Donnerstag, 14. Juli 2016

Abschied









Heute ist meine Tochter mit meiner Noch-Frau in Urlaub gefahren. Am Ende stand sie auf und sagte nur lakonisch: „Ich geh dann jetzt.“ Vorher waren wir noch bei Edeka, kinder buenos kaufen für sie und eine Pepsi Max für mich kaufen. Da waren nur sechs Stück drinnen, in der Packung und die haben stolze zwei Euro gekostet. Sie hat mir die Hälfte abgegeben. Unglaublich

Es sind die kleinen Dinge, die einen glücklich und unglücklich machen. Und manchmal sogar beides in einem.

Wir haben noch GZSZ geguckt – wie früher immer – und irgendwann ist sie dann aufgestanden und hat gesagt: „Ich geh dann jetzt.“ Ich hatte diesen Moment schon gefürchtet, erwartet, gefürchtet.

Sie kommt ja wieder, in zwei Wochen. Sie ist ja nicht aus der Welt. Nur in diesem Land, wo die Deutsche hassen. Tun die nicht. Das ist schon okay. Außerdem sieht sie eh nicht aus wie eine typische Deutsche. Eher wie eine Argentinierin oder Italienerin.


„Ich geh dann jetzt.“

Soll ich nicht mitkommen, früher sind wir doch auch immer zusammen in Urlaub gefahren.

Es geht vorbei…


Ich umarmte sie noch mal, gab ihr einen Kuss auf ihr wie immer glattes, perfekt aussehendes Haar und wünschte ihr alles Gute. Obwohl ich das natürlich nicht tat. Oder doch: Ihr schon, den anderen Reiseteilnehmern nicht. Aber was soll ich denn machen?! Ihr den sauer verdienten Urlaub verbieten. Das würde sie eh nicht mit sich machen lassen. Keine Chance. Am Ende gab ich ihr noch ein „Scheidung zerstört die Gesellschaft“ mit auf den Weg und dann war sie weg. Ich weiß, es sind nur zwei Wochen, aber früher waren wir immer zusammen im Urlaub. Dieses Jahr fühlt sich das noch schlimmer an als letztes. Letztes Jahr war ich viel zu viel mit mir selbst beschäftigt, mit meinem eigenen Überleben. Dieses Jahr auch noch, aber dieses Jahr ist das anders. Natürlich hab ich ihr das mit der „Scheidung zerstört die Gesellschaft“ nicht so gesagt, ich muss ja „Bindungsakzeptanz“ gegenüber der Beziehung zu ihrer Mutter beweisen. So nennen das die Juristen und die Ratgeber zum Thema Scheidung, die überall über mein Schlaf-/Wohnzimmer verstreut sind. Unübersehbar.

Was ich wirklich dachte, war: Hoffentlich gibt es ein Erdbeben in Griechenland, einen Tsunami, einen Atomkrieg…was weiß ich



„Schreib mir eine Mail, wenn du angekommen bist. Du weißt ja jetzt meine Adresse! Ich weiß ja eh, wo du bist

"Ja."



Und sogar ihre Erdbeeren nahm sie noch mit. Die Erdbeeren, die sie heute erst auf dem Markt gekauft hat. Und auf die ich so scharf war. Und die Scheiß-Buttermilch hat sie mir dagelassen.

„Die Buttermilch lass ich da...“

„Geil. Ich bin begeistert. Warum nimmst du nicht die Buttermilch mit und lässt die Erdbeeren da?!“

„Nähhh…“






Keine fünf Minuten später – ich hab mich wieder ins Bett vor den Laptop gelegt und gucke diesen komischen deutschen Film auf dem Zweiten – klopft es ganz heftig an meinem Fenster. Das ist…sie! Will sie etwa doch nicht mit ihrer Mutter in den Urlaub? Ich stehe auf und gehe in den Flur. Sehe schon durch das Milchglas der Tür, dass sie das ist. Ich mache die Tür auf, schaffe es aber noch nicht mal mehr „Du? Schon wieder hier?! zu sagen, da ist sie schon an mir vorbei und sagt: „Ich hab mein Kabel vergessen!“ „Hier!“ sage ich in der Tür stehend. Aber sie hat es schon gefunden.

Scheiße. Fuck

Und schon ist sie wieder auf dem Weg zur Tür, nach draußen, in den Regen. Den sie schon Morgen durch die griechische Sonne ersetzen wird. Ohne mich.


Ohne dich, du Arschloch. Weil du deine Ehe zerstört hast. Weil deine Frau deine Ehe zerstört hat. Weil das Leben deine Ehe zerstört hat. Weil die genetische Vorbelastung deine Ehe zerstört hat (hab ich gelesen: voll viele Trennungen sind genetisch vorbestimmt, man kann also null gegen sie tun!)

„Jetzt hab ich meinen Bus verpasst…

…vielleicht krieg ich den noch…“


„Mach die Tür zu!“

„Ja, mach ich!“

Und schon ist sie wieder weg.

Im Regen, um zu ihrer Mutter zu fahren, mit der sie alleine in Urlaub fahren wird. Ohne mich



Sie ist ein gutes Kind, sie hat sich einen Urlaub verdient, nach all dem Stress.


So eine gute Tochter haben wir echt nicht verdient.


Aber wer kriegt schon was er verdient hat, im Leben






Mittwoch, 13. Juli 2016

Essen und schwarze Löcher









Heute habe ich folgendes gegessen:

     Zum Frühstück den restlichen Reis mit Soja-Sauce von gestern (sehr salzig!)
-        Danach, mittags
     - ein Spiegelei, bestehend aus 2 Eiern (oder sind das dann 2 Spiegeleier?), dazu gebratene Zwiebelchen
-       - eine Knoblauchzehe, roh (keine Angst, ich küsse heute eh niemanden mehr)
     - etwa 7-10 Minifrikadellen von Edeka (gut & günstig und in der gleichen Pfanne wie das Spiegelei/die Spiegeleier zubereitet)
-       - etwa 5-6 Rösti-Ecken (ebenfalls aus der gleichen Pfanne)
     - eine Tüte Barbecue-Kesselchips von Aldi (warum muss man Chipstüten eigentlich immer ganz aufessen?!)
     - die restlichen Brechbohnen aus dem Kühlschrank (würg!)
     - die Reste der Früchtemuffins seiner Tochter von gestern
     - einen Salatteller mit Thunfisch, Erbsen und selbstgemachten Western-Kartoffeln (da konnte ich aber auch kaum nein sagen, die hat sie extra für uns zubereitet, sagen Sie da mal nein!)

Manchmal kommt er sich vor wie ein Müllschlucker. Oder wie er immer zu seiner Tochter sagt: Keine Angst, ich bin ein Schwein. Ich esse alles.

…aber das füllt nur meinen Bauch, nicht das schwarze Loch


Und ich habe noch nicht mal Bananen gekauft, diese Woche. Weil es keine gab bei Aldi. Oder besser gesagt: nur die teuren Biobananen. Scheiße


Meine Tochter hingegen isst nur – und wenn sie „nur“ sagt, meint sie "absolut ausschließlich" – gesundes Essen. Keine Kohlenhydrate mehr ab 16 Uhr, kein Fett, wenig Fleisch, keine Chips, you get the picture…

So hat jeder seinen eigenen Weg gefunden, mit


umzugehen


es zu umgehen




 und dabei ist der Tag noch nicht mal vorbei, es ist nämlich erst 19:34

Urlaub









Meine Tochter fährt diese Woche in Urlaub. Mit meiner Noch-Frau. Die mittlerweile die Scheidung eingereicht hat. Weil „die Absicht, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen nicht mehr besteht.“ Wie geil ist das denn, ey?! Ich werde meine Tochter vermissen. Obwohl sie schon 17 ist und bald selbst erwachsen ist. Obwohl wir ein Wechselmodell haben und sie von Montag – Freitag bei mir ist. Ich sage ihr: „Ich werde dich vermissen, wenn du nächste und übernächste Woche nicht da bist.“ Sie sagt nichts oder verdreht die Augen. Obwohl sie eine sehr gute Tochter ist. Mir keinen Ärger macht. Bei uns sind es die Eltern, die den Ärger machen, nicht die Kinder. Vielleicht glaubt sie mir ja auch, dass ich sie wirklich vermisse und selbst, wenn sie mir nicht glaubt

keine Ahnung, was ich schreiben wollte

manchmal finden wir keine Worte

doch, jetzt weiß ich es wieder: Warum glaubt man dem Vater sowas immer weniger als der Mutter? Ist doch egal, wie alt das Kind ist. Man vermisst es immer. Ich zumindest. Die Trennung von ihrer Mutter ist schon hart genug. Aber ein Vater hat solche Gefühle nicht oder hat sie zumindest nicht zu haben. Immer heißt es, dass die Väter abgehauen sind, sich einfach aus dem Staub gemacht haben. Selbst wenn dem so sei, ist das nie so „einfach“. Aber Müttern glaubt man sowas eher. Irgendwie ist das ungerecht

Ich bin da irgendwie wie Eminem. Irgendwie.

Ich sitze vor dem Laptop und im Hintergrund läuft Everytime von Britney Spears. Der hat man auch nicht geglaubt, dass sie „echte“ Gefühle hat. Bis zu diesem Lied. In dem sie Streit mit ihrem Freund hat, sich dann in die Badewanne legt und merkt, dass sie blutet

Am Ende läuft sie als ihr eigener Geist durch die Gegend und sie, wie die Ärzte vergeblich versuchen, sie  wiederzubeleben.

Weil mir das komisch vorkommt, dass sie Blut an der Hand hat und daran plötzlich stirbt, gucke ich mir auf Wikipedia die Entstehungsgeschichte des Videos an und sehe, dass das Video ursprünglich ihren Selbstmord zeigen sollte, dass dies aber aus Rücksicht keine Ahnung auf wen aus dem Video geschnitten wurde.

und wer nimmt Rücksicht auf die Wahrheit…die Wirklichkeit…die Wahrhaftigkeit

Warum eigentlich haben die Leute so große Angst vor der Wahrheit, besonders in Deutschland? Ich versuche dem Text zu folgen, versuche zu verstehen, warum sie am Ende Selbstmord begeht, warum sie nicht mehr leben will

(wenn sie doch alles hat – sagt man dann immer – aber die Frage bleibt, ob sie wirklich alles hat…)

Warum muss immer alles glatt weitergehen…

Jedes Mal, wenn ich dich in meinen Träumen sehe…

Ich bilde mir ein, dass du hier bist…

Du scheinst so einfach, weitermachen zu können…


früher waren wir immer zusammen im Urlaub, all drei, eine kleine Familie, denke ich, sage ich, denke ich, sage ich…

…es will mir einfach nicht in den Kopf.





Ich glaube, ich brauche dich immer noch

Ich glaube, ich brauche dich immer noch