, ein übler Scherz, sagt, sie wollte nur meine Liebe für sie, meine Liebesfähigkeit testen

meine Leidensfähigkeit

Sagt, wir blasen das alles ab. Das ist doch alles Quatsch. Eine Überreaktion. Und wir blasen es nicht nur ab, sondern ich blase dir auch noch einen, heute Abend. Du ziehst wieder zu mir, ich schmeiße den unbekannten WG-Bewohner/-in raus und wir sind wieder eine Familie, ein Ehepaar

was hast du denn genommen     das solltest du lassen        bevor du noch weitere solcher Horror-Trips hast


Die letzten nunmehr fast zwei Jahre waren ein einziger, langer Horrortrip.

Das fühlt sich alles so an, als wäre es nicht wahr, als gäb es da, irgendwo da, noch einen Ausweg, ein Schlupfloch, eine Falltür, was auch immer

…wie in diesen Comics wo der plattgewalzte, tot geglaubte, von der Klippe gesprungene Held oder Böse einfach wieder aufsteht und alles wieder von vorne losgeht…

…könnten wir überhaupt noch mal von vorne anfangen? Realistisch gesehen: wahrscheinlich nicht.

Das fühlt sich echt ein bisschen so an wie das Ende der Welt. Obwohl deine Welt schon lange auseinander gebrochen ist, schon lange nicht mehr dieselbe ist. Durch eine böse ersetzt wurde…mit bösen, deutschen Menschen. Wölfen, die den Menschen Wölfen sind…das Ende einer Ära, von fast zwei Jahrzehnten gemeinsamer Einsamkeit…

Und jeden Tag hoffst du auf eine überraschende Wendung, bist aber jeden Abend wieder von neuem enttäuscht, bevor du endlich, todmüde in einen holprigen, unruhigen Schlaf hinabstürzt


Du willst sie nicht sehen, in fast einer Woche, selbst vor Gericht nicht. Und gleichzeitig willst du nichts mehr als sie sehen, ein letztes Mal, bevor jeder von euch sein eigenes, trauriges Leben weitergeht

fühlst dich wie in diesem Video von Love of Lesbian. Wo der am Ende aus dem Fenster springt und das ganze Lied über mit so roten oder rot umrandeten Augen singt, dass das dir nicht mehr wie ein Zufall vorkommt. Hat er geheult

Das Lied mit dem Titel Los días no vividos, die nicht gelebten Tage…

…die nicht geliebten Tage…

Wo der singt: …dunkle Materie, die aus Leere gemacht ist…und ich erhebe das Glas, das leerer ist als ich…es führt in die Hölle…ich erinnere mich an keine bessere Nicht-Geschichte…ich werde zu den nicht gelebten Tage… Und die Welt am Ende wirklich untergeht. Das ist aus diesem spanischen Film. Wo er am Anfang sich streitet, weil er das Ende der Welt nicht mit seiner Frau/Partnerin verbringen will


Eres un hijo de puta y no me da la gana de perdonarte…joder…


Und es klingelt an der Tür, klingelt nicht, klingelt, klingelt nicht














Traumdeutung: Streit und komische Bilder












Wir sind in einem großen Haus, das ist komisch, das kann eigentlich nicht unser Haus sein, aber irgendwie scheinen wir doch da zu wohnen. Wir streiten uns, dann vertragen wir uns langsam wieder und am Ende ist alles wieder halbwegs ok, obwohl sie immer noch verletzt, immer noch enttäuscht ist. Ich lege den Arm um sie, sie trägt einen komischen dicken Mantel, so einen Mantel aus diesem dicken Wollmaterial, Flies oder so. Erst will sie nicht, schiebt meinen Arm wieder beiseite, doch dann lässt sie mich doch. Es ist Marías Geburtstag, sie ist noch klein, kleiner als jetzt zumindest. Wir sitzen am Tisch, einer dieser komischen flachen, japanischen Tische, bei denen man auf dem Boden sitzt. Wir sitzen uns gegenüber, jeder auf seiner Seite, auf einer Seite des Tisches. Sie packt ein komisches Bild aus, will, dass ich es an María vorbei in ihr Zimmer schmuggele und da aufhänge (?), ohne dass sie es merkt. Es ist ein Bild mit irgendwelchen komischen Figuren mit Riesenaugen. Vielleicht ein Kinderbild, aber ich bin mir da nicht sicher. Die glotzen einen richtig an, mit ihren großen Glupschaugen. Zuerst denke ich, es ist selbstgemalt, vielleicht sogar von ihrer Schwester, die macht solche komischen Sachen, wie diese komischen Vögel mit den langen Schnäbeln von denen die damals so viele in ihrem Zimmer hatte. Aber dann glaube ich, dass das so ein Malen-nach-Zahlen-Bild ist. Ich will es trotzdem nicht an María vorbei in ihr Zimmer schmuggeln, weigere mich







Nächster Traum: Der Tunnel
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