Freitag, 1. Juli 2016

Weiße oder Schwarze Magie und satanistische Rituale









Im Dunkeln gehst du nach draußen, trittst vor die Tür in den kleinen Innenhof, der durch ein etwa mannhohes grau lackiertes Metalltor von der schmalen Straße im Herzen Ippendorfs getrennt ist. Du guckst dich um, das schwarze Album unter dem Arm, die Streichhölzer in der anderen Hand. Du guckst dich kurz um, so als wärst du ein Einbrecher, so als würdest du hier nicht wohnen. Drüben, im Haus gegenüber ist noch Licht im ersten Stock. Von da oben könnten die dich jetzt theoretisch sogar sehen… Aber hier ist alles dunkel, hier im Hof. Du hast extra gewartet, bis alles dunkel ist draußen. Und das mitten im Sommer. Bis fast 11 Uhr. Aber das Warten hat sich gelohnt, hat ein Ende, wie Till Lindemann sagt. Aber so was kann man nur im Dunkeln machen, diese Rituale kann man nur im Dunkeln, im Schutze (oder gar mit Unterstützung?) der Nacht vernünftig durchführen. Obwohl: Der Himmel ist noch immer ein bisschen hell, ist noch immer nicht ganz dunkel (oder ist etwa Vollmond?). Hinter dir fällt die Haustür ins Schloss. Du greifst nach deiner Hosentasche, aber du hast den Schlüssel (sonst müsstest du nachher noch wirklich in deine eigene Wohnung einsteigen). Du drehst dem Tor den Rücken zu und gehst in Richtung Anbau, der sich am anderen Ende des Hofes, neben deinem Bad befindet. Du hältst inne, betrachtest einen Moment lang den blau-schwarzen, nächtlichen Himmel. Die zwei toten Pappeln in deinem Garten ragen wie mahnende Finger gen Himmel, die schwarze Plane unter dem Carport raschelt und flattert im Wind. Du öffnest die Eisentür und trittst in den Anbau. Zuerst siehst du nur dunkle Formen, dann findest du den Lichtschalter. Siehst die Heizung rechts von der Tür, den Rasenmäher und die paar alten Möbel vom letzten Umzug. Eine Holzkommode und ein schmaler Schrank, der aussieht wie ein Uhrenschrank, es aber wahrscheinlich nicht ist. Nachts wirkt sogar die Tür zu deinem Badezimmer bedrohlich, obwohl du genau weißt, was sich hinter ihr befindet (das Chaos deines Bades). Einen Moment lang machst du das Licht an, dann löschst du es aber gleich wieder. Öffnest die Tür zum Garten, schiebst den Teppich unter der Tür beiseite. Ohne das schwarze Album abzulegen. Das schwarze Album. Wie sinnbildlich. Machst einen zaghaften Schritt auf den schmalen Gartenpfad hinaus. Guckst noch mal nach links, dann nach rechts, siehst aber nichts. Alles ist ruhig. Aber Scheiße, drüben brennt noch Licht, bei deinen asiatischen Nachbarn. Scheiße. Du musst also noch warten. Bis zur Geisterstunde. Die Bilderverbrennung muss noch warten. Aber so ist das auch symbolischer und vielleicht sogar noch befreiender, wenn es um Punkt zwölf oder kurz nach Mitternacht passiert. In der Geisterstunde. Dann funktioniert der Zauber vielleicht sogar. Die schwarze oder weiße Magie. Der Fluch (huch, ein Fluch).

Fortsetzung folgt (zur Geisterstunde…)






Selbstmord und Urkraft, Urkraft und Selbstmord











Am Bahnhof von Meckenheim stehend, auf den Zug nach Bonn wartend, denkst du darüber nach, warum du noch nicht gesprungen bist, warum du noch keinen Selbstmord begangen hast, nach all der Scheiße, all dem Leiden, dass du durchmachen musstest, dieses und letztes Jahr.

Du trittst näher an die Gleise heran, stehst am äußersten Rand des Bahnsteiges, die Spitzen deiner Schuhe in der Luft.

…und spuckst auf die Gleise. Versuchst mit deiner Spucke die Schienen zu treffen. Das meiste landet daneben, aber manchmal triffst du auch. Geil, denkst du, wenn die Spucke genau auf den grauen Gleisen landet. Deine Spucke ist wie Schrot. Manche Kügelchen landen im Ziel, die meisten aber nicht.

Warum eigentlich nicht? Warum bist du nicht einfach hingegangen und hast deinem Leben ein Ende bereitet, jetzt, wo du nicht mehr mit ihr zusammen bist? Nicht mehr mit der – wie du jetzt weißt – großen Liebe deines Lebens?

Du würdest es nie tun. Selbstmord begehen. Im Leben nicht (was irgendwie ironisch klingt, als er es aufschreibt). Du könntest es nicht. Weil dir Nadine das einfach nicht wert ist. Weil nichts das wert ist. Nichts im Leben. Weil das ein zu großes Opfer ist…für eine Frau, die dich so schäbig behandelt hat. Für keine Frau würdest du… Selbst für Conchita damals nicht.

Das baut dich komischerweise irgendwie auf. Es gibt da etwas, das über all dem Scheiß steht, das die ganze Scheiße sozusagen transzendiert – oder wie das auch immer heißt.

dein Leben

du hast also noch etwas, das dir wichtiger ist als sie. Und das Beste ist: Du trägst es in dir. Sie hat also ihr Ziel nicht erreicht, dich komplett zu entleeren, dich komplett auszusaugen. Wie ein Vampir. Da ist noch etwas in dieser nur scheinbar leblosen Hülle. Dieser Fleischhülle deines schnell alternden Körpers.

Ist es María? Ja

Und nein: Es ist auch etwas in dir, tief in dir drinnen, tief in deinem Inneren. Der Wille zu leben. Der ist noch da. Zu überleben. Sie zu überleben. Weiter zu leben. Den Schiffbruch zu überleben. Irgendeine komische Kraft in dir, eine Urkraft, deine Höhle, wie Edward Norton das in Fight Club nennt. Dein power animal. Tu animal. Tú eres un animal. Alemán. Un animal alemán. Ein deutsches Tier. Verschreckt, enttäuscht, aber noch am Leben. Immer noch. Sie hat dir den Lebenswillen zwar größtenteils genommen, ihn wie einen Skalp, eine Trophäe in ihre neue Wohnung mitgenommen aber…eben nur einen großen Teil. Nicht alles. Da ist noch was. Diese eigentümliche Lebenskraft. Überlebenskraft. Diese eigentümliche lebensbejahende Kraft in dir. Scheiße, die haben ja doch recht! Haben die Ratgeber etwa am Ende doch recht?! Kraft und Liebe findest du nicht in anderen, sondern immer zuerst in dir selbst!

Du bist stärker als sie!! You can beat them! You can be a hero! Just for one life! You’re slowly but steadily bouncing back, you motherfucker! Ya muthafucka! Sie ist dir einen Selbstmord gar nicht wert! So wichtig ist sie nicht! Du bist wichtiger! Du bist dir selbst viel wichtiger, viel näher. Und das ist auch gut so. Jeder ist sich selbst der Nächste! Also: Motherfuck you! Ya cunt, ya!

Du bist noch da. Oder noch besser: Du bist wieder hier, um Westermann zu zitieren. Du bist wieder hier! Noch immer ein Tier! Deine Vitalität, dein Lebenswille ist wie der von Hugh Glass in The Revenant, in dem „Rückkehrer“. Trotz allem noch immer nicht gebrochen. Sie ist ja auch kein Bär, sondern nur ein kleines, fieses Meerschweinchen. Ein cuy. Das kann dich vielleicht beißen und ein bisschen mit deinem Kopf rumficken, aber dir keine tödliche Verletzung zufügen. Wie der Rückkehrer kommst du zurück. Dein Lebenswille bahnt sich langsam seinen Weg durch dir Wildnis, durch das Dickicht, durch die Dunkelheit. Am Anfang nur kriechend und jetzt schon wieder aufrecht gehend. Zwar noch leicht humpelnd, aber mit jedem Tag stärker…

Zuerst kommt nur eine Hand zum Vorschein, dann dein Kopf, dann dein ganzer Körper. Von Erde und Schlamm bedeckt, aber intakt. Die Grube, das Grab, das du mir geschaufelt hast, war nicht tief genug! Deine Lebenskraft, deine Urkraft ist noch da. War nur verschüttet. Nicht tot. Du willst nicht sterben. Du willst sie ficken. Alle, die dich für tot erklärt haben. Alle. Du willst ficken. Willst Geld verdienen, Geld verlieren, willst leben.

Willst alles, willst wieder alles. Mehr! Gebt mir mehr!

Muthafucka

Fuck you!
Fuck you, ye muthafucka!
Fuck you!

Außerdem, denkt er, auf dem Rand des Bahnsteiges balancierend, die Schuhspitzen weit über dem Abgrund geschoben, außerdem würdest du das ja überleben…wenn du hier ins Gleisbett springen würdest… Du würdest dir vielleicht den Knöchel verstauchen, würdest umknicken, dich mit den Händen abstützen und dir dabei eine Schnittverletzung oder Prellung zuziehen. Bei deinem Glück. Bei deiner Tollpatschigkeit. Vielleicht würdest du dir sogar ein Bein brechen. Im ungünstigsten Fall. Aber nicht mehr.

Außerdem ist es dir das nicht wert, ist sie dir das nicht wert, sonst wärst du ja schon lange gesprungen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!


PS: Und Herr Baden, wenn Sie eine literarische wertvolle Beschreibung des Bahnhofs Meckenheim Industriepark benötigen, gucken Sie sich die gefälligst auf einem Foto im Internet an!!!






Donnerstag, 30. Juni 2016

Von wahrhaftigen Umkleidekabinen und vagen Verlustgefühlen









„Boah, die Kabinen bei Mexx zeigen echt die Wahrheit!“ sagt seine Tochter.

Wie recht sie doch hat.

Denn heute war er bei Mexx. Mit seiner Tochter. Bei Mexx mit seiner Tochter. Geil, ne?! Musste ja mal wieder sein. Wenn sich all seine Hosen auflösen, weil er sie zwischen den Beinen durchscheuert. Nicht, nicht vorne zwischen den Beinen, sondern genau zwischen den Beinen eben. So dass, wenn er die Hose vom Boden aufhebt, er manchmal sogar durch die Löcher durchgucken kann, so groß sind die. Peinlich, peinlich! Aber das hat er schon immer gehabt, das Problem. Manchmal mehr, manchmal weniger. Manche Hosen sind resistenter, manche anfälliger für Löcher. Aber am Ende kriegt er sie alle durch. Und wenn das Loch einmal da ist, dann dauert es nicht lange, bis es so groß ist, dass er nur noch mit zusammengekniffenen Beinen eine öffentliche Treppe hochgehen kann. Oder mit einer langen Unterhose drunter, die aber mindestens genauso auffällig ist. Wenn nicht sogar mehr, mit ihren roten Blumen.

Also ist er mit seiner Tochter bei Mexx. Früher hat das ja seine Frau übernommen, aber die gibt es ja nicht mehr. Die existiert ja nicht mehr. Oder wenn, dann nur in einer anderen Galaxie. Seine Tochter setzte sich in eine Kabine gegenüber und harrte dem, was da auf sie zukam. Ich kann Ihnen sagen… Bei Mexx sind die Kabinen besonders wahrheitsliebend. Besonders wahrhaftig, um Freud zu bemühen. Was die immer zu Tage fördern…

…das geht auf keine Kuhhaut.

Es mag ja Kabinen geben, die dem Körper schmeicheln, die nicht jede Unzulänglichkeit, jeden Haarwuchs an den unmöglichsten Stellen, jedes auch noch so kleine oder große Speckröllchen aufdecken, die nur das zeigen, was der Anprobierende auch sehen will…

…aber die bei Mexx gehören garantiert nicht dazu! Das muss er leidvoll feststellen, als er sich das Deutschland-Trikot über den Kopf streift. Ist er wirklich so dick oder stimmt was mit dem Spiegel nicht? Ist er wirklich immer noch so dick? Leck mich am Arsch! Diese Massen von Fett. Unglaublich! Boah, wie ich Umkleidekabinen hasse! Reicht es nicht, dass mir heute die Scheidung zugestellt wurde? Will Gott mich etwa komplett demoralisieren? Die Massen an straff gespanntem Fleisch, das schon fast aus seinem Körper rauszuplatzen droht. Ist das noch normal? Er trainiert doch fast jeden Tag. Scheiße, Mann! Schnell das Hemd anziehen. Zuerst das Schwarze. Dieses edle, schwarze. Das könnte er auch…ja, zur Gerichtsverhandlung anziehen. Damit sieht er aus wie ein Gangster. Außerdem passt schwarz zu seinem momentanen innerlichen Zustand, zu seiner Trauer. Aber am Ende überzeugt es ihn doch nicht, da es keine Knopfleiste hat. Oder nur eine verdeckte. Außerdem hat er eh kein Geld für ein Hemd. Nur für eine Hose. Also probiert er die Hose an. Schwitzt wie ein Tier dabei. Aber hey, seine Beine sehen sogar halbwegs gut aus in diesem Spiegel, der ein direktes Tor zur Hölle zu sein scheint. Er wischt sich die fetten Scheißperlen von der Stirn, wohlwissend, dass sie keine Sekunde später wieder da sein werden. Da muss er jetzt durch. Jede Bewegung erzeugt neue Hitzewallungen, die neuen Schweiß produziert. Seine Haare sehen schonfast aus, als hätte er gerade geduscht. Das ist unglaublich und hat natürlich nichts mit seinem Übergewicht, das ihm der Spiegel nur allzu klar vor Augen geführt hat, zu tun. Wie sollte es auch?! Vielleicht hat er ja eine Krankheit und schwitzt deswegen so stark. Was hat er heute gelesen? Wie hieß dieser Satz noch mal. Nach dem Tod des Partners erlischt der Anspruch auf…: Ein Satz, den er sich jedes Mal, wenn er in seinem Scheidungsratgeber über ihn stolperte, förmlich auf der Zunge zergehen ließ. (Man wird doch noch mal träumen dürfen…!) Aber vielleicht ist ja er derjenige, nach dessen Tod so einige Ansprüche seiner überhaupt nicht gierigen Echse erlöschen. Wieder wischt er den Scheiß weg, obwohl er weiß, dass das nichts bringt. Mit dem Hemd, das er gerade anprobiert. Das will er eh nicht nehmen. Ihm doch egal, ob das der Nächste, der das anprobiert, merkt. Nicht mein Problem! Obwohl: So heiß ist es ja eigentlich gar nicht. Aber schwül. Dieses scheiß-schwule Wetter in Bonn. Wie im Dschungel. Außerdem würde er glaub ich sogar im arktischen Winter schwitzen. Selbst wenn er sich im arktischen Winter bis auf die Haut ausziehen würde und – wobei hoffentlich kein Mexx Spiegel zugegen ist – würde er schwitzen. Das Wetter ist aber auch sowas von schwul.

Aber die Hose sitzt. Auf Anhieb. Die hat  ja auch Stretch-Anteile. Eng, aber passgenau. Nicht Atemnot hervorrufend, sondern genau richtig. Das bestätigt auch María, die sich die Zeit mit Voice-Messages vertreibt. „Merve, du geile Sau!“ „María, du Schlampe!“ „Merve, du puta!“

Wenn’s Spaß macht…

Also nimmt er die Hose, die am Ende nur 39,90 statt der veranschlagten 44,95 kostet. Auf eins kann man sich bei Mexx verlassen, wenn schon die Klimaanlage nicht funktioniert und die Spiegel die Kunden demoralisieren und ihre Körper böse verzerren: Bei Mexx wird alles an der Kasse noch mal runtergesetzt. Und die Kassiererin sieht auch tipptopp aus, obwohl die ihn mit dem Arsch nicht anguckt. Aber wie sieht er auch aus, mit seinem teuren, aber schon leicht angedreckten Deutschland-Trikot, seinen spanischen Geschirrhandtuch-Shorts für 9,99 im andalusischen  Sportfachhandel und seinen ebenfalls in Spanien (diesmal in Pamplona, in einem Corte Inglés für unschlagbare 25 Euro!) erworbenen Basketballschuhe von Nike. Nur Tennissocken trägt er nicht.

Boah, der ihre Titten…

Er ist sozusagen modetechnisch diametral entgegengesetzt zu seiner Tochter, die wie immer wie aus dem Ei gepellt aussieht, mit ihrem luftigen Oberteil. Und ihrer eleganten schwarzen Hose.

Vielleicht wirkt sie ja deswegen so angespannt, weil sie mit so einem übergewichtigen, schwitzenden Langhaarbären durch die Stadt streifen muss, immer auf der Suche nach Beute, die sich der Bär sowieso am Ende nicht leisten kann, weil er bald von seinem kleinen, südamerikanischen Meerschweinchen geschieden wird (der Scheiß-Antrag liegt wie gesagt schon vor, er wartet nur noch auf das Erlischen aller Forderungen).

Vielleicht fehlt ihr aber auch nur was. Wer. Wo sie sich früher bestimmt oft vernachlässigt gefühlt haben muss, wenn er stundenlang mit seiner Frau über Belanglosigkeiten redete und redete und redete…fehlt ihr wahrscheinlich heute ihre Mutter beim Stadtbummel. Mach dir nichts draus, mir fehlt sie auch, möchte er ihr sagen, tut es aber nicht (das bringt ja auch nichts). Wenigstens siehst du sie ja Morgen wieder. Ich nie wieder. Oder erst beim Prozess und das ist nicht gerade eine entspannte, das Wiederaufflammen der Liebe fördernde Umgebung. Wie stand das im Scheidungsantrag? Sie hat nicht die Absicht, die Ehe wieder aufzunehmen… So kann man das auch formulieren. Können Familienrechtler eigentlich nachts noch gut schlafen? Auf dem Rückweg schweigt er weiter beharrlich – was soll er auch sagen: Etwa die Wahrheit?! – und sie tut es ihm gleich. Er aus Ratlosigkeit, sie, weil sie sich seiner schämt oder einfach müde ist oder einfach nichts (mehr) zu sagen hat oder warum auch immer. Passiv-aggressiv ist das heute glaub ich zumindest nicht, obwohl man die Spannung zwischen Vater und Tochter förmlich mit dem Messer schneiden kann. Vielleicht vermisst sie ja auch ihre Mutter oder spürt wie sehr er ihre Mutter vermisst oder ist angesichts all diesem Scheiß genauso ratlos wie er oder spürt wie ratlos er ist und weiß auch nicht, was sie sagen oder machen soll.

„Was soll ich denn jetzt machen?!“

„Ja, nichts, das ist ja auch nicht dein Problem.“ Das heißt, das ist schon irgendwie dein Problem, aber du bist nicht schuld daran, das ist allein auf dem Mist deiner Eltern gewachsen. Auf dem Misthaufen, der in den 19 Jahren Beziehung immer größer wurde, bis er alles unter sich zu begraben drohte und Nadine die Reißleine zog.

Im Bus stehen sie sich gegenüber, ohne sich anzugucken, ohne zu sprechen. Ich weiß doch auch nicht, was ich sagen soll, María. Ich weiß doch auch nicht, was ich sagen soll, Papa. Sie ist schon so groß und so schön und irgendwie hat sie all diese Scheiße nicht verdient. Sie ist so eine gute Tochter. Aber was soll ich denn machen, María?! Nichts

Deine Mutter will mich nicht mehr. Hat schon einen Neuen. Oder hat zumindest ihre Familie. Wurde wieder mit ihrer wahren Familie zusammengeführt. Wozu brauch sie mich da noch?! Ich gucke sie an, aber sie guckt mich nicht an. Sie sieht müde aus und ich bin müde. Bin immer noch am Schwitzen wie ein Tier. Wie ein Tier, gefangen im Käfig meiner Trauer um das, was fehlt. Wie ein Tier, im Käfig des Lebens gefangen, ohne hinaus zu können. Und was sollte mich auch draußen erwarten?! Außerhalb der offenen Käfige in Francis Bacons düsteren Gemälden.




Schwache Väter, starke Kinder










Obwohl Töchter seit Anbeginn unserer Zeit von ihren Müttern als Waffe gegen ihre Väter eingesetzt werden, hat sie sich nicht vereinnahmen lassen. Weder von ihrer Mutter noch von ihm. Sie steht ihre junge Frau zwischen allen Stühlen und man sollte sich ein Beispiel an ihr nehmen. Schwache Väter haben eben starke Kinder. So ist das eben im Spiel der Generationen. Wäre er ein starker Vater, wäre sie wahrscheinlich schwach. Sie ist halt gut erzogen. Wenn er nichts im Leben zu Stande gebracht hat, seine Tochter ist trotzdem ein gut erzogenes Mädchen geworden. Man(n) darf eben nur nicht durch überhastete Aktionen die Restfamilie sprengen. Das wäre auf jeden Fall ein Fehler.


Sie hat den ganzen Vormittag geackert, hat aufgeräumt, gesaugt und sogar das Nötigste fürs Mittagessen geholt, damit sie später für dich kochen kann. Weil du es gestern nicht mehr geschafft hast, einkaufen zu gehen. Weil du Fußball geguckt hast. Und jetzt spielen wir gegen Italien. Das hast du jetzt davon! Sie kocht natürlich auch für sich selbst, weil sie Hunger hat. So sagt zumindest sie das immer, wenn du mal wieder sagst: „Du musst aber nicht jeden Tag kochen. Ich kann ja auch mal kochen.“ Und es dann doch nicht tust. Weil du keine Zeit hast? Weil du keine Lust hast?


Warum tut sie das?, fragt er sich, auf dem Bett liegend, Fernsehen guckend. Warum macht sie das für dich? Immerhin bist du nicht gerade pflegeleicht als Vater. Und als Mensch erst recht nicht. Warum tut sie es also? Für dich? Oder für sich? Um sich selbst besser zu fühlen? In ihren eigenen vier Wänden? Immerhin ist das auch ihre Wohnung. Oder weil du gestern diesen dummen Witz gemacht hast? Wo du gesagt hast: „Wenn du Morgen frei hast, dann könntest du ja…saugen, putzen, die Duschkabine reinigen und….Scheiße, hab ich vergessen, den Rest, aber da war noch was…“


Vielleicht liest sie das ja irgendwann und versteht dann besser, wie ich mich fühle, gefühlt habe, denkt er. Hoffentlich nicht allzu bald, denn manches in diesem Blog ist, glaub ich, noch nicht allzu gut geeignet für sie. Obwohl sie nächstes Jahr achtzehn wird.


Du musst kein schlechtes Gewissen haben. Mach jetzt bloß keinen doofen Kommentar, nur weil du ein schlechtes Gewissen hast. Wie du es bei Nadine früher immer gemacht hast. Sie tut es ja auch für sich. Damit sie sich besser fühlt. Du musst auch delegieren können. Außerdem tust du ja auch genug für sie. So ist das in einer (halben) Familie.


Und obwohl sie bei allem, was sie tut, schweigsam ist, musst du das akzeptieren. Sie ist nun mal eine Jugendliche und nabelt sich langsam von dir ab. Von euch. Von jedem einzeln. Außerdem ist sie halt so. Von Natur aus. Nicht wie ihre Mutter, die den ganzen Tag redet und redet und dich dann verlässt. Sie ist noch da, viermal die Woche, hat dich nicht verlassen. Und bringt sogar für dich deine Wohnung auf Vordermann. Sie ist nicht gegangen, obwohl es, weiß Gott, in letzter Zeit nicht immer einfach für sie war. Du warst genauso als Jugendlicher. Du wärst eher gestorben als deinen Eltern zu sagen, was du denkst. Dass du frustriert warst, weil du noch immer keine Freundin hattest und dich nach nichts mehr gesehnt hast. Dass du dachtest, dass du nie eine Freundin finden würdest. Und, was hat das dir eingebracht, diese Verschwiegenheit?

Nadine.


Vielleicht ist María ja doch wie du... 

Natürlich ist sie wie du, schließlich ist sie ja deine Tochter! 

Früher, als ihr bei Nadines Freundinnen wart, ist sie auch immer zu dir gekommen, saß bei dir, während ihre Mutter anderweitig beschäftigt war. Mit ihren Freundinnen. Es bringt doch was, ein guter Vater zu sein! Mit der Frauenrolle ändert sich halt eben auch die Männerrolle. Das ist immer ein Geben und Nehmen.






Mittwoch, 29. Juni 2016

Rafael: Meine geile Schwägerin











Nur mit der Arbeit, das ist Scheiße. Das klappt noch nicht so wie es soll. Wie es sollte. Auch wenn Nadine mir hilft. Die wollen keine Männer. Die wollen einfach keine Männer. Die deutschen „Frauen“. Wollen keine Männer als Putzhilfe. Die denken wahrscheinlich Männer beklauen die. Oder schnüffeln während sie auf der Arbeit sind an ihrer Unterwäsche rum. Oder vergewaltigen sie, wenn sie abends geschafft von der Arbeit nach Hause kommen. Oder machen heimlich den Schlüssel nach, um später heimlich in die Wohnung zurückkommen zu können. Vielleicht sogar mit seinen südamerikanischen Kumpels. Um ein bisschen Spaß zu haben

Oder vielleicht liegt das auch an den Männern von denen. Dass die keine Männer wollen. Weil sie eifersüchtig sind. Weil ich den Längeren hab. Weil sie ihren Frauen das nicht gönnen, einen Putzmann. Während sie auf der Arbeit munter die Putzfrauen belästigen. Vielleicht ham sie deswegen auch Angst, weil sie das selber so machen. Und ein schlechtes Gewissen haben. Keine Ahnung. Auf jeden Fall machen die meisten direkt zu, wenn es darum geht, dass ein Mann bei ihnen putzt. Das gefällt denen gar nicht. Das merkt man schon am Telefon. Nicht, dass ich die selber anrufen würde. Aber Nadine sagt das auch so.