Sonntag, 12. Juni 2016

Good old days?



10.06.16






Heute muss er nach D, wo sie früher gewohnt haben. Er will nicht, aber er muss. Wat muss, dat muss!  Allein in diesem Stadtteil verbergen sich so viele Erinnerungen, so viele Augenblicke, die, wenn schon nicht glücklich, dann doch wenigstens zufrieden waren. Oder waren sie noch nicht mal das? Er weiß es nicht, er weiß eigentlich gar nichts mehr. Nur, dass es wehtut. Nach allem, was sie ihm angetan hat, was er ihr angetan hat, was sie sich gegenseitig angetan haben…
...tut es immer noch weh. Immer noch, nach all dieser Zeit, denkt er, als er an Gleis 5 auf die Regionalbahn nach D wartet.

Wie kann man eigentlich so dumm sein?, fragt er sich immer wieder, obwohl er weiß, dass er nichts dagegen tun kann. Obwohl der Ratgeber sagt, dass man selbst seine Gefühle kontrollieren kann…wenn man nur will. Will er? Und überhaupt: Nicht nur der eine, sondern viele Ratgeber behaupten, dass, selbst wenn man seine Gefühle kontrolliert, diese unbewusst irgendwann eh wieder zurückkommen. Ist man also im Endeffekt doch machtlos gegen seine Gefühle? Und wollen diese nur das Beste oder sind sie ein Ausdruck des Wiederholungszwangs oder gar des Todestriebs? Wollen einen in den Tod treiben? Nach dem Motto: Ich denke, also bin ich nicht.

Wie dem auch sei, jetzt muss er eine Sekunde mal Abstand von der Dauerbeschallung durch seine mehr oder minder trüben Gedankengänge nehmen, denn da kommt auch schon sein Zug. Im Zug geht es dann wieder weiter, keine Angst! Auch Santi Balmes von Love of Lesbian (nein, das ist kein Porno, sondern eine spanische Rock-/Pop-/Indie-Band aus Barcelona, deren Lieder so schön traurig sind…), der auf seinem Handy läuft, hat damit so seine Probleme, seine Gefühle zu unterdrücken, singt und haucht und jammert Los días no vividos in sein Ohr. Wie erbaulich! Die nicht gelebten Tage. Oder sollten wir doch besser sagen: seine Gefühle zu kontrollieren?

Da ist der rote, noch relativ neue Zug, der ihn nach D bringen wird. Ob er nun will oder nicht. In nur acht Minuten. Der Zug, der schon jetzt um halb zwölf viel zu heiß ist. Das lernen die nie in Deutschland. In Spanien würde es wahrscheinlich eine Revolution geben, wenn die Busse und Züge ohne Klimaanlage fahren würden, aber hier… Hier herrscht der Merkelsche Sparzwang! In Spanien gäbe es sowas nicht. Im Sommer ohne Klimaanlage. Er schwitzt schon jetzt, wischt sich schon jetzt einzelne, immer größer werdende Schweißperlen von der Stirn. Un dabei hat er den Zug gerade erst betreten! Unglaublich! Die Schwüle drückt ihm aufs ohnehin schon genug geschundene Gemüt. Zu allem Überfluss hat er auch noch ein langärmeliges Hemd an. Denn das kurzärmelige – immer noch sein einziges kurzärmeliges Hemd! – stank heute Morgen wirklich zu stark nach Schweiß, um es auch nur einen Tag länger anzuziehen. Heute Morgen, wo er sich mit dem Rasierer seiner Tochter rasieren musste, da er sich immer noch keine neuen Klingen gekauft hat (die sind aber auch so scheißteuer!) und die alten schon so oft über sein Gesicht geschleift hat, dass sie gar nichts mehr rasieren. Scheiße: Was rasiert die sich eigentlich mit diesen zweiklingigen Wegwerfteilen…? Hoffentlich nicht… Bah! Bestimmt nur die Beine. Auf jeden Fall hat sie ihm strikt verboten, ihre Rasierer zu benutzen, hat aber vergessen, sie vorsichtshalber aus dem Bad zu entfernen. Vielleicht merkt sie es ja nicht… Außerdem war sein Klo heute Morgen wieder verstopft. Weil er wieder zu viel Papier benutzt hat? Aber was soll er denn auch machen. Mit einem „dreckigen“ Arsch rumlaufen?! Wie machen das eigentlich andere? Die Sparsamen? Die Merkel? Die benutzt bestimmt beiden Seiten. Oder jede Lage einzeln von beiden Seiten. Sein Klo ist verstopft, seine viel zu kleine Wohnung sieht aus wie Hund und er fragt sich ein ums andere Mal: Ist das das Leben, das du willst? Ist das wirklich das Leben, das du für dich so willst? Das beste aller Leben? (Diese MINDFUCK-Ratgeber fucken einen aber auch echt ab. Danach brauch man dann echt einen MINDFUCK-Kurs, um sich wieder zu entfucken!). Das ist dein Leben, dein Leben im Wirtschaftswunderland Deutschland. Und der viel zu heiße Zug steht jetzt auch noch erst 20 Minuten hier herum, bis er losfährt. Nach D, wo du nicht hinwillst. In D, wo du nicht sein willst. Hey, meinst du jetzt Deutschland oder D? Oh, was wir doch alle für einen Spaß haben, hier in Mitteleuropa, wie die Südländer aus Spanien und Italien sagen. Das ist schon fast unheimlich, so viel Spaß, wie wir hier haben. Unheimlich viel Spaß, sozusagen. In der deutschen Spaß- und Spießgesellschaft. So viel Spaß, das geht auf keine Kuhhaut!

Alzo el vaso más vacío que yo…, singt Santi Balmes in dein Ohr. Ich erhebe das Glas, das leerer ist als ich… In diesem Lied, wo du zuerst dachtest, dass sich das auf eine Trennung bezieht, weil in dem Video ein Typ seine Frau/Freundin anruft und ihr sagt, dass er nicht zurückkommt, dass er nicht mit ihr zu ihren Eltern mitkommt. Bis du gemerkt hast, dass das Video aus einem spanischen Weltuntergangsfilm ist. Wo irgendwelche Sonnenwinde die Erde vernichten werden und die Leute nur noch wenige Tage zu leben haben, bis die Winde auf die Erde treffen. Und dies wissen. Und du dachtest, der Typ springt am Ende vom Balkon, weil er die Trennung von seiner Frau/Freundin doch nicht so gut verkraftet hat, wie er vorgibt. Wie man sich doch täuschen kann. Am Ende ging es gar nicht so sehr um eine Trennung, sondern um den Weltuntergang

(aber ist das nicht irgendwie das Gleiche)

(für dich vielleicht)

„Wenn wir noch ein Kind gehabt hätten…“, so durch Zufall oder eine Fügung des Schicksals – genau wie beim Ersten – „…und es ein Junge gewesen wäre…dann hätten wir ihn Santiago genannt.“ Santi in der Kurzform!

Stattdessen erhebe ich heute das Glas, das leerer ist als ich

Santi, du bist der Beste. Obwohl du nie sein durftest. Nie sein wirst

Der Zug steht immer noch und er wartet immer noch. Dreht sich in einer Denkschleife nach der anderen immer um sich selbst herum. Wie narzisstisch, würde der Ratgeber sagen. Recht hat er, aber was soll er denn machen?! Achtung, MINDFUCK! Natürlich gibt es etwas, das er machen kann. Es gibt immer etwas, das man machen kann. Seine Gedanken kontrollieren, zum Beispiel.

Aber war nicht der Narzisst jemand, der keinen Zugang zu seinen Gefühlen hat?! So wie seine Frau? 

Ach, Scheiße, das ist alles viel zu kompliziert, dafür ist er einfach nicht gemacht, für so hochpsychologische Themen. Denkschleifen hin oder her. Er ist eher der simpel gestrickte Typ. Der Normalo…

Line’em up and shoot’em down

In 20 Minuten wird er in D sein (es graust ihm jetzt schon davor…und gleichzeitig genießt er, wie ein echter Masochist, insgeheim die Melancholie, den Schwermut). In 20 Minuten wird er an dem kleinen, aber modernen Bahnhof am Rande von D ankommen, wo er so oft mit ihr war. Mit ihr, seiner Nemesis. Der Bahnhof, wo sie so oft auf ihn gewartet hat, mit ihm mitgekommen ist, von Zuhause bis zum Bahnhof. Den ganzen Weg.

Den ganzen Weg umsonst

Er muss sie überreden, überhaupt mitzukommen, immer musste er sie überreden. Immer musste er sie überreden.

Er wird an dem Parkplatz hinter dem Lidl vorbeigehen, wo sie zusammen eingeparkt haben, kurz nachdem sie den Führerschein gemacht hat. Er hat ihr immer geholfen, bei der Theorie. Hat sie motiviert weiterzumachen, wenn sie mal nicht mehr wollte, weil ihr die deutschen Fragen zu sehr zusetzten. Zu viele Fragen noch unbeantwortet blieben. Es bleiben immer zu viele Fragen unbeantwortet. Und was hat er jetzt davon, von seiner Hilfe. Eisiges Schweigen. Kalt und still wie ein Grab in der Nacht. Bei Vollmond. Dreimal ums Haus gehen, ein Foto verbrennen und dann den Liebesschwur aufsagen. Oder die Verwünschung. Die schwarze Magie deiner schwarzen Seele.

Er ist jetzt egal. Völlig egal. Er ist ein weiteres weggeworfenes Objekt. Dreck. Wer kümmert sich schon um Dreck?! Dreck muss weg!

An dem Lidl vorbei, wo sie früher immer eingekauft haben. Wo sie noch in D lebten und nicht oben auf dem Berg in F. Wo ein eigener Lidl war. Mit María zusammen eingekauft haben. Das war immer irgendwie schön, mit ihr einkaufen zu gehen. Das war ein richtiger Höhepunkt seines (und ihres?) Tages, das gemeinsame Einkaufen. Wenn das Einkaufen bei Lidl schon zu einem gemeinsamen Höhepunkt wird, dann wird es aber echt langsam Zeit für die Scheidung!

Bald, bald! Patience. Caution, wie José Mota, dieser spanische Komiker immer sagt und das Wort wie das deutsche Wort „Kaution“ ausspricht. Beware of the worst kind of animal: the angry ex! The furious ex! The ex-husband. Ex-motherfucker.

Ne, im Ernst, die ist schon eingereicht, die Scheidung. Von ihr! Er hat schon den Brief vom Amtsgericht bekommen. Komplett mit „Justiz-NRW-Stempel“. So als wäre er kriminell. Weil er die Frau geheiratet hat, die er liebte (irgendwie doch schon, zumindest damals), damit sie wieder mit ihm zurück nach Deutschland kommen konnte. Nachdem sie zweimal ausgewiesen worden war. Von der Polizei erwischt worden war. Der NRW-Justiz! Illegaler Aufenthalt in Deutschland. Kein Mensch ist illegal. Doch, verlassene Ehemänner schon, wenn sie den Brief vom Amtsgericht erhalten. Selber schuld, würde sein Vater jetzt sagen. Nicht erst jetzt, das hat er damals schon gesagt. Und nicht nur einmal. Fragen Sie nicht nach Sonnenschein…in seinem Leben.

Und genau in diesem Moment, diesem Augenblick, singt Santi Balmes von Love of Lesbian: Sé que eres falsa. Ich weiß, dass du falsch bist. Aber war sie wirklich „falsch“ oder ein „falscher Fuffziger“, wie sein Vater das so unnachahmlich ausgedrückt hat?

„Ich wusste das schon immer, dass die ein falscher Fuffziger war…“

Aber selbst wenn, das macht den Verlust auch nicht weniger schmerzhaft. Und davon abgesehen: Wieso hat denn dein Vater das so schnell gemerkt und du nicht. Nicht etwa, weil er selber etwas Falsches an sich hatte, das ihn Nadines angebliche Falschheit hat perfekt hat durchschauen lassen?!

Raus aus der schwül-schwulen Bahn in die Sonne. Heute scheint tatsächlich die Sonne scheint, der Himmel ist blau und es ist angenehm warm. Es ist ein schöner Tag. Die scheiß-verfickte Sonne scheint und der scheiß-verfickte Himmel ist blau und es ist scheiß-verfickt-und-zugenäht-nochmal angenehm warm. Was für eine Fickscheiße! Es weht ein leichter Wind. Ein beschissener leichter Wind. Der dein verdammt noch mal verfickt heißes Gemüt nicht zu kühlen vermag, der dir keine Luft zum Atmen verschafft. Wenigstens zum Durchatmen

Ach, leckt mich doch am Arsch! Leckt mich doch an meinem fetten, haarigen Arsch!

Heute fängt die EM an. Geil, ne?!

Heute ist das Eröffnungsspiel. Es spielen scheiß-verfickte, französische Knollennasen gegen scheiß-verfickte rumänische Draculas.

Wie oft sind sie hier zusammen langgegangen. Über den Parkplatz, an der Sparkasse vorbei, über die Straße beim Toom. Zum Bäcker, zum Arzt, zum

ins Nichts

Zum Lottospielen. Wie an dem Tag, an dem du ihr geholfen hast, ihren kleinen Auffahrunfall zu klären. Wo du gewonnen hattest. Nichts Besonderes, nur so 20 Euro. Aber immerhin. Keine zwei Monate später war sie weg

Du bist nach Ecuador geflogen, ihr nachgeflogen, und keine 19 Jahre später war sie weg.

„Da müssen ja auch gute Jahre dabei gewesen sein…“, sagt deine Anwältin.

„Das macht man ja auch nicht. Man rennt ja keiner Frau hinterher!“ sagt dein Vater.

Das wär ja noch schöner.

Sie ist weg und hat diese menschliche Hülle hinterlassen, die nur darauf wartet, genauso kalt wie sie zu werden.

Die Tiefgarage vom Toom, wo damals die Mutter von Rani, Marías Freundin mit dir hingefahren ist. Das war auch so ein Kaliber

Die Treppe hoch, zum Arzt rein (die Tür ist auf, du musst also nicht den verseuchten, weißen Plastikknauf anpacken)…wo du sie hinbegleitet hast, als sie ihren Unfall mit dem Roller hatte. Als ihr jemand mit voller Wucht hinten draufgefahren ist, mitten am Tag, bei bestem Wetter. Aber mit Dankbarkeit ist es wie Mario Puzo das sagt: Die Leute sind nur dankbar für das, was du in der Zukunft für sie tun wirst!

Jetzt begleitet sie ihre Familie, oder sie begleitet ihre Familie, ihren Schwager, ihre Schwester, die von Spanien gekommen sind, um deine Ehe wegzublasen. Und der Wolf blies und blies, pustete und pustete, und da war die Ehe weg. Blut ist eben dicker als Ehe. Als Familie. Unsere kleine Familie hatte keine Chance gegen ihre Großfamilie, war zu schwach. So wie du!

Du bist es immer noch, sonst wärst du nicht so am jammern.

Und wieder kommt dir Mario Puzo in den Sinn, der New Yorker Mafia-Autor, besser bekannt für Den Paten.

Wie sagt das der Typ aus Omertà nochmal? Ich lass mir von keiner Frau mein Leben zerstören. Keine Frau kommt zwischen mich und mein Schicksal. Das sagt er kurz bevor er dem Liebhaber seiner Frau, die Eier und den Penis abschneidet und ihn tot und nackt auf ein Pferd setzt, so dass ihn das ganze Dorf und seine Frau und Geliebte sehen kann. Aber wir sind hier nicht in Sizilien.

„Wann kommen Sie mal zur Blutabnahme?“ sagt die Arzthelferin, die sich die Frisur verändert hat. Jetzt hat sie Schamhaare auf dem Kopf, früher hatte sie…ach, keine Ahnung. Das sagt sie immer, das mit dem Blut… Jedes Mal. Und ich antworte immer das Gleiche. Das ist so eine kleine Farce zwischen uns, so eine kleine Alltagsfarce, die unser Leben weder interessanter macht noch in irgendeiner Weise weiterbringt.

Ich, zur Blutabnahme? denkt er. Wie wär’s mit…nie?! Überhaupt nicht!

„Können Sie nächste Woche?“

„Nächste Woche geht nicht…“ Vermeidung ist meine größte Stärke. Oder Schwäche?

„Oder in zwei Wochen…“

Bestimmt.

„Egal…“

Mir auch egal. Denn ich komme eh nicht, Schatzi. Da kannst du deinen ********* Arsch drauf verwetten.

„Im Moment ist Chaos, also nächste Woche geht auf keinen Fall…“ Das ist noch nicht mal eine Lüge. Nur eine kleine, eine klitzekleine Vermeidung. Eigentlich ganz harmlos. Auch wenn Ihnen einschlägige Psycho-Ratgeber etwas anderes erzählen wollen… Die tritt meist zusammen mit einer Projektion auf. Lass du dir doch Blut abnehmen, du ********.

Außerdem wollt ihr doch eh nur die Befriedigung, dass irgendetwas mit mir nicht stimmt. Wie damals im Krankenhaus. Scheiß-freundlich, die Schwestern, als sie endlich wussten, dass etwas mit deinem Herzen nicht stimmte. Alles Sadisten

Ja, mit meinem Herzen stimmt echt was nicht

Ich war schon locker vier Jahre nicht mehr bei der Blutabnahme, denkt er. Und wissen sie was: Ich lebe immer noch! Gerade so und fast komplett ohne Lebensqualität, aber ich lebe noch

Auch wenn mir meine Ex fast tagtäglich den Tod an den Hals wünscht. Dreimal ums Haus geht…nicht nur bei Vollmond, sondern jeden einzelnen Tag…mein Foto verbrennt…und eine Voodoo-Puppe von mir angefertigt hat, der sie jeden Tag voller Inbrunst Nadeln in die Eier sticht.

Und mir geht es immer noch gut. Okay, nicht gerade gut, aber          Okay, nicht gerade emotional, aber          Okay, nicht gerade körperlich, aber

Ach, leckt mich doch am Arsch! An meinem viel zu fetten, übergewichtigen Arsch!

„Ne, danke, das machen wir nicht, das machen wir hier nicht, wir wollen nur sehen, ob ihre Blutwerte in Ordnung sind.“

„Meine-Noch-Noch-Frau hat mir schon genug Blut abgesaugt in den letzten Jahren. Und selbst jetzt lange nach der Trennung entzieht sie mir noch immer meinen wertvollen Lebenssaft. Anstatt mir die Eier auszusaugen…“

Und dann höre ich auch noch Stimmen! Ich höre wie Petra Bock, die Autorin von MINDFUCK: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können, zu mir sagt. Befinden wir uns wieder mal im Kind-Ich?!

Ja, Frau Bock, da haben Sie leider Recht. Aber bitte im Kleinkind-Ich. So 1-4 Jahre. Und sie? Sind Sie fest im Erwachsenen-Ich verankert oder spricht gerade das Eltern-Ich zu mir…?!“

Aber wenigstens ist EM. Sagte ich das schon? Die Spitzenköche mit den Knollennasen (und im Umkehrschluss auch Knollenpenissen) spielen gegen die Knoblauchverächter. Das Multi-Kulti-Migrations-Team spielt gegen die Verteidiger Europas, die letzte Bastion vor dem osmanischen Reich. Vlad Tepes gegen die Mauren- und Nubierkrieger. Er drückt natürlich den Rumänen die Daumen, obwohl er die rumänischen Prostituierten von nebenan nicht gerne auf der Arbeit sieht…bis vielleicht auf die eine, die kleine, die aussieht, als wär sie noch nicht mal 18, geschweige denn 21. Mit dieser rosafarbenen Unterhose und diesen leicht fettigen, leicht verfilzten langen braunen Locken…






Donnerstag, 9. Juni 2016

Traumdeutung (Folge 2398)









Wir sind in einem Hotel, nicht in Deutschland. Wir sind wieder zusammen. María ist dabei, sie ist aber noch klein, wieder klein.

Wir sind in einem Zimmer (ohne María) und sie ist auf einmal nackt, sitzt da. Ich dringe in sie ein (obwohl das in dieser Position, so wie sie da sitzt, äußerst schwierig wäre). Doch als ich ihn wieder rausziehe, ist er voller Blut. Nicht nur die Eichel, sondern alles, der ganze Schaft. Dunkles, fast schwarzes Blut.

„Ich habe meine Tage.“

„Egal. Mir doch egal.“

Ich male mit meinem Penis schwarze Striche, wie ein Bild



An den Rest erinnere ich mich beim besten Willen (und meiner ist nicht der beste) nicht mehr. Träume verfliegen so schnell. Und dann sind sie für immer weg

Ich hätte ihn direkt aufschreiben sollen, nachdem ich ihn hatte, direkt nach dem Aufwachen. Aber ich war zu faul.






Nächster Traum: Altraeume und Spinnen am Morgen
Vorheriger Traum: Traumdeutung: Ya es tarde
 





Mittwoch, 8. Juni 2016

Das Unbehagen in der Beziehung









Das ist schon komisch, irgendwie, wenn man drüber nachdenkt. Fast schon unheimlich. Sie hatte immer dieses eigenartige Gespür für Leute, die komisch waren. Kriminelle und so. Kleinkriminelle. Wie zum Beispiel in Rom damals, wo sie direkt gemerkt hat, dass sich da jemand von hinten an meinem Rucksack zu schaffen machte. Ich hätte das im Leben nicht gemerkt. Der hätte mir alles klauen können, dieser Typ. Einer von diesen Schwarzen, die da immer rumhingen, in der Nähe vom Bahnhof. Die da wahrscheinlich auf leichte Beute warteten. Deutsche Touristen mit Rucksäcken wie er zum Beispiel. Die sich nicht auskennen und sowieso permanent abgelenkt sind. Die hatten da sogar fast ein ganzes Gebäude besetzt, diese Afrikaner. Das hatte so eine Balustrade, wo die immer standen.

Schon komisch.

Und dann damals in Tarragona, in Spanien. Das war genau das Gleiche. Wieder am Bahnhof, wo wir gerade auf den Bahnsteig hochgegangen waren, wo der Zug kam, der uns zurück nach Barcelona bringen sollte. Ich merkte wie immer nichts, während sie auf einmal auf in dieser heimlichen Art und Weise, die sie hatte, zu mir sagte: Der Typ hat eine Pistole. Der hatte sie angeblich angeguckt, das war auch ein Schwarzer oder ein Araber, keine Ahnung. Und dabei hatte sie angeblich gesehen, dass er eine Pistole in seiner Hose hatte. Eine Shorts hatte der glaub ich an. Ich konnte keine Pistole sehen, wollte aber auch nicht so direkt da hingucken. Das waren mehrerer Typen. Ein Afrikaner und ein Araber, der an der Treppe stand. Keine Ahnung, ob der auch bewaffnet war. Aber der Schwarze war laut Nadine ganz sicher bewaffnet. Zuerst machte ich mich noch über sie lustig, sagte leise: “Keine Ahnung, was du wieder für Pistolen bei dem Schwarzen gesehen hast, aber…“.

Aber ihr war das ernst und wir gingen von den beiden Typen weg, was schwierig war, denn die Bahnsteig war voll bis oben hin mit Touristen und Spaniern, die einen Tag am Strand verbracht hatten.

Sie hatte so ein Gespür dafür, so eine Antenne, keine Ahnung, wo das herkam. Wahrscheinlich aus Ecuador. Weil sie da viel gesehen hatte? Oder hatte sie in Deutschland viel gesehen, erlebt? Ich hatte ihr das nie richtig geglaubt, das mit Olav, ihrem Freund, der sie angeblich entjungfert hatte. Denn immer, wenn ich sie danach fragte, nach ihm fragte, wich sie mir aus. Sagte nichts. Bis ich irgendwann aufhörte, sie zu fragen. Bis ich irgendwann damit aufhörte, weil ich merkte, dass sie nicht darüber reden wollte. Was meine Neugier nicht stillte, aber wenn sie eh nichts sagte. Damals dachte  ich, das wär aus einem Schamgefühl heraus. Oder um mich nicht mit ihm vergleichen zu müssen.

Einmal fragte ich sie sogar ganz direkt, wie der so im Bett war, ihr Erster. Ob er einen langen hatte, einen längeren als ich, was er für Praktiken bevorzugte, keine Ahnung. Aber sie sagte nichts

Wie jetzt

Sie wird wohl ihre Gründe gehabt haben, haben

Und da war noch eine dritte Sache, in Ecuador. Als ich mit ihr an die Küste zu ihrer Schwester fuhr. Nach Manta. Das war glaub ich vor unserer Hochzeit. Das war auch komisch. Es gibt in Ecuador, diese Tierchen, diese Souvenirs aus diesem weißen Material, das dem Marmor ähnelt, aber viel leichter ist und glaub ich von irgendeinem Baum kommt. Da machen die so Tierchen draus. Die es in Ecuador gibt. Vögel, Schildkröten, was weiß ich. Die sind schön, die gibt es da überall zu kaufen. Auf jeden Fall waren wir an einem Strand und da gab es ein Geschäft, wo die nur Sachen aus diesem Material hatten. Alles Mögliche. Tiere, Bäume, Busse, Schmuck, alles. Und wir haben glaub ich sogar was gekauft. Oder uns das nur angeguckt. Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall, als wir späte am Strand waren und ins Meer gingen, zeigte mir Nadine diese Ringe. Sie hat an jedem Finger ihrer Hände einen Ring aus diesem Material aus dem Geschäft, in dem wir vorher gewesen waren. Und zeigte sie mir stolz. Und jetzt fiel es mir auch wieder ein. Sie hatte nichts gekauft, da war ich mir ganz sicher. Damals war sie schon so an die 26 Jahre alt. Und sie hatte die Ringe einfach mitgenommen. Bewusst. Das muss ja bewusst passiert sein. Oder nicht? Ich bin auch schon mal aus der Stadtbibliothek herausgegangen, mit Büchern, die ich eigentlich hätte verbuchen müssen. Aber nicht bewusst

Aber das war noch nicht das, was am Komischsten war. Das Komischste war, dass sie, nachdem wir wieder aus dem Wasser kamen, oder später, keine Ahnung, keinen der Ringe mehr hatte. Ich hatte sie komisch angeguckt, als sie mir die Ringe gezeigt hatte. Das war ja auch komisch. Dass sie die einfach so mitgenommen hat. Mitgehen hat lassen. Das passte so nicht zu dem Bild, was ich von ihr hatte. Aber ich hatte nichts weiter gesagt. Ich war glücklich wieder mit ihr vereint zu sein, war am Strand, im Wasser, das zwar nicht so toll war, aber im Pazifik baden zu gehen, das war schon was Besonderes.

Trotzdem muss mir irgendwas komisch vorgekommen sein, irgendwas muss mir damals über aufgestoßen sein, denn als ich sie fragte, wo denn die Ringe wären (die Ringe, die sie…) sagte sie, sie hätte sie im Meer verloren.

Alle?

Ich meine, sie war ja keine Jugendliche mehr. Sie war ja schon Mitte 20.

Irgendwas muss auch ihr komisch vorgekommen sein an meiner Reaktion, dass sie die Ringe verloren hat. Wie kann man denn fünf Ringe durch Zufall verlieren? Genauso wie man durch Zufall vergessen kann, dass man sich die fünf Ringe anprobiert hat und sie an der Hand vergessen hat. Genauso wenig.


Ich weiß, es bringt ja nichts, sich darüber Gedanken zu machen, jetzt, wo sie weg ist, aber komisch ist das trotzdem

Ich will mich hier auch nicht zum Richter über sie erheben, ich hab bestimmt auch so meine Leichen im Keller, wir sind alle keine Engel, aber





Tränen auf dem Laptop



07.06.2016






Als er auf der Arbeit den Laptop anmacht, sieht er, dass auf der Handablage Dreck ist. Okay, da ist immer Dreck drauf, aber dieser Fleck ist besonders unziemlich. Er ist rund und weiß und sieht irgendwie klebrig-salzig aus. Unappetitlich. Also kratzt er ihn schnell mit dem Fingernagel weg, bis fast nichts mehr zu sehen ist. Plötzlich fällt ihm auf…Scheiße…dass das gar kein Dreck ist, sondern eine getrocknete Träne von heute Morgen. Love of Lesbian, diese spanische Indie-Band aus Barcelona, hat echt volle Arbeit geleistet.

Tränen sehen aus wie ganz normaler Dreck, wenn sie getrocknet sind.






Sonntag, 5. Juni 2016

Menschliche Attrappen








„…wenn man das ganze Leben von Attrappen umgeben ist, dann merkt man das nicht so schnell…“, sagt er zu seiner Tochter. „…wenn die Menschen um einen herum nur Attrappen sind…“

…wenn man zu Attrappen eine Beziehung hat. So ungefähr 19 Jahre lang…, sagt er nicht zu seiner Tochter.

„…dann kennt man das nicht anders…“, sagt er zu seiner Tochter.

…dann ist man das gewöhnt, dass die Leute um einen herum keine Gefühle haben oder sie nicht ehrlich zeigen können, dass man nur ausgenutzt wird, dass nie mit einem diskutiert wird, weil man es nicht wert ist, weil man nur ein willenloses Objekt ist, das man sowieso nicht ernstnehmen muss oder kann, selbst wenn man wollte oder könnte. Man gewöhnt sich daran, dass andere immer besser sein werden als man selbst, man schraubt seine Erwartungen runter, man erkennt keine „echte“ Liebe und klammert sich jahrelang an die falsche…, sagt er nicht zu seiner Tochter.

…weil man es eben nicht anders kennt, weil es normal ist, dass man nichts oder nicht so viel wert ist…, sagt er ebenso wenig zu seiner Tochter.

„So ist das“, sagt er zu seiner Tochter.

Das Einzige, was man machen kann, ist flüchten, sich lösen, sagt er nicht zu seiner Tochter.

„Wenn man eine Mutter hat, die einen nicht liebt…einen Vater…“, sagt er zu seiner Tochter.

….genau wie ich wahrscheinlich…, sagt er nicht zu seiner Tochter.


Oder denkt er nur, dass er das sagt?