Samstag, 15. März 2025

Unsere kleinen Macken

 



Sie hatte immer etwas auszusetzen an mir. Vielleicht wollte sie mich ja auch nur besser machen, wer weiß. Wie an dem Tag, als sie meine Haare kritisierte. An dem Morgen, an dem sie mir hinten die graue Stelle mit dem Rasierer entfernen wollte. Nachdem sie bei mir geschlafen hatte. Am Morgen danach, sozusagen. Als sie das sah, gefiel ihr das gar nicht und sie griff direkt zum Rasierer.

"Moment, kannst du das überhaupt? ¿Tú sabes de peluquería?"

"Sí, yo sé de muchas cosas, yo he sido muchas cosas, peluquera..."
(Ja, ich kenne mich mit vielen Sachen aus. Ich war mal Friseurin, alles ...)

"¿De verdad?"
(Echt?)

"Siiii."

Und schon hatte sie den Rasierer in der Hand und war an meinem Nacken am werkeln.

"Si me haces un hueco ..."
(Wenn du mir da ein Loch rein rasierst ...)

Aber sie war schon voll bei der  Arbeit. Zum Glück - oder leider? - war ihr der Rasierer aber zu stumpf. Oder war tatsächlich zu stumpf, obwohl für meinen Bart noch reichte, sonst hätte ich ihn ja weg getan.

Oder nicht?

Wie dem auch sei, tat sie ihn wieder zurück, oder drückte ihn mir in die Hand, während sie verächtlich "¡Qué huevada!" sagte.

Mit einer Verachtung, die nur sie so verächtlich rüberbringen, dass, hätte sie mich nicht beim Frühstück geküsst, ich (innerlich) sauer oder traurig oder beides geworden wäre, aber an dem Morgen war mir das mal wieder egal.

Hätte es nicht sein sollen, Corey Wayne, Father Alex, oder wie ihr alle heißt, ich weiß.

Aber war es

Typisch L.

Typisch

Und wenn ich jetzt ihre Verachtung auf der Seite in geschriebener Form zum Ausdruck bringen könnte, würde ich das tun ...

Das wäre dann vielleicht so etwas wie: Aaaghhhugghhjrhjjkkjuuu ...

So ungefähr ...


Aber vielleicht wollte sie ja auch nur helfen. Mich besser machen. Ihren "Mann" besser machen.

Das war, glaube ich, die Nacht, bevor ihre Tochter kam ...


Außerdem gefiel ihr nicht, dass meine Hose immer runterrutschte.

"¡Álzate el pantalón!"

Ok, das war auch seine, meine Verantwortung, ich weiß, Mark Manson, ich weiß ...

... aber ihn interessierten diese Dinge halt nicht, das hatten sie noch nie getan ...

...seine Mutter war genauso gewesen, immer, wenn sie zusammen aus dem Haus gingen, fummelte sie ihm an den Mundwinkeln ein oder erinnerte ihn daran, dass er noch Schlaf in den Augen hatte ...

... manchmal machte sie das sogar mit Spucke, ihrer Spucke, wenn das nicht weg ging, bah ...

Auf jeden Fall störte sie das mit der Hose und ihm war das, gelinde gesagt, @#!eißegal, Hauptsache, sie war bei ihm, dann war ihm alles egal.


Ja, ich weiß, Corey Wayne: You snooze, you lose ...

You let your standards slip, ...

Welche Standards? Ich hatte noch nie welche gehabt. Ich war immer nur ich gewesen, einfach nur ich. Für Nadine hatte das gereicht

(am Ende auch nicht mehr)



Ihr war es aber, ihr war es nämlich nicht egal ...

Wie in der Halle: Wenn sie bei ihm an der Theke saß, war ihm alles egal, Kunden und alles. Wenn ihn dann ein Kunde ansprach, weil er einen Automaten haben wollte, grummelte und knurrte er ihn jedes Mal förmlich an und sagte manchmal gar nicht so leise zu ihr: ¿¡Putos Clientes! ¿¡No pueden abrirse ellos mismos las putas máquinas!?

(das übersetze ich jetzt nicht)

Ich hatte nur Augen für sie, Hände für sie, Lippen für sie ...

Aber sie, ganz die Spielerin, beobachtete alles ganz genau, alles, was hinter mir passierte, und sagte mir immer Bescheid, wenn einer dieser putos clientes (con perdón) etwas von mir wollte.

War das ein F... yes! nach Manson? Wohl kaum. Darüber machte ich mir damals schon Gedanken. Wie konnte sie sich nicht in mir verlieren?!

Perdidamente

Perdidamente enamorada